Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 25. Januar 2023 zum Aktenzeichen 2 BvR 2189/22 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, der darauf abzielte, die Wirkung des Urteils des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin vom 16. November 2022 – VerfGH 154/21 u. a. – einstweilig auszusetzen. Damit wollten die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer, mehrere Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin und der Bezirksverordnetenversammlungen sowie Wählerinnen und Wähler, die Wiederholung der Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin und zu den Bezirksverordnetenversammlungen bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Hauptsache verhindern.
Aus der Pressemitteilung des BVerfG Nr. 49/2023 vom 17. Mai 2023 ergibt sich:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg, weil die in der Hauptsache erhobene Verfassungsbeschwerde nicht statthaft und damit unzulässig ist. Das Grundgesetz gewährleistet Bund und Ländern eigenständige Verfassungsbereiche, die auch das Wahlrecht umfassen. Daher wird bei Wahlen im Verfassungsraum eines Landes der subjektive Wahlrechtsschutz grundsätzlich durch das jeweilige Land allein und abschließend gewährt. Vor diesem Hintergrund ist für eine Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht gegen landesverfassungsgerichtliche Wahlprüfungsentscheidungen regelmäßig kein Raum. Dies gilt auch, wenn mit ihr unmittelbar lediglich die Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten jenseits der allgemeinen Wahlgrundsätze des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG gerügt wird. Diese Sperrwirkung des eigenständigen Verfassungsraums der Länder steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass ihre verfassungsmäßige Ordnung und insbesondere die Regelung und Tätigkeit ihrer mit Aufgaben des Wahlrechtsschutzes betrauten Verfassungsgerichtsbarkeit den Homogenitätsanforderungen des Art. 28 Abs. 1 Grundgesetz (GG) genügen. Dies ist im Land Berlin der Fall.
Sachverhalt:
Am 26. September 2021 wurden in Berlin die Wahlen zum 19. Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen sowie die Bundestagswahl durchgeführt. Auf gegen das festgestellte Wahlergebnis erhobene Einsprüche erklärte der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin mit Urteil vom 16. November 2022 die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen insgesamt für ungültig. Dies führte zur Notwendigkeit einer Wiederholungswahl im gesamten Wahlgebiet.
Am 15. Dezember 2022 haben die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verfassungsgerichtshofs erhoben und zugleich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. In der Hauptsache beantragen sie, festzustellen, dass die angegriffene Entscheidung sie in ihren Grundrechten aus Art. 3 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 100 Abs. 3 GG, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und Art. 79 Abs. 3 GG sowie Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.
Mit Beschluss vom 25. Januar 2023 hat der Zweite Senat den Eilantrag – zunächst gemäß § 32 Abs. 5 Satz 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) ohne Begründung – abgelehnt.
Wesentliche Erwägungen des Senats:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unbegründet. Ihm steht entgegen, dass die in der Hauptsache erhobene Verfassungsbeschwerde nicht statthaft und damit unzulässig ist.
Bei Wahlen in den Ländern ist für eine Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht, die auf die Verletzung der in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG garantierten Wahlgrundsätze gestützt wird, regelmäßig kein Raum.
Das Grundgesetz gewährleistet Bund und Ländern in den Grenzen ihrer föderativen Bindungen eigenständige Verfassungsbereiche, die auch das Wahlrecht umfassen. Folglich regeln die Länder im Rahmen ihrer Bindung an die Grundsätze des Art. 28 GG Wahlsystem und Wahlverfahren zu ihren Parlamenten und den kommunalen Vertretungen des Volkes autonom; dies gilt auch für die Gestaltung und Organisation des Wahlprüfungsverfahrens. Es obliegt ihnen, den subjektiven Schutz des Wahlrechts zu ihren Volksvertretungen abschließend zu regeln und durch ihre Gerichtsbarkeit zu gewährleisten. Werden sie dem gerecht, ist nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats für die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht wegen einer Verletzung der Wahlgrundsätze des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG kein Raum.
Davon zu unterscheiden ist die Statthaftigkeit von Verfassungsbeschwerden zum Bundesverfassungsgericht gegen landesverfassungsgerichtliche Wahlprüfungsentscheidungen, mit denen nicht eine Verletzung der Wahlgrundsätze oder des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes, sondern ein Verstoß gegen sonstige Grundrechte oder grundrechtsgleiche Gewährleistungen geltend gemacht wird. Diese Frage hat der Senat bisher nicht entschieden. Auch insoweit steht jedoch die alleinige und abschließende Gewährung subjektiven Wahlrechtsschutzes durch die Länder bei Wahlen in ihrem Verfassungsraum der Statthaftigkeit einer Beschwerde zum Bundesverfassungsgericht entgegen.
