Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 19. Dezember 2023 zum Aktenzeichen 2 BvR 1936/22 entschieden, dass die Verlegung eines Inhaftierten in eine andere Justizvollzugsanstalt verfassungswidrig ist.
Der inhaftierte Beschwerdeführer wendet sich gegen einen in einem Eilrechtsschutzverfahren ergangenen Beschluss betreffend seine Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt.
Der Beschwerdeführer verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung. Er befindet sich seit dem 5. August 2002 in Haft. Zunächst war er in der Justizvollzugsanstalt Tonna (Thüringen) inhaftiert. Ab dem 27. Mai 2016 absolvierte er eine Sozialtherapie in der Justizvollzugsanstalt Waldheim (Sachsen) . Von dort wurde er am 20. Juli 2020 aus Sicherheitsgründen in die Justizvollzugsanstalt Dresden (Sachsen) verlegt. Am 10. August 2022 folgte die in Streit stehende Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Tonna (Thüringen), wo sich der Beschwerdeführer seitdem befindet.
In der Fortschreibung des Vollzugs- und Eingliederungsplans der Justizvollzugsanstalt Waldheim vom 25. März 2019 wurde niedergelegt, dass die Unterbringung des Beschwerdeführers in der Sozialtherapeutischen Abteilung wegen in dessen Person liegender Gründe beendet werden solle. Zwar sähen die Konferenzteilnehmer bei dem Beschwerdeführer durchaus Ansätze einer positiven Verhaltensänderung. Es bestehe aber nach wie vor eine fehlende Motivation, und es mangele ihm an Einsicht in behandlungsrelevante Problembereiche. Eine Änderung dieses Defizits sei nach der bisherigen Zeit des Beschwerdeführers in der Sozialtherapeutischen Abteilung nicht zu erwarten.
Mit im Anschluss daran ergangenem Bescheid vom 22. Juli 2019 verfügte die Justizvollzugsanstalt Waldheim die Beendigung der Unterbringung des Beschwerdeführers in deren Sozialtherapeutischer Abteilung sowie seine Rückverlegung in „die für ihn zuständige“ Justizvollzugsanstalt Tonna. Zwar lägen die Voraussetzungen für eine Unterbringung des Beschwerdeführers in einer Sozialtherapeutischen Abteilung gemäß § 17 Abs. 2 des Sächsischen Strafvollzugsgesetzes (SächsStVollzG) grundsätzlich vor. Allerdings sei nach dessen nunmehr über dreijähriger Behandlung in der Sozialtherapeutischen Abteilung der Justizvollzugsanstalt Waldheim festzustellen, dass das Ziel der Behandlung aus Gründen, die in der Person des Beschwerdeführers lägen, nicht erreicht werden könne (§ 17 Abs. 5 SächsStVollzG). Daher sei sein Aufenthalt in der dortigen Sozialtherapeutischen Abteilung zu beenden.
Mit Beschluss vom 13. Mai 2022 hob das Landgericht Chemnitz den Bescheid der Justizvollzugsanstalt Waldheim vom 22. Juli 2019 insoweit auf, als darin die Rückverlegung des Beschwerdeführers in die Justizvollzugsanstalt Tonna angeordnet wurde, und wies die Sache zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Strafvollstreckungskammer an die Justizvollzugsanstalt Waldheim zurück. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hätten Gefangene bei Verlegungsentscheidungen einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung. Mit Beendigung der Sozialtherapie habe eine Rückverlegung demnach nicht automatisch angeordnet werden dürfen, sondern es hätte ein Verbleib des Beschwerdeführers innerhalb des Regelvollzugs der Justizvollzugsanstalt Waldheim beziehungsweise einer anderen sächsischen Vollzugsanstalt geprüft werden müssen. Die Justizvollzugsanstalt Waldheim habe in der angegriffenen Verfügung indes keinerlei Abwägung getroffen, sondern „automatisiert“ entschieden, dass der Beschwerdeführer in die entsendende Justizvollzugsanstalt zurückzuverlegen sei.
