Keine Kündigung eines Kirchenmusikers, der eine Trauerfeier vergisst

08. August 2023 -

Das Arbeitsgericht Lübeck hat mit Urteil vom 15.06.2023 zum Aktenzeichen 1 Ca 323 öD/23 entschieden, dass ein Kirchenmusiker, der fahrlässig eine Trauerfeier versäumt hat, die Kirchengemeinde nicht zwingend zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Einen etwaigen Vorsatz muss die Gemeinde beweisen. Gelingt dies nicht, setzt die Kündigung eines tariflich unkündbaren Kirchenmusikers zumindest eine einschlägige Abmahnung voraus – so das Arbeitsgericht Lübeck.

Aus der Pressemitteilung des LAG Schleswig-Holstein Nr. 4/2023 vom 31.7.2023 ergibt sich:

Der Kläger ist bei einer Kirchengemeinde seit mehr als 25 Jahren als Kirchenmusiker beschäftigt. Aufgrund seiner langjährigen Beschäftigung kann dem Kläger nicht mehr ordentlich gekündigt werden. Er erhielt in 2022 bereits drei Abmahnungen.

Im Dezember 2022 sagte der Kläger gegenüber dem Gemeindebüro verbindlich die musikalische Begleitung einer vier Tage später stattfindenden Trauerfeier zu. Noch am gleichen Tage sprach der zuständige Pastor die für die Trauerfeier vorgesehene Liederauswahl auf den Anrufbeantworter des Klägers. Dieser erschien aber nicht zur Trauerfeier und war auch telefonisch nicht erreichbar. Einer Bitte des Pastors um Rückruf kam er auch nicht nach.

Drei Tage später entschuldigte sich der Kläger per E-Mail und begründete sein Fehlen mit einem seit Tagen anhaltenden Dauereinsatz für ein Kindermusical. Die beklagte Kirchengemeinde ging von vorsätzlichem Verhalten des Klägers aus und kündigte ihm unter dem 8. Februar 2023 außerordentlich.

Das Arbeitsgericht Lübeck hat der Kündigungsschutzklage des Musikers stattgegeben. Das Gericht war nicht überzeugt, dass er den Termin vorsätzlich verpasst hat.

Allein das fahrlässige Übersehen der Trauerfeier, die fehlende Erreichbarkeit und sein Verhalten im Nachhinein seien zwar gravierende Vertragsverstöße. Sie reichten aber ohne eine vorherige thematisch einschlägige Abmahnung aus, um eine außerordentliche Kündigung zu begründen.

Die drei Abmahnungen, die der Kläger 2022 von der Gemeinde erhalten hatte, bezogen sich nach Auffassung des Arbeitsgerichts aber auf ganz andere Themen und konnten deshalb nicht zur Begründung der Kündigung herangezogen werden. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.