Dies folgt aus der grundsätzlichen Unantastbarkeit von Entscheidungen der Landesverfassungsgerichte über Fragen, die allein dem Verfassungsraum der Länder zuzuordnen sind. Das Bundesverfassungsgericht ist nach der föderalen Ordnung des Grundgesetzes keine zweite Instanz über den Landesverfassungsgerichten, die berufen ist, deren Urteile durchgängig und in vollem Umfang nachzuprüfen. Ist eine Streitigkeit dem eigenen Verfassungsraum des Landes zuzuordnen, unterliegt ihre Entscheidung durch die Landesverfassungsgerichte grundsätzlich keiner Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht.
Dies ist auf landesverfassungsgerichtliche Entscheidungen im Wahlprüfungsverfahren zu übertragen. Auch hier liegt eine allein den Verfassungsraum der Länder betreffende Angelegenheit vor.
Andernfalls bestünde die Gefahr, dass die Anerkennung der alleinigen und abschließenden Gewährleistung des subjektivrechtlichen Wahlrechtsschutzes durch die Länder bei Wahlen in ihrem Verfassungsraum wieder beseitigt oder zumindest wesentlich eingeschränkt würde. Die Autonomie, die den Ländern im Bereich des subjektiven Wahlrechtsschutzes zuerkannt ist, drohte auf diese Weise unterlaufen zu werden. Diese Autonomie möglichst weitgehend zu erhalten, ist aber verfassungsrechtlich geboten.
Stehen hinreichende Möglichkeiten zum subjektiven Wahlrechtsschutz in den Ländern zur Verfügung, ist ein Mehr an Rechtsschutz von Verfassungs wegen nicht gefordert. Im Ergebnis kommt daher Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG eine generelle Sperrwirkung für Verfassungsbeschwerden gegen Wahlprüfungsentscheidungen der Landesverfassungsgerichte zu.
Dafür spricht insbesondere, dass die Durchführung der Wahlen zu den Volksvertretungen eine Fülle von Einzelentscheidungen zahlreicher Wahlorgane erfordert. In diesem Sinne ist die Wahl ein einzigartiges Massenverfahren, bei dem Fehler nicht gänzlich zu vermeiden sind. Entsprechend werden im Anschluss an solche Wahlen in der Regel zahlreiche Wahleinsprüche erhoben. Könnten diese über die Geltendmachung einer Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten stets bis zum Bundesverfassungsgericht getragen werden, drohte dieses zu einer die Landesverfassungsgerichte vollumfänglich kontrollierenden zweiten Instanz in Wahlprüfungsverfahren zu werden. Endgültige Rechtssicherheit bezüglich der ordnungsgemäßen Zusammensetzung der Volksvertretung beziehungsweise einer gegebenenfalls durchzuführenden Wiederholungswahl würde vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht erreicht. Der Ausschluss der Verfassungsbeschwerde gegen landesverfassungsgerichtliche Entscheidungen zum Schutz des subjektiven Wahlrechts trägt daher zur Erreichung des verfassungsrechtlichen Ziels einer zügigen Klärung von Wahlfehlern und daraus sich ergebender Konsequenzen für die ordnungsgemäße Zusammensetzung der gewählten Volksvertretung bei.
Die Unantastbarkeit landesverfassungsgerichtlicher Entscheidungen in Verfahren zum Schutz des subjektiven Wahlrechts steht unter dem Vorbehalt der Beachtung des Homogenitätsgebots gemäß Art. 28 Abs. 1 GG. Nur wenn dessen Anforderungen Rechnung getragen ist, kommt ein Ausschluss bundesverfassungsgerichtlicher Kontrolle der Entscheidungen der Landesverfassungsgerichte im eigenständigen Verfassungsraum der Länder, die eigenständige „Akte öffentlicher Gewalt“ darstellen, in Betracht.
Art. 28 Abs. 1 GG belässt den Ländern einen erheblichen Spielraum zur autonomen Ausgestaltung ihrer verfassungsmäßigen Ordnung. Mit Art. 28 Abs. 1 GG will das Grundgesetz nicht Konformität oder Uniformität erzwingen, sondern nur ein Mindestmaß an Homogenität durch die Bindung der Länder an seine leitenden Prinzipien herbeiführen. Die Norm ist darauf gerichtet, dasjenige Maß an struktureller Gleichgerichtetheit von Gesamtstaat und Gliedstaaten zu gewährleisten, das für das Funktionieren eines Bundesstaates unerlässlich ist.
