Berufsrecht der Rechtsanwälte: beA-Schriftsätze müssen überprüft werden

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 21.03.2023 zum Aktenzeichen VIII ZB 80/22 entschieden, dass die Kontrolle der ordnungsgemäßen Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes (hier: Berufungsbegründung) über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) auch die Prüfung anhand des zuvor sinnvoll vergebenen Dateinamens erfordert, ob sich die erhaltene automatisierte Eingangsbestätigung gemäß § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO auf die Datei mit dem Schriftsatz bezieht, dessen Übermittlung erfolgen sollte

Das Amtsgericht hat einer Klage stattgegeben. Gegen das Urteil hat der Beklagte fristgerecht Berufung eingelegt. Mit einem am 12. Januar 2022 mittels des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (im Folgenden: beA) eingereichten Schriftsatz vom 11. Januar 2022 hat er um Mitteilung gebeten, ob dem in der Berufungsschrift gestellten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist stattgegeben worden sei. Mit Verfügung vom 17. Januar 2022 hat das Berufungsgericht die Frist zur Berufungsbegründung antragsgemäß bis zum 2. März 2022 verlängert und dies den Prozessbevollmächtigten der Parteien mitgeteilt.

Am 25. Februar 2022 wurde dem Berufungsgericht per beA (erneut) der anwaltliche Schriftsatz des Beklagten vom 11. Januar 2022 (Dateiname „M_89_21_LG_Bln_SS_11_01_22.pdf.p7s“), dieses Mal nebst einer Ablichtung der Geburtsurkunde für die Tochter des Beklagten, übermittelt.

Nachdem das Berufungsgericht am 23. März 2022 darauf hingewiesen hatte, dass bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eine Berufungsbegründung nicht eingegangen sei, hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten am 29. März 2022 per beA einen Schriftsatz vom 23. Februar 2022 mit der Berufungsbegründung eingereicht und zudem Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat er (zunächst) im Wesentlichen vorgetragen: Am 23. Februar 2022 sei die acht Seiten umfassende Berufungsbegründung von ihm erstellt und abschließend korrigiert worden. Der langjährig in der Kanzlei beschäftigten, außergewöhnlich zuverlässigen und im Umgang mit dem beA besonders geschulten Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten S.    (nachfolgend Kanzleiangestellte) sei anschließend durch schriftliche Einzelanweisung aufgegeben worden, am 25. Februar 2022 die Berufungsbegründung nebst der Geburtsurkunde per beA an das Berufungsgericht zu versenden. Die Versendung sei dann – wie angeordnet – an diesem Tag erfolgt. Die Kanzlei habe über den erfolgreichen Versand eine „automatisierte Bestätigung in Gestalt des Prüfprotokolls“ erhalten, welches die Kanzleiangestellte – da in der Kanzlei hinsichtlich der Arbeitsabläufe auf ein entsprechendes Vorgehen Wert gelegt werde – ausgedruckt und dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten mit der Handakte vorgelegt habe. Anhand dessen habe er selbst die Ausführung der Verfügung kontrolliert; der Übermittlungsstatus sei „erfolgreich“ gewesen. Ferner habe er neben der Richtigkeit von Empfänger und Aktenzeichen sowie der Anbringung der Signatur auch den Inhalt des übersandten Dokuments geprüft und dabei auf das „Nachrichtenjournal“ vertrauen dürfen, welches ausdrücklich die signierte Datei mit der Bezeichnung „Berufungsbegründung“ ausgewiesen habe.

