Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 13. April 2023 zum Aktenzeichen 1 BvR 667/22 entschieden, dass die landgerichtliche Nichtzulassung der Revision in einer Mietstreitigkeit verfassungswidrig ist.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Nichtzulassung der Revision in einer Mietstreitigkeit.
Die Beschwerdeführerin ist Vermieterin einer Wohnung und Beklagte des Ausgangsverfahrens. Sie wurde von der dortigen Klägerin auf Rückzahlung von Miete in Anspruch genommen. Dabei ging diese – eine Inkassodienstleisterin – aus abgetretenem Recht des Mieters der Beschwerdeführerin vor. Außergerichtlich hatte die Klägerin gegenüber der Beschwerdeführerin eine Überschreitung der zulässigen Höchstmiete um mehr als 10 % der ortsüblichen Vergleichsmiete gerügt und weitergehende Auskunft gefordert, um die Zulässigkeit der vereinbarten Miete abschließend prüfen zu können. Zudem verlangte sie die Rückzahlung von zu viel entrichteter Miete.
Dieses Auskunfts- und Zahlungsbegehren machte die Klägerin vor dem Amtsgericht klageweise geltend und verlangte neben der Auskunft (Klageantrag zu 1) und der Rückzahlung von zu viel entrichteter, auf den Monat Mai 2019 entfallender Miete in Höhe von 494 Euro (Klageantrag zu 2) die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten (Klageantrag zu 3). Das Amtsgericht gab der Klage mit nicht angegriffenem Urteil vom 1. Juni 2021 lediglich im Klageantrag zu 3 statt und wies sie im Übrigen ab. Es stellte einen Verstoß gegen die Vorgaben des § 556d Abs. 1 BGB fest, weil die aktuelle Nettokaltmiete, die der Mieter der Beschwerdeführerin zahle, 1.097 Euro betrage. Vor der Einführung der so genannten Mietpreisbremse habe sie bei 603 Euro gelegen. Es sei deshalb gerechtfertigt, dass der Mieter zur Rechtsverfolgung die Inkassodienstleistungen der Klägerin in Anspruch genommen habe. Gegen die Aktivlegitimation der Klägerin und die Höhe der verlangten Rechtsverfolgungskosten sei nichts zu erinnern. Im Übrigen sei die Klage jedoch unbegründet: Ein Anspruch auf Auskunftserteilung (Klageantrag zu 1) bestehe nicht mehr, weil die Beschwerdeführerin diesen erfüllt habe. Die Rückzahlung des auf den Monat Mai 2019 entfallenden Mietzinses (Klageantrag zu 2) könne die Klägerin nicht verlangen, da dem Rügeschreiben der Klägerin aus dem April 2019 (vgl. § 556g Abs. 2 BGB) nicht die nach § 174 BGB notwendige Originalvollmacht beigefügt gewesen sei, woraufhin die Beschwerdeführerin zu Recht die Rüge zurückgewiesen habe.
Die Klägerin hat Berufung zum Landgericht zunächst unbeschränkt eingelegt.
In ihrer Berufungsbegründung hat sie jedoch klargestellt, das amtsgerichtliche Urteil lediglich insoweit anzugreifen, als der Klageantrag zu 2 (Rückzahlung des auf den Monat Mai 2019 entfallenden Mietzinses in Höhe von 494 Euro) abgewiesen worden sei. Daneben hat sie ihre Klage erweitert und nunmehr auch die Rückzahlung des auf den Monat Juni 2019 entfallenden Mietzinses in Höhe von weiteren 494 Euro verlangt. In der Sache habe das Amtsgericht zu Unrecht auf § 174 BGB abgestellt.
Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Erwiderungsschrift das erstinstanzliche Urteil verteidigt und daneben die Unzulässigkeit der Berufung geltend gemacht. Das Amtsgericht habe die Berufung nicht zugelassen. Die deshalb für eine Wertberufung erforderliche Berufungssumme von mehr als 600 Euro sei nicht erreicht, weil der Wert des Beschwerdegegenstands nur 494 Euro betrage. Die erst in der Berufungsinstanz erfolgte Klageerweiterung dürfe bei dessen Bestimmung nicht berücksichtigt werden.
In der mündlichen Verhandlung hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass es die Berufung für zulässig erachte. Die Beschwer sei aufgrund der Klageerweiterung erreicht. § 174 BGB sei in der streitgegenständlichen Konstellation nicht anwendbar. Auf diese Hinweise hin hat die Beschwerdeführerin die Zulassung der Revision beantragt. Im Rahmen eines gewährten Schriftsatznachlasses hat sie unter Verweis auf die Rechtsprechung insbesondere des Bundesgerichtshofs ausgeführt, warum die Klägerin die erforderliche Berufungssumme nicht erreicht habe.