Noch während des laufenden gerichtlichen Verfahrens um die Rechtmäßigkeit der Verlegungsentscheidung vom 22. Juli 2019 verfügte die Justizvollzugsanstalt Waldheim mit – noch am selben Tag vollzogenem – Bescheid vom 20. Juli 2020 gemäß § 76 SächsStVollzG aus Sicherheitsgründen die unmittelbare Verlegung des Beschwerdeführers in die Justizvollzugsanstalt Dresden. Diesen Bescheid hob das Landgericht Chemnitz mit (weiterem) Beschluss vom 13. Mai 2022 ebenfalls auf. Es lasse sich nicht feststellen, dass im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Bescheids eine derart hohe Sicherheitsgefährdung vorgelegen habe, die eine sofortige Verlegung des Beschwerdeführers erforderlich gemacht hätte. Der Beschluss schließt mit dem Hinweis der Strafvollstreckungskammer, der Beschwerdeführer sei zur Folgenbeseitigung in die Justizvollzugsanstalt Waldheim zurückzuverlegen, wobei es vor dem Hintergrund, dass er sich „seit mehr als 2 Jahren“ (wohl gemeint: seit fast zwei Jahren) in der Justizvollzugsanstalt Dresden befinde, hierfür einer weiteren Abwägung bedürfe.
Eine Rückverlegung des Beschwerdeführers in die Justizvollzugsanstalt Waldheim erfolgte indes nicht; er verblieb zunächst in der Justizvollzugsanstalt Dresden.
Mit Bescheid vom 22. Juni 2022 verfügte die Justizvollzugsanstalt Waldheim – die davon ausging, sie habe vor dem Hintergrund der mit Beschluss des Landgerichts Chemnitz vom 13. Mai 2022 erfolgten (Teil-)Aufhebung des Bescheids vom 22. Juli 2019 (siehe oben Rn. 5) nunmehr erneut über die Verlegung des Beschwerdeführers zu entscheiden – die Zurückverlegung des Beschwerdeführers „in die für ihn sachlich und örtlich zuständige Justizvollzugsanstalt des Freistaates Thüringen“. Nach Beendigung der Sozialtherapie und eingehender Prüfung insbesondere von Resozialisierungsaspekten bestünden keine Gründe für den weiteren Verbleib des Beschwerdeführers in der Justizvollzugsanstalt Waldheim oder einer anderen sächsischen Justizvollzugsanstalt. Nachdem der ursprüngliche Verlegungsgrund – die sozialtherapeutische Behandlung – entfallen sei, sei die Zuständigkeit für den Beschwerdeführer auf den Freistaat Thüringen übergegangen.
Ein Verbleib in der Justizvollzugsanstalt Waldheim komme nicht in Betracht, weil die Abteilung für Gefangene mit angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung – wo der Beschwerdeführer im Falle seines Verbleibs unterzubringen wäre – in örtlicher, sachlicher und fachlicher Einheit mit der Abteilung für Sozialtherapie etabliert sei und der gleichen Struktur folge, von welcher der Beschwerdeführer schon während seiner Teilnahme an der Sozialtherapie nicht habe profitieren können. Eine Integration in diese Abteilung wäre für die Resozialisierung des Beschwerdeführers mithin nicht förderlich. Eine Verlegung des Beschwerdeführers in den Regelvollzugsbereich der Justizvollzugsanstalt Waldheim sei nicht angezeigt, weil der Behandlungsauftrag, der sich aus dem Ultima-Ratio-Gebot der Sicherungsverwahrung ergebe, dort kaum umsetzbar sei.
Soweit der Beschwerdeführer aktuell in der Abteilung für Strafgefangene mit vorbehaltener oder angeordneter Sicherungsverwahrung der Justizvollzugsanstalt Dresden untergebracht sei, sei diese Abteilung gebeten worden, eine Prüfung vorzunehmen, wie seine weitere vollzugliche Entwicklung verlaufen sei und welche Behandlungsprognose gestellt werde. Die Justizvollzugsanstalt Dresden habe insoweit ausgeführt, dass eine vertiefte und nachhaltige Auseinandersetzung mit den Ursachen der Straffälligkeit beziehungsweise der Persönlichkeit des Beschwerdeführers nicht stattgefunden habe und unter den gegebenen Umständen nicht abzusehen sei. Der Beschwerdeführer hege ein tiefes Misstrauen gegenüber der dortigen Fachdienstgruppe, sodass eine therapeutische Beziehung nicht habe hergestellt werden können. Die Teilnahme an einer angebotenen Gruppenmaßnahme habe er ebenfalls abgelehnt. Hinzu komme, dass in der Justizvollzugsanstalt Dresden keine sozialtherapeutische Behandlung zur Verfügung stehe. Der Beschwerdeführer habe zu einigen wenigen Mitgefangenen Kontakt; Ambitionen, mit anderen Gefangenen in Kontakt zu kommen, habe er nicht.