Dementsprechend verpflichtet das Homogenitätsgebot die Länder lediglich auf die „Grundsätze“ des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates. Das Homogenitätserfordernis ist auf die dort genannten Staatstruktur- und Staatszielbestimmungen und innerhalb dieser wiederum auf deren Grundsätze beschränkt. Die konkreten Ausgestaltungen, die diese Grundsätze im Grundgesetz gefunden haben, sind für die Landesverfassungen nicht verbindlich.
Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG erfasst neben dem gesamten materiellen Verfassungsrecht und den das Landesverfassungsrecht ausgestaltenden Regelungen auch die Verfassungswirklichkeit. Allerdings ist mit Blick auf die Eigenstaatlichkeit der Länder und ihre Verfassungsautonomie bei der Bewertung, ob Abweichungen der Verfassungswirklichkeit von der Verfassungsnorm als Verstoß gegen Art. 28 Abs. 1 GG zu werten sind, Zurückhaltung geboten. Eine Verletzung des Homogenitätsgebots ist erst anzunehmen, wenn die Praxis von der Norm andauernd beziehungsweise systematisch und in einer Weise abweicht, die die Geltung der normativen Gewährleistung grundsätzlich infrage stellt. Einzelne Verfassungs- und Rechtswidrigkeiten sind hingegen nicht geeignet, einen Homogenitätsverstoß zu begründen.
Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG verpflichtet die Länder bei der Ausgestaltung ihrer verfassungsmäßigen Ordnung zur Gewährung wirksamen Rechtsschutzes als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips.
Dem ist auch bei der Konstituierung, Besetzung und Ausgestaltung der Landesverfassungsgerichtsbarkeit Rechnung zu tragen. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG verlangt demgemäß, dass die Länder ihre Verfassungsgerichte mit Richtern besetzen, die im Sinne des Art. 97 Abs. 1 GG unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind. Daneben bedarf es einer Berücksichtigung der Prinzipien, die für jedes gerichtliche Verfahren gelten und im Rechtsstaatsprinzip ihre Grundlage finden. Dazu gehören die Gewährung rechtlichen Gehörs und die Garantie des gesetzlichen Richters.
Im Bereich des Wahl- und des Wahlprüfungsrechts ergeben sich aus Art. 28 Abs. 1 GG spezifische Anforderungen an die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern.
Gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG muss das Volk in den Ländern, Kreisen und Gemeinden eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist.
Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG gibt den Ländern kraft des Demokratiegebots auf, ein Verfahren zur Prüfung ihrer Parlamentswahlen einzurichten, das in einer rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Weise dem Schutz des aktiven und passiven Wahlrechts dient und die Beachtung der in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG aufgeführten Wahlrechtsgrundsätze gewährleistet. Innerhalb dieses Rahmens gestalten und organisieren die Länder das Wahlprüfungsverfahren autonom.
Nach diesen Maßstäben ist die vorliegende Verfassungsbeschwerde nicht statthaft.
Das angegriffene Urteil des Verfassungsgerichtshofs betrifft die Prüfung der Wahl zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen von Berlin am 26. September 2021. Es stellt sich daher als Gewährung von Wahlrechtsschutz bei allein dem Verfassungsraum des Landes Berlin zuzuordnenden Wahlen dar.
Die Regelungen über den Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin beachten die rechtsstaatlichen Anforderungen des Homogenitätsgebots aus Art. 28 Abs. 1 GG. Diesbezügliche Bedenken bestehen weder aufgrund der Besetzung des Verfassungsgerichtshofs im Zeitpunkt der Entscheidung über die streitgegenständlichen Wahleinsprüche noch unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs.
Gemäß Art. 84 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung von Berlin (VvB) besteht der Verfassungsgerichtshof aus neun Mitgliedern, von denen drei zum Zeitpunkt ihrer Wahl Berufsrichter sein und drei weitere die Befähigung zum Richteramt haben müssen. Als Teil der Rechtspflege sind die Richterinnen und Richter des Verfassungsgerichtshofs an die Gesetze gebunden (Art. 80 VvB) und nehmen an der Verfassungsgarantie der richterlichen Unabhängigkeit gemäß Art. 79 Abs. 1 VvB teil. Diese Regelungen sind hinsichtlich der Beachtung der aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Homogenitätsanforderungen aus Art. 28 Abs. 1 GG unbedenklich.