Das Landgericht hat in dem angegriffenen Urteil vom 7. Januar 2022 der Berufung stattgegeben und die Beschwerdeführerin zur Zahlung von 494 Euro im Hinblick auf die auf den Mai 2019 sowie zur Zahlung von weiteren 494 Euro im Hinblick auf die auf den Juni 2019 entfallende Miete verurteilt. Die Revision hat es nicht zugelassen.
Die für eine zulässige Berufung erforderliche Mindestbeschwer sei erreicht, weil die in zweiter Instanz erfolgte Klageerweiterung bei deren Berechnung zu berücksichtigen sei. Ursprünglich habe die Beschwer bei Einlegung des Rechtsmittels 5.137,60 Euro betragen, weil die Klägerin mit ihren Klageanträgen zu 1 (Auskunft) in Höhe von 4.643 Euro und zu 2 (Mietrückzahlung) in Höhe von 494 Euro erstinstanzlich unterlegen sei. Dass diese Beschwer unter die Wertgrenze von 600 Euro gefallen sei, weil die Klägerin den Klageantrag zu 1 (Auskunft) mit ihrer Berufung nicht weiterverfolgt habe, stelle im Ergebnis deren Zulässigkeit nicht in Frage. Denn durch die in zweiter Instanz vorgenommene Klageerweiterung in Höhe von 494 Euro sei die Wertgrenze von 600 Euro wieder überschritten worden. Die Berufung sei auch begründet, weil das Amtsgericht zu Unrecht die Vorschrift des § 174 BGB auf die Rüge nach § 556g Abs. 2 BGB angewendet habe.
Die gegen dieses Urteil gerichtete Anhörungsrüge hat das Landgericht mit Beschluss vom 28. Februar 2022 zurückgewiesen.
Das angegriffene Urteil des Landgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.
Der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz ist für bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten aus dem allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten. Damit ist nicht nur das Recht auf Zugang zu den Gerichten und auf eine verbindliche Entscheidung durch den Richter aufgrund einer grundsätzlich umfassenden tatsächlichen und rechtlichen Prüfung des Streitgegenstandes verbunden. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes beeinflusst vielmehr auch die Auslegung und Anwendung der Bestimmungen, die für die Eröffnung eines Rechtswegs und die Beschreitung eines Instanzenzugs von Bedeutung sind. Von Verfassungs wegen ist dabei zwar kein Instanzenzug vorgegeben; die Entscheidung über den Umfang des Rechtsmittelzugs bleibt vielmehr dem Gesetzgeber überlassen. Hat der Gesetzgeber sich jedoch für die Eröffnung einer weiteren Instanz entschieden und sieht die betreffende Prozessordnung dementsprechend ein Rechtsmittel vor, so darf der Zugang dazu nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden.
Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar sind deshalb eine den Zugang zur Revision erschwerende Auslegung und Anwendung des hier einschlägigen § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO dann, wenn sie wegen krasser Fehlerhaftigkeit sachlich nicht zu rechtfertigen sind, sich damit als objektiv willkürlich erweisen und dadurch den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar einschränken. Liegt dabei eine Rechtsmittelzulassung objektiv nahe und finden sich weder in der Entscheidung noch anderweitig Anhaltspunkte zu Überlegungen des Gerichts, warum es in möglicherweise sachlich gerechtfertigter Weise von der Zulassung abgesehen hat, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen der verfassungsgerichtlichen Überprüfung einer Entscheidung, gegen die eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht eröffnet ist, grundsätzlich von einer verfassungswidrigen Nichtzulassung auszugehen. Sind der Entscheidung mit anderen Worten unbeschadet einer von Verfassungs wegen grundsätzlich nicht bestehenden Pflicht zur Begründung letztinstanzlicher Entscheidungen sachliche, die Nichtzulassung tragende Gründe nicht zu entnehmen, ist grundsätzlich der Schluss gerechtfertigt, das Gericht habe sich in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise der Kontrolle durch das in der Instanz folgende Gericht entzogen.
Das Landgericht hat § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise angewendet und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt. Die Annahme des Landgerichts, die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung habe die Zulassung der Revision nicht verlangt, ist aus Sachgründen nicht zu rechtfertigen.
Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO erforderlich, wenn nur so zu vermeiden ist, dass schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen. Daher ist eine Revisionszulassung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs namentlich in Fällen der Divergenz geboten. Eine Divergenz im strengen Sinne ist gegeben, wenn die anzufechtende Entscheidung von der Entscheidung eines höher- oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt immer dann vor, wenn die anzufechtende Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, mithin einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit einem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten und diese tragenden Rechtssatz nicht deckt. Dieser Zulassungsgrund bemisst sich dabei allein nach objektiven Maßstäben, sodass es nicht darauf ankommt, ob sich das Berufungsgericht der Abweichung gegenüber einer höherrangigen Rechtsprechung bewusst war oder diese explizit festgestellt hat.
Danach hätte das Landgericht die Revision zwingend zulassen müssen. Denn es hat die abstrakte Rechtsfrage nach der Berücksichtigungsfähigkeit einer erst in zweiter Instanz erklärten Klageerweiterung bei Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstands im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beantwortet. Die Nichtzulassung der Revision beruhte hierbei auf schlechterdings nicht mehr nachvollziehbaren Erwägungen.
Der Bundesgerichtshof, namentlich der VI. und der IX. Zivilsenat, hat bereits vor Erlass des angegriffenen Urteils des Landgerichts entschieden, dass der Wert des Beschwerdegegenstands (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) nicht unter Berücksichtigung einer Klageerweiterung bestimmt werden kann, die nicht Gegenstand der Ausgangsentscheidung war. Hintergrund dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung ist es, zu verhindern, dass der berufungsrechtlich erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands von mehr als 600 Euro jederzeit nach dem freien Belieben des Berufungsführers erreicht werden kann. Denn dieser Wert bemisst sich allein nach der erstrebten Abänderung des angefochtenen Urteils, mithin nur nach den Berufungsanträgen und insofern nicht nach den Klageanträgen, und ist dabei durch die Beschwer nach oben hin begrenzt. Folglich genügt für eine zulässige Berufung nicht bereits, dass das erstinstanzliche Urteil (überhaupt) eine Beschwer enthält; die Berufung muss auch auf die Beseitigung einer Beschwer von mehr als 600 Euro gerichtet sein.
Von dieser Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das Landgericht abgewichen, indem es ihr ersichtlich widersprechende abstrakte Rechtssätze aufgestellt hat.
So hat das Landgericht den abstrakten Rechtssatz aufgestellt, dass eine erst in zweiter Instanz erklärte Klageerweiterung, also eine solche, die nicht Gegenstand der Ausgangsentscheidung war, zu Gunsten des Berufungsführers bei der Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstands zu berücksichtigen sei. Das Landgericht hat im Streitfall nämlich ausdrücklich in der Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs wegen auf den Juni 2019 entfallender Miete eine Klageerweiterung in zweiter Instanz erkannt, die den Wert des Beschwerdegegenstands (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) erhöhe. Erst in zweiter Instanz in den Prozess eingeführte Streitgegenstände, die nicht Gegenstand der Ausgangsentscheidung waren, sind somit nach dem Rechtsstandpunkt des Landgerichts im offenkundigen Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in diesen Wert einzubeziehen.
Das Landgericht hat sich auch insoweit gegen diese Rechtsprechung gestellt, als es nach seiner Auffassung nicht darauf ankommen soll, dass ein Berufungsführer durch die erstrebte Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung eine Beschwer von mehr als 600 Euro beseitigen will. Nicht allein dieses Interesse sei maßgeblich, sondern letztlich der Streitwert im Berufungsverfahren, in den nach § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GKG auch Klageerweiterungen in zweiter Instanz einflössen.
Hiermit geht in einer ebenfalls mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung unvereinbaren Weise einher, dass nach dem abstrakten Rechtsstandpunkt des Landgerichts der Wert des Beschwerdegegenstands (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) über der Beschwer (§ 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ZPO) liegen kann. Denn hätte die Klägerin das erstinstanzliche Urteil im vollen Umfang ihres Unterliegens angegriffen und zugleich die Klage in zweiter Instanz, wie tatsächlich geschehen, erweitert, hätte das Landgericht auf Grundlage seines Rechtsstandpunkts von einem Wert des Beschwerdegegenstands in Höhe von 5.631,60 Euro zwingend ausgehen müssen (Beschwer im Umfang des Unterliegens von 5.137,60 Euro plus Wert der Klageerweiterung von 494 Euro), obwohl die Beschwer nur bei 5.137,60 Euro lag. Somit legt das Landgericht – ebenfalls entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – seiner Entscheidung den abstrakten Rechtssatz zu Grunde, der Berufungsführer könne den Wert des Beschwerdegegenstands losgelöst von der durch das angegriffene Urteil vermittelten Beschwer nach seinem freien Belieben durch eine allein seiner Disposition unterliegende Klageerweiterung festlegen.