Die Aussagen des Beschwerdeführers hinsichtlich seines Verlegungswunsches seien im Übrigen widersprüchlich. Am 30. Mai 2022 habe er die sofortige Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Waldheim beantragt; in einem Gespräch am 9. Juni 2022 habe er jedoch angegeben, gegebenenfalls in der Justizvollzugsanstalt Dresden verbleiben zu wollen. Soweit er dort aktuell einer Arbeit im Broschürenversand nachgehe, rechtfertige dies seinen Verbleib nicht. Eine Arbeitsaufnahme sei auch in einer anderen Justizvollzugsanstalt möglich. Soziale Kontakte außerhalb des Vollzugs bestünden im Raum Dresden nicht. Soweit der Beschwerdeführer seit dem 4. Mai 2022 ehrenamtlich betreut werde, habe noch kein intensiver Kontaktaufbau stattgefunden. Seine familiären Beziehungen lägen in Thüringen; ein Besuch der Eltern habe in Sachsen nicht stattgefunden.
Im Ergebnis komme ein Verbleib des Beschwerdeführers weder in der Justizvollzugsanstalt Waldheim noch in der Justizvollzugsanstalt Dresden in Betracht. Zur Förderung seiner Resozialisierung sei ein Neustart erforderlich.
Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 10. August 2022 bekanntgegeben. Unmittelbar im Anschluss wurde er in die Justizvollzugsanstalt Tonna verlegt. Noch am selben Tag wandte sich die Bevollmächtigte des Beschwerdeführers an die Justizvollzugsanstalt Dresden, kündigte einen Antrag auf gerichtlichen Eilrechtsschutz an und bat erfolglos darum, von der Vollziehung der Verlegung bis zu einer Entscheidung der Strafvollstreckungskammer abzusehen. Eine sofortige Verlegung des Beschwerdeführers in die Justizvollzugsanstalt Tonna stehe im direkten Widerspruch zu den Ausführungen des Landgerichts Chemnitz in seiner Entscheidung vom 13. Mai 2022 (siehe oben Rn. 6).
Am 24. August 2022 stellte der Beschwerdeführer durch seine Bevollmächtigte einen gegen die Justizvollzugsanstalt Waldheim gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung sowie einen Eilrechtsschutzantrag dahingehend, den Bescheid vom 22. Juni 2022 aufzuheben und die Justizvollzugsanstalt Waldheim zu verpflichten, die bereits eingetretenen Folgen der Verlegungsentscheidung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache rückgängig zu machen sowie seine Rückverlegung in den Strafvollzug des Freistaats Sachsen zu veranlassen. Er sei von der Verlegung am 10. August 2022 überrascht worden und habe keine Möglichkeit gehabt, hierzu mit seiner Rechtsbeiständin Rücksprache zu halten. Richtigerweise hätte in Umsetzung des Beschlusses des Landgerichts Chemnitz vom 13. Mai 2022 seine Rückverlegung in die Justizvollzugsanstalt Waldheim erfolgen müssen. Der Bescheid vom 22. Juni 2022 sei rechtswidrig und verletze ihn in seinen Rechten. Da er sich in der Justizvollzugsanstalt Dresden befunden habe, sei schon keine Zuständigkeit der Justizvollzugsanstalt Waldheim für die angefochtene Verlegungsentscheidung ersichtlich. Die vom Landgericht Chemnitz mit Beschluss vom 13. Mai 2022 tenorierte Neuverbescheidung durch die Justizvollzugsanstalt Waldheim hätte lediglich erfolgen dürfen, wenn zuvor die erfolgte rechtswidrige Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Dresden rückgängig gemacht worden wäre und er sich wieder in der Justizvollzugsanstalt Waldheim befunden hätte.