Soweit sechs der neun Richterinnen und Richter des Verfassungsgerichtshofs ihre Amtszeit zum Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidung bereits überschritten hatten, verstößt dies im Ergebnis nicht gegen das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG.
Gemäß Art. 84 Abs. 1 Satz 2 VvB in Verbindung mit § 2 Abs. 1 des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof (VerfGHG) werden die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs für sieben Jahre gewählt; eine Wiederwahl ist nicht zulässig. § 7 VerfGHG bestimmt, dass die Richter des Verfassungsgerichtshofs mit Ablauf der Amtszeit ausscheiden (Abs. 1). Nach Ablauf der Amtszeit führen sie ihre Amtsgeschäfte bis zur Ernennung des Nachfolgers fort (Abs. 2).
Diese Regelungen sind mit Blick auf das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG nicht zu beanstanden. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die Garantie des gesetzlichen Richters. Dabei dürfte bei verfassungskonformer Auslegung davon auszugehen sein, dass jedenfalls eine überlange Fortführung der Amtsgeschäfte wegen einer Verzögerung der Neuwahl der Richterinnen und Richter aus sachfremden Gründen vom Regelungsgehalt der §§ 2, 7 VerfGHG nicht gedeckt ist.
Auch die konkrete Anwendung der Vorschriften zur Wahl und zum Ausscheiden der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs lässt einen Verstoß gegen das Homogenitätsgebot noch nicht erkennen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Amtszeitüberschreitungen Ausdruck einer über die Besonderheiten der gegenwärtigen Situation hinausgehenden, systematisch normwidrigen Praxis sind. Dies wäre aber erforderlich, um eine homogenitätsrelevante Missachtung der Garantie des gesetzlichen Richters zu erkennen.
Schließlich ist auch nicht feststellbar, dass die Einrichtung des Wahlprüfungsverfahrens im Land Berlin unter dem Gesichtspunkt der Gewährung rechtlichen Gehörs dem Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG nicht Rechnung trägt.
Gemäß Art. 15 Abs. 1 VvB hat jedermann vor Gericht Anspruch auf rechtliches Gehör. Daran ist der Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 80 VvB gebunden. Einfachgesetzlich bestimmt § 41 VerfGHG für das Wahlprüfungsverfahren, dass die Beteiligten spätestens eine Woche vor dem Verhandlungstermin zu laden sind (§ 41 Satz 2 VerfGHG) und über ein selbständiges Antragsrecht verfügen (§ 41 Satz 3 VerfGHG). Zu den Beteiligten zählen dabei insbesondere die Einsprechenden, die betroffenen Wahlbewerber und Abgeordneten sowie die zuständigen Wahlleiter (§ 41 Satz 1 VerfGHG). Diese Regelungen garantieren den Anspruch auf rechtliches Gehör im Verfahren zur Prüfung der Landeswahlen in Berlin in einer den Anforderungen des Art. 28 Abs. 1 GG genügenden Weise.
Anderes ergibt sich nicht aus dem Vorgehen des Verfassungsgerichtshofs im vorliegenden Fall. Soweit die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer geltend machen, der Verfassungsgerichtshof habe sie in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil er sie nicht ausreichend über das Verfahren informiert habe und ihnen in der mündlichen Verhandlung nicht aufnahmebereit entgegengetreten sei, kann dahinstehen, ob dies zutrifft. Es fehlt jedenfalls an einem Hinweis darauf, dass das Vorgehen des Verfassungsgerichtshofs im konkreten Fall Teil einer andauernden Praxis sein könnte, die geeignet wäre, die Geltung der normativen Gewährleistung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in der verfassungsmäßigen Ordnung des Landes Berlin grundsätzlich infrage zu stellen. Für die Annahme eines den Regelungsgehalt des Art. 28 Abs. 1 GG berührenden Homogenitätsverstoßes ist daher kein Raum.
Auch die Ausgestaltung des Wahlrechts und des Wahlprüfungsverfahrens in Berlin genügt den Homogenitätsanforderungen aus Art. 28 Abs. 1 GG.
