Das Verwaltungsgericht Gießen hat mit Urteil vom 3. Januar 2024 zum Aktenzeichen 6 K 2114/22.GI die Klage der Stadt Butzbach überwiegend ab, mit der sich die Stadt gegen die Inanspruchnahme zu Maßnahmen betreffend Bodenverunreinigungen wandte. Die Stadt Butzbach ist weiterhin verantwortlich für Bodenverunreinigungen auf dem ehemaligen Betriebsgelände Braubach und Fischer.
Aus der Pressemitteilung des VG Gießen vom 04.01.2024 ergibt sich:
Die Bodenverunreinigungen befinden sich auf einem Teil des Butzbacher Stadtgebietes und sind zurückzuführen auf den Betrieb der Färberei und chemischen Reinigung Braubach und Fischer zwischen den Jahren 1848 und 1975. Heute befinden sich auf der Fläche im Wesentlichen die Wilhelm-Braubach-Straße, die Privatgrundstücke Färbgasse 13 und 15 sowie das Gelände der Butzbacher Zeitung. Auf dem ehemaligen Firmengelände wurden bereits seit 1991 Untersuchungen des Bodens, der Bodenluft und des Grundwassers durchgeführt und es wurden Verunreinigungen mit leichtflüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffen (LHKW) festgestellt. In der Folgezeit kam es zu verschiedenen Sanierungsmaßnahmen, welche größtenteils die klagende Stadt teilweise in eigener Verantwortung und teilweise durch eine Treuhänderin beauftragte und durchführte.
Im August 2022 ordnete das Regierungspräsidium Darmstadt gegenüber der Stadt Butzbach an, dass sie in Gebäuden auf und an dem ehemaligen Betriebsgrundstück Untersuchungen der Innenraumluft durchführen und ein Standortmodell aufstellen lassen solle. Gegen diese Anordnungen wandte sich die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht.
Die Stadt Butzbach berief sich im Wesentlichen darauf, dass die angeordneten Maßnahmen nicht erforderlich seien. Es lägen insbesondere keine Anhaltspunkte für eine Ausbreitung von Schadstoffen in die Gebäude vor. Darüber hinaus sei aber auch die Auswahl der Klägerin als Adressatin fehlerhaft. Sie sei nicht Eigentümerin aller von den Luftmessungen betroffenen Gebäude. Zudem sei die Opfergrenze durch die vergangenen Sanierungsmaßnahmen bereits deutlich überschritten.
Dem folgte die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts nicht. Bei den angeordneten Maßnahmen habe es sich zum Zeitpunkt ihres Erlasses um notwendige Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung gehandelt, weil dem beklagten Land Hessen keine gesicherten Erkenntnisse zu einer Belastung der Raumluft von Gebäuden auf dem verunreinigten Boden vorgelegen hätten. Demgegenüber hätten indes Erkenntnisse über sehr erhebliche Belastungen des Grundwassers existiert und ein Ausgasen der Schadstoffe sei nicht ausgeschlossen.
Die von der Klägerin geforderten Maßnahmen wurden zwischenzeitlich durch die Trägerin der Altlastsanierung in Hessen aufgrund einer eigenen Rechtsgrundlage durchgeführt. Daher hob die Berichterstatterin die Bescheide teilweise mit Wirkung für die Zukunft auf und die Klage hatte insoweit Erfolg.
Die Inanspruchnahme der Stadt Butzbach erfolgte, so das Verwaltungsgericht weiter in seiner Begründung, vor dem Hintergrund der divergierenden Eigentumslagen der Grundstücke des ehemaligen Betriebsgeländes und den zutreffenden Umständen, dass die Klägerin bereits über erhebliches Wissen bezüglich der örtlichen Gegebenheiten sowie der schädlichen Bodenveränderungen verfüge und die Möglichkeit habe, die angeordneten Maßnahmen zügig zu koordinieren
Die Stadt Butzbach könne sich auch nicht auf eine Begrenzung ihrer Haftung aus dem Gesichtspunkt des Opferschutzes berufen. Diese Begrenzung werde aus dem Grundrecht auf Eigentumsfreiheit hergeleitet, auf das sich die Stadt nicht berufen könne. Das ebenfalls im Grundgesetz verankerte Recht auf kommunale Selbstverwaltung habe andere Schutzwirkungen, sodass sich auch hieraus keine Haftungsgrenze für die Stadt ergebe.