Die erfolgte Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Tonna sei umgehend im Wege des gerichtlichen Eilrechtsschutzes rückgängig zu machen. Anderenfalls bestünde die Gefahr langanhaltender Verfahren betreffend seine Verlegung, an deren Ende sich gegebenenfalls die Rechtswidrigkeit der Verlegung erst nach mehrmonatigem Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt Tonna ergebe. Im Ergebnis drohe ihm somit, dass durch das Festhalten an der Vollziehung der Verlegung Tatsachen geschaffen würden, die auch dann, wenn sich die Maßnahme bei richterlicher Prüfung nachträglich als rechtswidrig erweise, nicht mehr oder bloß mit starker Verzögerung rückgängig gemacht werden könnten.
Auch die inhaltlichen Argumente der Justizvollzugsanstalt Waldheim seien in vielfacher Hinsicht nicht zutreffend. Die Verlegungsentscheidung entbehre einer rechtlichen Grundlage und verstoße gegen das Resozialisierungsprinzip. Weiterer Vortrag dazu erfolge nach einer Besprechung des Beschwerdeführers mit seiner Bevollmächtigten, die ihn hierzu in der Justizvollzugsanstalt Tonna aufsuchen müsse.
Mit Schreiben vom 6. September 2022 teilte die Bevollmächtigte des Beschwerdeführers mit, sie habe den Beschwerdeführer bislang nicht aufsuchen können, da dieser sich in der Justizvollzugsanstalt Tonna in Quarantäne befinde. Für eine Entscheidung über den Eilrechtsschutzantrag sei es daher nicht erforderlich, eine weitere Stellungnahme abzuwarten.
Mit angegriffenem Beschluss vom 13. September 2022 wies das Landgericht Chemnitz den Antrag auf Aussetzung der Verlegung gemäß § 114 Abs. 2 StVollzG zurück. Nach dieser Regelung könne das Gericht den Vollzug der angefochtenen Maßnahme aussetzen, wenn die Gefahr bestehe, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werde und ein höher zu bewertendes Interesse am sofortigen Vollzug nicht entgegenstehe. Die Gefahr der Rechtsvereitelung müsse vom jeweiligen Antragsteller dargelegt und glaubhaft gemacht werden. Hierzu habe der Beschwerdeführer – abgesehen davon, dass die Maßnahme rechtswidrig sein könnte – nichts vorgetragen. Eine Interessenabwägung sei daher nicht möglich. Es ergebe sich auch nicht, ob ein größeres Interesse am Verbleib in der Justizvollzugsanstalt Dresden aus Resozialisierungsgründen bestehe beziehungsweise warum eine Rückverlegung in die Justizvollzugsanstalt Waldheim einem höher zu bewertenden Interesse am sofortigen Vollzug entgegenstehen sollte. Die Gefahr einer Rechtsvereitelung sei nicht gegeben.
Der angegriffene Beschluss des Landgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG.
Die Auslegung und Anwendung des § 114 Abs. 2 StVollzG durch das Landgericht verfehlt die oben dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gewährung effektiven Rechtsschutzes bei belastenden Maßnahmen.
Nach § 114 Abs. 2 StVollzG kann das Gericht den Vollzug einer angefochtenen Maßnahme aussetzen, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird und ein höher zu bewertendes Interesse an dem sofortigen Vollzug nicht entgegensteht (Satz 1). Das Gericht kann auch unter den Voraussetzungen des § 123 Abs. 1 VwGO eine einstweilige Anordnung erlassen (Satz 2). Mit dieser Regelung differenziert der Gesetzgeber bei der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Strafvollzug – ähnlich wie bei §§ 80, 123 VwGO – nach dem Gegenstand der Hauptsache. Wendet sich der Antragsteller gegen eine ihn belastende Maßnahme, so kann das Gericht den Vollzug dieser Maßnahme schon unter den Voraussetzungen des § 114 Abs. 2 Satz 1 StVollzG aussetzen. Begehrt der Antragsteller dagegen die Verpflichtung zum Erlass einer von der Anstalt abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme, so kommt vorläufiger Rechtsschutz nur unter den Voraussetzungen von § 114 Abs. 2 Satz 2 StVollzG, § 123 Abs. 1 VwGO in Betracht.
Begehrt ein Gefangener Eilrechtsschutz gegen eine Verlegung, so geht es um die vorläufige Aussetzung einer ihn belastenden Maßnahme. Dies gilt auch dann, wenn die Verlegung – wie hier – bereits vollzogen wurde.