Gemäß Art. 39 Abs. 1 VvB werden die Mitglieder des Abgeordnetenhauses und gemäß Art. 70 Abs. 1 Satz 1 VvB die Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlungen in allgemeiner, gleicher, geheimer und direkter Wahl gewählt. § 7 Abs. 1 des Landeswahlgesetzes (LWG) fügt dem den für die Wahl des Abgeordnetenhauses in Art. 39 VvB nicht ausdrücklich erwähnten Grundsatz der freien Wahl hinzu. Anhaltspunkte dafür, dass die Regelungen der Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen in der Landesverfassung, dem Landeswahlgesetz oder der Landeswahlordnung des Landes Berlin den Homogenitätsvorgaben des Art. 28 Abs. 1 GG widersprechen, sind nicht ersichtlich.
Gleiches gilt für die Ausgestaltung des Wahlprüfungsverfahrens.
Einer homogenitätsgerechten Ausgestaltung des Wahlprüfungsverfahrens im Land Berlin widerspricht es insbesondere nicht, dass die Möglichkeit der Erhebung eines Wahleinspruchs für die Wahlberechtigten auf die Geltendmachung nur bestimmter Wahlfehler begrenzt ist. Wahlberechtigte können gemäß § 40 Abs. 3 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 7 VerfGHG einen Wahleinspruch nur darauf stützen, dass Personen zu Unrecht in das Wahlverzeichnis eingetragen oder nicht eingetragen worden seien oder zu Unrecht einen Wahlschein erhalten
oder keinen Wahlschein erhalten hätten und dadurch die Verteilung der Sitze beeinflusst worden sei. Sonstige Verletzungen wahlrechtlicher Vorgaben können sie selbst dann nicht geltend machen, wenn ihr subjektives Wahlrecht dadurch betroffen ist.
Diese Begrenzung des Kreises der Einspruchsberechtigten und der zulässigen Einspruchsgründe ist mit Blick auf das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden. Den Homogenitätsanforderungen ist genügt, wenn für Landeswahlen eine Regelung getroffen ist, die sicherstellt, dass die Beachtung der in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG garantierten Wahlgrundsätze effektiver gerichtlicher Überprüfung unterliegt. Mittelbar wird damit zugleich der Schutz des aktiven und passiven Wahlrechts gewährleistet. Dem ist im Land Berlin mittels der Regelungen in §§ 40 ff. VerfGHG Rechnung getragen, die eine umfassende Prüfung mandatsrelevanter Wahlfehler eröffnen.
Bedenken gegen die Homogenitätskonformität der Ausgestaltung des Wahlprüfungsverfahrens in Berlin ergeben sich auch nicht daraus, dass die Aufgabe der Wahlprüfung ausschließlich dem Verfassungsgerichtshof übertragen ist. Art. 28 Abs. 1 GG ist nicht zu entnehmen, dass die Wahlprüfung in den Ländern zweistufig ausgestaltet sein muss. Das Homogenitätsgebot verlangt lediglich, dass im Verfahren der Wahlprüfung – spätestens in zweiter Instanz – eine unabhängige gerichtliche Rechtskontrolle gewährleistet ist.
Da die Ausgestaltung der Landesverfassungsgerichtsbarkeit, des Wahlrechts und der Wahlprüfung in der verfassungsmäßigen Ordnung des Landes Berlin den Homogenitätsanforderungen des Art. 28 Abs. 1 GG entspricht, erfolgt die Gewährung subjektiven Wahlrechtsschutzes bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen allein und abschließend durch den Verfassungsgerichtshof im Verfahren gemäß §§ 40 ff. VerfGHG. Dem ist durch das Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 16. November 2022 genügt. Demgegenüber können die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer mit ihrem Vorbringen nicht gehört werden, der Verfassungsgerichtshof habe einzelne Abläufe bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl fehlerhaft bewertet, da dies nicht zuletzt eine Überprüfung der ordnungsgemäßen Anwendung der nur objektivrechtlich garantierten Wahlgrundsätze des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG zur Folge hätte. Gleiches gilt, soweit die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer eine Verletzung ihres Rechts auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 100 Abs. 3 GG dadurch geltend machen, dass das der Verfassungsgerichtshof eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht unterlassen habe, obwohl er von den bundesverfassungsgerichtlichen Maßstäben zur Mandatsrelevanz und zum geringstmöglichen Eingriff in den Bestand der gewählten Volksvertretung abgewichen sei. Für die hierauf gestützte Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht ist aufgrund der umfassenden Sperrwirkung, die Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG im vorliegenden Zusammenhang zukommt, kein Raum.