Nach einem Hinweis des Berufungsgerichts, wonach die beA-Protokolle zu der am 25. Februar 2022 erfolgten Übermittlung auf einen Schriftsatz vom 11. Januar 2022 statt der Berufungsbegründung vom 23. Februar 2022 hindeuteten, hat der Beklagte sein Wiedereinsetzungsvorbringen wie folgt geändert:

Eine nunmehr anhand der Signaturprüfung erfolgte Überprüfung habe ergeben, dass tatsächlich in Abweichung von der sofort auszuführenden Einzelanweisung aufgrund eines Augenblicksversagens der Kanzleiangestellten bei der Auswahl der zu versendenden Datei am 25. Februar 2022 nicht die Berufungsbegründung, sondern der Schriftsatz vom 11. Januar 2022 (erneut) an das Berufungsgericht übermittelt worden sei. Nach dem bewährten Kanzleisystem beginne die Dateibezeichnung jeweils mit demselben Kürzel – dem bürointernen Aktenzeichen – und spezifiziere ein weiterer Zusatz das Schriftstück. Weil die in Anwaltskanzleien für Dateinamen genutzten Sonderzeichen vom beA-System nicht akzeptiert würden, müsse eine Datei für den Versand in einem mehrere Arbeitsschritte umfassenden Vorgang umgewandelt werden. Diese Umwandlung sei sehr arbeits- und zeitaufwändig und verkompliziere sich bei der Versendung von Anhängen. Offensichtlich sei es dabei zu einer unbemerkten Verwechslung gekommen und habe die Kanzleiangestellte die falsche Datei in „Berufungsbegründung“ umbenannt. Der Prozessbevollmächtigte habe vor dem Versenden die Arbeitsschritte der Kanzleiangestellten geprüft, insbesondere ob die in der Datei gespeicherte Fassung der korrigierten Endfassung entsprochen habe. Er habe auf die Richtigkeit und den Erfolg der ausgeführten Weisung vertrauen dürfen, weil im vorgelegten „Prüfprotokoll“ im Feld „Bezeichnung“ „Berufungsbegründung“ vermerkt gewesen sei. Hinzu komme, dass im „Prüfprotokoll“ der Dateiname nicht vollständig, sondern nur verkürzt mit „M_89_21_LG_Bln_SS_11…“ aufgeführt gewesen sei. Das habe für ihn bei aller Sorgfalt nicht auf einen Schriftsatz vom 11. Januar 2022 hindeuten müssen, sondern von ihm einer der Chronologie folgenden Dateinummerierung von Schriftsätzen zugeordnet werden dürfen. Die Bezeichnung „Berufungsbegründung“ sei insoweit eindeutig gewesen. Zudem sei bei der Bewertung des Verschuldensmaßstabs im Rahmen der Wiedereinsetzung zwingend zu berücksichtigen, dass die Verpflichtung zur Nutzung des beA erst seit einigen Wochen bestanden habe und der hierfür geltende Sorgfaltsmaßstab ein gänzlich anderer als bei einem seit Jahren eingeführten Verfahren sei. Darüber hinaus habe das Berufungsgericht bei sorgfältiger Behandlung des eingehenden Schriftverkehrs Veranlassung zur Nachfrage beim Beklagten gehabt, da es sich bei dem nochmals und nun mit einer Geburtsurkunde als einziger Anlage eingereichten Schriftsatz vom 11. Januar 2022 um eine eindeutige Fehlsendung gehandelt habe. Der Anspruch auf ein faires Verfahren gebiete deshalb die Wiedereinsetzung.

Das Berufungsgericht hat – nach vorherigem Hinweis – den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

Die Berufung sei unzulässig, weil sie – wie der Beklagte nunmehr eingeräumt habe – nicht rechtzeitig innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet worden sei. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu gewähren, da nicht hinreichend glaubhaft gemacht sei, dass der Beklagte ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert gewesen sei. Die von dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten selbst vorgenommene Ausgangskontrolle sei offensichtlich unzureichend gewesen.