Vorliegend hat das Landgericht von einer Interessenabwägung abgesehen, weil der Beschwerdeführer bis auf die behauptete Rechtswidrigkeit der Verlegungsentscheidung nichts dazu vorgetragen habe, dass der Vollzug der angefochtenen Maßnahme die Verwirklichung eines Rechts vereitele oder wesentlich erschwere. Dies genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen unter mehreren Aspekten nicht.
Zunächst geht das Landgericht ohne nähere Begründung offenbar davon aus, die Frage der Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 22. Juni 2022 könne für die nach § 114 Abs. 2 Satz 1 StVollzG anzustellende Abwägung hinsichtlich einer Aussetzung des Sofortvollzugs von vornherein nicht von Belang sein. Dies ist unzutreffend. Im Rahmen der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 114 Abs. 2 Satz 1 StVollzG vorliegen, kann auch eine Rolle spielen, ob der Antragsteller nach einer summarischen Prüfung mit seinem Rechtsbehelf voraussichtlich Erfolg haben wird. Erweist sich eine den Antragsteller belastende Maßnahme bereits bei einer summarischen Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, kann kein öffentliches Interesse an deren sofortiger Vollziehung bestehen.
Des Weiteren greift die Annahme des Landgerichts zu kurz, der Beschwerdeführer habe nichts zu der Gefahr vorgetragen, dass die Verwirklichung seiner Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werde. Zum einen hat der Beschwerdeführer in seiner fachgerichtlichen Antragsschrift ausgeführt, im Falle seiner sofortigen Verlegung drohe die Gefahr langanhaltender gerichtlicher Verfahren rund um seine Verlegung, an deren Ende womöglich die Rechtswidrigkeit der Verlegung stehe, die sodann mit starker Verzögerung rückgängig gemacht werden müsste. Jedenfalls der Sache nach zielte dies auf einen schweren Nachteil ab, der ihm im Falle des Sofortvollzugs der Verlegungsentscheidung drohe und der bei der nach § 114 Abs. 2 Satz 1 StVollzG gebotenen Abwägung zu berücksichtigen sei (vgl. auch Spaniol, in: Feest/Lesting/Lindemann, Strafvollzugsgesetze, 8. Aufl. 2022, Teil IV § 114 StVollzG, Rn. 6; Euler, in: Arloth, BeckOK Strafvollzugsrecht Bund, § 114 StVollzG, Rn. 5 <August 2023>). Zum anderen liegt es auf der Hand, dass eine gegen den Willen des betroffenen Strafgefangenen erfolgende Verlegung einen bisweilen schwerwiegenden Eingriff in dessen Grundrechtsposition jedenfalls aus Art. 2 Abs. 1 GG darstellt. Eine Verlegung kann zudem auch die Resozialisierung des Strafgefangenen beeinträchtigen und somit dessen durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG vermittelten Anspruch auf einen Strafvollzug, der auf das Ziel der Resozialisierung ausgerichtet ist. Zwar kann die Verlegung selbst gegebenenfalls wieder rückgängig gemacht werden. Für die Rechtsbeeinträchtigungen, die der Inhaftierte für die Dauer einer rechtswidrigen Verlegung erleidet, gilt dies jedoch nicht. Diese Beeinträchtigungen für die vorzunehmende Folgenabwägung völlig außer Acht zu lassen und eine Interessenabwägung folglich nicht durchzuführen, wird den Anforderungen, die Art. 19 Abs. 4 GG an die Gewährung effektiven Rechtsschutzes stellt, nicht gerecht.
Schließlich wird auch ein etwaiges Interesse am sofortigen Vollzug der Maßnahme im angegriffenen Beschluss nicht dargelegt. Vor dem Hintergrund des Vorstehenden konnte die Strafvollstreckungskammer diese Frage aber nicht offenlassen.
Indem das Gericht die Vorschrift des § 114 Abs. 2 Satz 1 StVollzG somit in einer Weise ausgelegt hat, die für die verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung und dem Interesse des Beschwerdeführers an einer Aussetzung der Verlegung keinen Raum lässt, hat es den verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen effektiven vorläufigen Rechtsschutz nicht genügt.