Das Landgericht hat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO auch in aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise verneint.
Es hat seine Sichtweise zur Nichtzulassung der Revision nicht nachvollziehbar dargelegt, sondern durch seine Hinweise in der mündlichen Verhandlung über die Berufung und durch seine Ausführungen in dem angegriffenen Urteil ein offensichtlich fehlerhaftes Verständnis von den Voraussetzungen der Statthaftigkeit einer Berufung dokumentiert, das ihm den Blick auf eine zutreffende Einordnung des Zivilprozessrechts und der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verstellen musste. Das Landgericht vermengt die Rechtsfiguren der Beschwer (§ 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und des Werts des Beschwerdegegenstands (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) sowie die für die zweiter Instanz gegebenenfalls gesondert zu erfolgende Streitwertfestsetzung in einer nicht nur von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, sondern auch dem Wortlaut und der Systematik der einschlägigen Vorschriften des Berufungsrechts losgelösten Weise.
So hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass es die Berufung für zulässig erachte, da „aufgrund der Klageerweiterung die Beschwer erreicht“ sei. Die schriftlichen Urteilsgründe beginnen ebenfalls mit Feststellungen zur Beschwer der Klägerin, obwohl diese unmittelbar nur für die Berufungszulassung durch das erstinstanzliche Gericht eine Rolle spielt; dies folgt bereits aus dem eindeutigen Wortlaut des § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ZPO („beschwert“). Auf den von der Beschwer abzugrenzenden, in § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO geregelten Wert des Beschwerdegegenstands, der eine Wertberufung trägt, geht das Landgericht überhaupt nicht ein. Vielmehr stellt es abschließend sogar die Zulässigkeit der Berufung mit Blick „auf den Umfang der abgewiesenen Klage“ fest, obwohl es nicht auf die darin zum Ausdruck kommende Beschwer, sondern einzig das Interesse der berufungsführenden Klägerin ankam, diese Beschwer auch zu beseitigen, mithin auf den Wert des Beschwerdegegenstands.
Eine sachliche Begründung für die Nichtzulassung der Revision lässt sich auch nicht aus der Handhabung des § 533 ZPO durch das Landgericht entnehmen; auch diese ist schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar. Denn die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klageerweiterung in zweiter Instanz gemäß § 533 ZPO dürfen erst auf Grundlage der zuvor festgestellten Zulässigkeit der Berufung beurteilt werden, weil eine solche Klageerweiterung eine zulässige Berufung voraussetzt, mithin bei einer auf § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO gestützten Wertberufung auch einen Wert des Beschwerdegegenstands von mehr als 600 Euro. Somit war es dem Landgericht offensichtlich verwehrt, aus den aus seiner Sicht gegebenen Voraussetzungen des § 533 ZPO zugleich die Zulässigkeit der Berufung herzuleiten.
Schließlich konnte auch die Bezugnahme in den Urteilsgründen des Landgerichts auf zwei Entscheidungen des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 9. November 2004 (VIII ZB 36/04) und 10. Januar 2017 (VIII ZR 98/16) die Nichtzulassung der Revision ersichtlich nicht rechtfertigen. Denn in diesen beiden Entscheidungen wurden keine Feststellungen zur Berücksichtigungsfähigkeit einer erst in zweiter Instanz erklärten Klageerweiterung bei Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstands getroffen, sondern lediglich festgestellt, dass dieser Wert durch eine Erweiterung eines zunächst beschränkten, die Berufungssumme unterschreitenden Berufungsantrags noch im Laufe des Berufungsverfahrens erreicht werden könne. Eine solche Erweiterung der Berufung, die von einer Klageerweiterung abzugrenzen ist, war im Streitfall jedoch nicht gegeben. Insoweit konsequent hat auch das Landgericht keine Berufungs-, sondern eine Klageerweiterung angenommen.
Das angegriffene Urteil beruht auf dem Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, weil bei dessen Aufhebung und Zurückverweisung der Sache durch das Revisionsgericht an das Landgericht ein anderes, für die Beschwerdeführerin günstigeres Ergebnis nicht auszuschließen ist.