Anhand eines zuvor sinnvoll vergebenen Dateinamens sei auch zu prüfen, welcher Art der Schriftsatz sei. Das sei vorliegend offensichtlich nicht mit der gebotenen Sorgfalt erfolgt. Denn der im „Nachrichtenjournal“ und „Prüfprotokoll“ vermerkte Dateiname habe auf den Schriftsatz vom 11. Januar 2022 und nicht auf die Berufungsbegründung vom 23. Februar 2022 hingedeutet. Soweit der Beklagte darauf verweise, dass der im „Prüfbericht“ verkürzt wiedergegebene Dateiname von ihm einer der Chronologie folgenden Dateinummerierung von Schriftsätzen habe zugeordnet werden dürfen, fehle es an einer hinreichenden Glaubhaftmachung. Nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofs gehöre zu einer wirksamen Ausgangskontrolle ein Konzept für die Benennung von Dateien, welches Verwechslungen auszuschließen geeignet sei. Die Darlegungen des Beklagten hierzu blieben lückenhaft. Es sei weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass im Kanzleibetrieb seines Prozessbevollmächtigten die Dateinamen zu Schriftsätzen auf diese Weise und nicht am Datum orientierend vergeben würden.

Auch wenn in dem „Nachrichtenjournal“ als weitere Bezeichnung „Berufungsbegründung“ angeführt worden sei, habe wegen der abweichenden Datumsangabe Veranlassung zu einer weitergehenden Überprüfung des Inhalts der versandten Datei bestanden. Die Annahme eines erhöhten Sorgfaltsmaßstabs erscheine gerechtfertigt. Soweit der Beklagte offenbar erhöhte Risiken bei der elektronischen Übermittlung von Schriftsätzen oder eine Fehleranfälligkeit bei der Bearbeitung und dem Versand per beA reklamiere, spreche dies für eine erhöhte Sorgfaltspflicht. Die gestellten Anforderungen führten auch nicht dazu, dass ein Rechtsanwalt nach der Unterschrift einen vom Mitarbeiter in den Postausgangskorb gelegten Umschlag darauf überprüfen müsse, ob dieser tatsächlich den entsprechenden Schriftsatz enthielte. Im vorliegenden Fall weise der Dateiname als „digitaler Umschlag“ gerade auf einen anderen Schriftsatz hin und gebe es daher besondere Veranlassung zu einer Überprüfung. Eine besondere Fürsorgepflicht des Gerichts, den Beklagten auf einen Irrtum aufmerksam zu machen, habe nicht bestanden; die angeführte Rechtsprechung zur Weiterleitung eines fehlerhaft adressierten Rechtsmittelschriftsatzes sei nicht einschlägig.

Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.

Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zu Recht gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig verworfen. Die Rechtsbeschwerde stellt nicht in Abrede, dass der Beklagte die Berufung nicht innerhalb der bis zum 2. März 2022 verlängerten Frist, sondern erst mit einem am 29. März 2022 bei dem Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz – und damit entgegen § 520 Abs. 2 ZPO nicht rechtzeitig – begründet hat.

Anders als die Rechtsbeschwerde meint, erfordert die Sache eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) auch nicht wegen der Versagung einer Wiedereinsetzung des Beklagten in die versäumte Berufungsbegründungsfrist. Insbesondere hat das Berufungsgericht hierdurch nicht die Verfahrensgrundrechte des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) und wirkungsvollen Rechtsschutzes sowie auf ein faires Verfahren (jeweils Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt.

Danach darf einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden beziehungsweise die den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsbeschluss vom 10. Januar 2023 – VIII ZB 41/22, aaO Rn. 12 mwN). Zudem ist es den Gerichten verwehrt, aus eigenen oder ihnen zurechenbaren Fehlern oder Versäumnissen Nachteile für den von diesen betroffenen Beteiligten herzuleiten (vgl. BVerfG, NVwZ-RR 2019, 297 Rn. 11).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten zu Recht und ohne Verletzung der vorgenannten Verfahrensgrundrechte zurückgewiesen, da die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auf einem dem Beklagten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden anwaltlichen Verschulden bei der Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten beruht.

Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Hierzu hat er grundsätzlich sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Oktober 2019 – VIII ZB 103/18, NJW-RR 2020, 52 Rn. 11; vom 11. Mai 2021 – VIII ZB 9/20, NJW 2021, 2201 Rn. 44; jeweils mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Prozessbevollmächtigte in ihrem Büro eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze rechtzeitig hinausgehen. Bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax kommt der Rechtsanwalt seiner Verpflichtung, für eine wirksame Ausgangskontrolle zu sorgen, nur dann nach, wenn er seinen dafür zuständigen Mitarbeitern die Weisung erteilt, sich einen Einzelnachweis ausdrucken zu lassen, auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu prüfen und die Frist erst nach Kontrolle des Sendeberichts zu löschen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2016 – VII ZB 36/15, NJW 2016, 1740 Rn. 8; vom 17. März 2020 – VI ZB 99/19, NJW 2020, 1809 Rn. 12; jeweils mwN). Der Rechtsanwalt kann zwar die Ausgangskontrolle auf zuverlässiges Büropersonal übertragen und braucht sie nicht selbst vorzunehmen. Übernimmt er sie aber im Einzelfall selbst, muss er auch selbst für eine wirksame Ausgangskontrolle Sorge tragen (BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 2016 – VII ZB 36/15, aaO Rn. 9; vom 30. November 2022 – IV ZB 17/22, NJW-RR 2023, 351 Rn. 10).

Die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen mittels beA entsprechen nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs denjenigen bei der Übersendung von Schriftsätzen per Telefax. Auch hier ist es unerlässlich, den Versandvorgang zu überprüfen (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 11. Mai 2021 – VIII ZB 9/20, NJW 2021, 2201 Rn. 21; vom 29. September 2021 – VII ZR 94/21, NJW 2021, 3471 Rn. 12; vom 20. September 2022 – XI ZB 14/22, NJW 2022, 3715 Rn. 7; vom 11. Januar 2023 – IV ZB 23/21, juris Rn. 14). Die Kontrollpflichten umfassen dabei auch die Überprüfung der nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO übermittelten automatisierten Eingangsbestätigung des Gerichts. Sie erstrecken sich unter anderem darauf, ob die Übermittlung vollständig und an das richtige Gericht erfolgte (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 11. Mai 2021 – VIII ZB 9/20, aaO Rn. 46; vom 30. November 2022 – IV ZB 17/22, aaO mwN) sowie – wovon auch die Rechtsbeschwerde ausgeht – ob die richtige Datei übermittelt wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2022 – XI ZB 14/22, aaO Rn. 9 f.; siehe auch BayVGH, Beschlüsse vom 31. März 2022 – 11 ZB 22.39, juris Rn. 4; vom 20. April 2022 – 23 ZB 19.2287, juris Rn. 7; OLG Dresden, NJW 2021, 2665, 2667).

Das Berufungsgericht hat im Einklang mit diesen Grundsätzen und entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ohne Überspannung der Anforderungen an die den Rechtsanwalt treffende Verpflichtung zur Überprüfung einer erfolgreichen Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per beA angenommen, dass nach dem Tatsachenvorbringen des Beklagten im Wiedereinsetzungsverfahren die von seinem Prozessbevollmächtigten selbst vorgenommene Ausgangskontrolle unzureichend gewesen ist.

Zu Recht hat das Berufungsgericht nicht beanstandet, dass die Prüfung, ob die am 25. Februar 2022 veranlasste Übermittlung an das Berufungsgericht erfolgreich war, anhand des dem Prozessbevollmächtigten vorgelegten Übermittlungsprotokolls („export.html“-Datei) erfolgte. Denn die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgebliche automatisierte elektronische Eingangsbestätigung des Gerichts gemäß § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO (vgl. nur Senatsbeschluss vom 11. Mai 2021 – VIII ZB 9/20, NJW 2021, 2201 Rn. 22 mwN) wird nicht allein in der Nachrichtenansicht der beA-Webanwendung angezeigt, sondern ist mit den für die Überprüfung erforderlichen Angaben auch im Übermittlungsprotokoll des beA unterhalb der Dateianhänge enthalten (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 11. Mai 2021 – VIII ZB 9/20, aaO Rn. 33, 50; vom 29. September 2021 – VII ZR 94/21, NJW 2021, 3471 Rn. 13; vom 8. März 2022 – VI ZB 25/20, NJW 2022, 1820 Rn. 13; vom 24. Mai 2022 – XI ZB 18/21, NJW-RR 2022, 1069 Rn. 11; vom 20. September 2022 – XI ZB 14/22, NJW 2022, 3715 Rn. 8).

Soweit der Beklagte im Rahmen seines Wiedereinsetzungsvorbringens wiederholt davon gesprochen hat, dass er die Überprüfung anhand des „Prüfprotokolls“ vorgenommen habe, ist dies unschädlich. Zwar böte das Prüfprotokoll („Verification Report“) keine sichere Gewähr für den Sendungseingang bei Gericht, da es lediglich Auskunft darüber gibt, ob die der Nachricht beigefügten elektronischen Signaturen ordnungsgemäß sind und ob die Nachricht nach dem Versand unverändert ist (vgl. Bacher, MDR 2021, 916, 917; MDR 2022, 1441, 1445; BRAK beA-Newsletter 31/2019 vom 17. Oktober 2019, „Protokoll-Fragen: Eingangsbestätigung, Prüf- und Übermittlungsprotokoll“, abrufbar über das beA-Newsletter-Archiv unter www.brak.de/bea-newsletter). Da sich der Beklagte bei seinen Ausführungen aber ausdrücklich auf den von ihm als Anlage zum Schriftsatz vom 29. März 2022 eingereichten Ausdruck des Übermittlungsprotokolls bezogen und die vorgenommene Überprüfung unter Verweis auf verschiedene dort enthaltene Angaben beschrieben hat, etwa das „Nachrichtenjournal“, die Zeile mit der „Zusammenfassung Prüfprotokoll“ und den Text in den Spalten unter der Überschrift „Anlagen“, handelt es sich ersichtlich um eine bloße Fehlbezeichnung des von ihm tatsächlich gemeinten Übermittlungsprotokolls.

Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht auch nicht verlangt, für die anwaltliche Überprüfung der erfolgreichen Übermittlung eines fristwahrenden Schriftsatzes (stets) zusätzlich das – vom Beklagten für die Übermittlung vom 25. Februar 2022 nachträglich am 5. April 2022 erstellte und mit Schriftsatz von demselben Tag eingereichte – Prüfprotokoll („Verification Report“) heranzuziehen. Die besonderen Umstände, die seiner Auffassung nach im Streitfall die weitergehende Überprüfung der übersandten Datei erfordert hätten, hat das Berufungsgericht dem Übermittlungsprotokoll entnommen. Dies zeigt der Verweis des angegriffenen Beschlusses auf die verkürzte Wiedergabe des Dateinamens, die sich im Übermittlungsprotokoll, nicht aber im Prüfprotokoll findet, und die Aussage des Hinweisbeschlusses, „in dem Nachrichtenjournal [sei] als weitere Bezeichnung ´Berufungsbegründung´ angeführt“, was sich erkennbar auf die im Übermittlungsprotokoll enthaltene Rubrik „Anhänge“ bezieht. Soweit das Berufungsgericht im Folgenden tatsächlich das am 5. April 2022 erstellte Prüfprotokoll erwähnt hat, diente dies – wie sich aus dem Zusammenhang ergibt – ebenso wie der Verweis auf die im Schriftsatz des Beklagten enthaltene Angabe des Dateinamens allein der Verdeutlichung, dass der vollständige Dateiname des am 25. Februar 2022 übersandten Dokuments eindeutig auf einen Schriftsatz vom 11. Januar 2022 und nicht auf einen Schriftsatz vom 23. Februar 2022 hinwies und dass deshalb dem Prozessbevollmächtigten bei einer Prüfung der versandten Datei bereits anhand des Dateinamens aufgefallen wäre, dass diese einen anderen Schriftsatz betraf als denjenigen, dessen Versendung beabsichtigt war.

Zu Recht und ohne Überspannung der anwaltlichen Sorgfaltspflichten hat das Berufungsgericht indessen beanstandet, dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten sich bei seiner Prüfung, ob auch das richtige Dokument übermittelt wurde, allein auf die im Übermittlungsprotokoll enthaltene Angabe zur „Bezeichnung“ des Dokuments in der Rubrik „Anhänge“ verlassen und dem dort gleichfalls angegebenen Namen der versandten Datei keine, jedenfalls nicht die für die Überprüfung gebotene Bedeutung beigemessen hat.

Die anwaltliche Sorgfalt bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze mittels beA erfordert eine Prüfung anhand des zuvor vergebenen Dateinamens, ob sich die automatisierte elektronische Eingangsbestätigung des Gerichts auch auf die Datei mit dem Schriftsatz bezieht, dessen Übermittlung erfolgen sollte (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 17. März 2020 – VI ZB 99/19, NJW 2020, 1809 Rn. 16; vom 20. September 2022 – XI ZB 14/22, NJW 2022, 3715 Rn. 9 f. mwN; siehe auch Bacher, MDR 2022, 1441, 1446). Dies rechtfertigt sich daraus, dass bei einem Versand über beA – anders als bei einem solchen über Telefax, bei dem das Original des Schriftsatzes zur Übermittlung in das Telefax-Gerät eingelegt wird – eine Identifizierung des zu übersendenden Dokuments nicht mittels einfacher Sichtkontrolle möglich ist und deshalb eine Verwechslung mit anderen Dokumenten, deren Übersendung nicht beabsichtigt ist, nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann (vgl. OLG Dresden, NJW 2021, 2665, 2667).

Dem Rechtsanwalt werden damit auch keine unzumutbaren Überprüfungspflichten auferlegt. Denn die Kontrolle ist über die Nachrichtenansicht der beA-Webanwendung, anhand des Übermittlungsprotokolls mittels der dort verfügbaren Informationen unter der Überschrift „Anhänge“ sowie anhand des Abschnitts „Zusammenfassung und Struktur“ des Prüfprotokolls möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2022 – XI ZB 14/22, NJW 2022, 3715 Rn. 10 mwN; siehe bereits BRAK beA-Newsletter 35/2017, „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser: Postausgangskontrolle mit dem beA“, und 27/2019, „Dem Fehlerteufel ein Schnippchen schlagen“, abrufbar über das beA-Newsletter-Archiv unter www.brak.de/bea-newsletter).

Diesen Anforderungen ist die Ausgangskontrolle des Prozessbevollmächtigten des Beklagten unter Zugrundelegung des Wiedereinsetzungsvortrags nicht gerecht geworden.

Gemäß diesem Vorbringen hat der Prozessbevollmächtigte insoweit im Übermittlungsprotokoll lediglich die Spalte „Bezeichnung“ unter der Überschrift „Anhänge“ geprüft und dabei auf die Richtigkeit der dort von der Kanzleiangestellten gemachten Angabe „Berufungsbegründung“ vertraut. Diese Spalte enthält aber nicht den Dateinamen, sondern ermöglicht es dem Verfasser der beA-Nachricht, beim Hochladen der als Anlage ausgewählten Datei einen beliebigen Text zur näheren Beschreibung des Dateiinhalts hinzuzufügen. Da dieser Text erst nachfolgend zum Erstellen und Abspeichern der Datei und regelmäßig aufgrund einer bestimmten Vorstellung des Verfassers der beA-Nachricht von dem – vermeintlichen – Inhalt der zum Versand ausgewählten Datei vergeben wird, weist die in der Spalte „Bezeichnung“ gemachte Angabe weniger zuverlässig als der zuvor vergebene Dateiname auf den tatsächlichen Inhalt des Dokuments hin, was sich anschaulich in den Fällen der versehentlichen Auswahl einer anderen Datei durch ein „Verklicken“ beim Hochladen zeigt.

Dem in der maßgeblichen benachbarten Spalte – wenn auch verkürzt – aufgeführten Dateinamen des angehängten Dokuments („M_89_21_LG_Bln_SS_11…“) hat der Prozessbevollmächtigte hingegen keine, jedenfalls aber nicht die gebotene Bedeutung beigemessen.

Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, wegen der nur unvollständigen Anzeige des Dateinamens in der betreffenden Spalte des Übermittlungsprotokolls („M_89_21_LG_Bln_SS_11…“) habe er keinen Zusammenhang mit einem bestimmten (anderen) Erstellungsdatum und daran anknüpfend mit einem anderen Inhalt des Dokuments als dem von ihm erwarteten und in der Spalte „Bezeichnung“ angegebenen erkennen müssen.

Nach dem Wiedereinsetzungsvorbringen steht die Vergabe des Dateinamens in der Kanzlei nicht im Belieben des jeweiligen Mitarbeiters, sondern folgt einem bestimmten vorgegebenen (einheitlichen) Muster. Nach dem Kürzel des sachbearbeitenden Rechtsanwalts und dem kanzleiinternen Aktenzeichen folge ein weiterer Zusatz, der das Schriftstück spezifiziere. Diesbezüglich hat das Berufungsgericht, anders als die Rechtsbeschwerde meint, keine von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abweichenden Anforderungen an die Benennung von Dateien gestellt, sondern – rechtsfehlerfrei – verlangt, Dateien mit Schriftsätzen so zu benennen, dass eine Verwechslung anhand des Dateinamens vermieden wird (vgl. hierzu auch BRAK beA-Newsletter 27/2019, „Ordnung ist das halbe Leben“, abrufbar über das beA-Newsletter-Archiv unter www.brak.de/bea-newsletter). Auch wenn der Beklagte keine weiteren Angaben zu Art und Weise dieser Spezifizierung gemacht hat, zeigen der Name der am 25. Februar 2022 versandten Datei ebenso wie die Namen weiterer von der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten per beA an das Berufungsgericht übermittelter Dokumente, dass jeweils (auch) das Datum des Dokuments in den Dateinamen aufgenommen wird, nicht hingegen – wie der Prozessbevollmächtigte des Beklagten ohne näheren Vortrag zu einer diesbezüglichen Handhabung in der Kanzlei einwendet – eine der Chronologie der Schriftsätze folgende Dateinummerierung.

Vor diesem Hintergrund hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, dass der nach diesem Muster vergebene Dateiname des am 25. Februar 2022 versandten Dokuments auch in der verkürzten Anzeige des Übermittlungsprotokolls auf einen am „11.“ eines Monats erstellten Schriftsatz hindeutete („M_89_21_LG_Bln_SS_11…“) und es bei der gebotenen sorgfältigen Prüfung der Angaben zur übersandten Datei Veranlassung zu einer weitergehenden Überprüfung des Dateiinhalts gab, weil der Schriftsatz mit der Berufungsbegründung am 23. Februar 2022 und damit gerade erst zwei Tage zuvor erstellt und fertiggestellt worden war.

Wenn das Berufungsgericht insoweit von einem erhöhten Sorgfaltsmaßstab bei der Ausgangskontrolle spricht, bezieht sich dies auf die augenscheinliche Abweichung zwischen dem Dateinamen und der Bezeichnung des Dokumentinhalts im Übermittlungsprotokoll und auf den im Wiedereinsetzungsverfahren gehaltenen Vortrag, wonach die Vorbereitung einer Datei für die Versendung in einem „mehrere Arbeitsschritte umfassenden“ „sehr arbeits- und zeitaufwändigen“ Vorgang erfolge, der sich bei der Versendung von Anhängen – wie hier – sogar noch verkompliziere.

Die Pflichtverletzung war für die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ursächlich. Bei einer ordnungsgemäßen – auch den Abgleich des (vollständigen) Dateinamens und wegen der im Streitfall gegebenen besonderen Umstände auch den Inhalt der versandten Datei umfassenden – Ausgangskontrolle wäre die am 25. Februar 2022 erfolgte Übermittlung des falschen Dokuments zeitnah erkannt worden und hätte die Datei mit der Berufungsbegründung noch innerhalb der bis zum 2. März 2022 verlängerten Berufungsbegründungsfrist an das Berufungsgericht übersandt werden können.

Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ergibt sich ein Wiedereinsetzungsgrund auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer etwaigen für das Fristversäumnis mitursächlichen Pflichtverletzung des Gerichts. Das Berufungsgericht war aufgrund der aus dem Gebot des fairen Verfahrens in Verbindung mit dem Rechtsstaatsgebot folgenden gerichtlichen Fürsorgepflicht nicht verpflichtet, den erneuten Eingang der Sachstandsanfrage vom 11. Januar 2022 zum Anlass zu nehmen, den Prozessbevollmächtigten des Beklagten noch vor Ablauf der bis zum 2. März 2022 verlängerten Berufungsbegründungsfrist darauf hinzuweisen, dass dieser am 25. Februar 2022 die Sachstandsanfrage anstatt einer Berufungsbegründung übermittelt hat.

Ein Gericht ist nur unter besonderen Umständen gehalten, einer drohenden Fristversäumnis seitens der Partei entgegenzuwirken. Denn einer gerichtlichen Fürsorgepflicht sind im Interesse der Funktionsfähigkeit der Justiz Grenzen gesetzt (vgl. BVerfG, NJW 1995, 3173, 3175; Senatsbeschluss vom 11. Januar 2022 – VIII ZB 37/21, NJW-RR 2022, 346 Rn. 14 mwN). Das Gericht darf allerdings nicht sehenden Auges zulassen, dass ein offenbares Versehen einer Partei zur Versäumung einer Rechtsbehelfsfrist und damit zu Rechtsnachteilen für die Partei führt (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Mai 2004 – IV ZB 29/03, IV ZB 37/03, juris Rn. 7; siehe auch Beschlüsse vom 1. Juli 2021 – V ZB 71/20, NJW-RR 2021, 1317 Rn. 7; vom 11. Januar 2022 – VIII ZB 37/21, aaO). Es hat deshalb bei ohne weiteres erkennbaren Fehlern im Rahmen des ordentlichen Geschäftsgangs darauf hinzuweisen, um der Fristversäumnis entgegen zu wirken (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Mai 2004 – IV ZB 29/03, IV ZB 37/03, aaO mwN).

Hiervon ausgehend war das Berufungsgericht nicht aufgrund der gerichtlichen Fürsorgepflicht zu einem Hinweis an den Beklagten verpflichtet. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde lag weder angesichts der kurz zuvor erfolgten Gewährung der Fristverlängerung noch im Hinblick auf die Übersendung der Geburtsurkunde als Anlage zum Schriftsatz offen zutage, dass von Beklagtenseite nunmehr im Räumungsrechtsstreit – mit einer Berufungsbegründung – zur Sache selbst vorgetragen werden sollte und deshalb die Auswahl des übersandten Dokuments offenkundig auf einem Versehen beruhen musste. Auf die beabsichtigte Einreichung einer Berufungsbegründung deuteten weder der Betreff der an das Berufungsgericht übermittelten beA-Nachricht vom 25. Februar 2022 („64 S 346/21“) noch die Namen der angehängten Dateien („M_89_21_LG_Bln_SS_11_01_2022.pdf.p7s“, „M_89_21_LG_Bln_SS_11_01_22.pdf“ und „doc17795920220225134156.pdf“) hin. Da die mit gerichtlicher Verfügung vom 17. Januar 2022 erfolgte Gewährung der Fristverlängerung erst wenige Tage zurücklag, war es zudem nicht ausgeschlossen, dass sich die wiederholte Sachstandsanfrage mit der Kenntnisnahme des Beklagtenvertreters von der gewährten Fristverlängerung zeitlich überschnitten hatte. Zudem musste der Vorsitzende der Berufungskammer den Umstand, dass überhaupt ein Schriftsatz der Beklagtenseite eingegangen war, nicht ohne Weiteres mit dem erst eine Woche später anstehenden Ablauf der verlängerten Berufungsbegründungsfrist in Zusammenhang bringen.