Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 27.04.2023 zum Aktenzeichen 10 C 3.23 entschieden, dass der Erfolg der Klage einer Umweltvereinigung auf Anordnung von Sanierungsmaßnahmen nach dem Umweltschadensgesetz nicht voraussetzt, dass die Vereinigung zuvor im behördlichen Verfahren den Eintritt eines Umweltschadens glaubhaft gemacht hat.
Aus der Pressemitteilung des BVerwG Nr. 32/2023 vom 28.04.2023 ergibt sich:
Der Kläger, eine nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Umweltvereinigung, begehrt die Verpflichtung des Bundesamts für Naturschutz, gegenüber der beigeladenen Betreiberin des Offshore-Windparks „Butendiek“ geeignete Maßnahmen zur Sanierung eines Umweltschadens für das Vogelschutzgebiet „Östliche Deutsche Bucht“ und die geschützten Vogelarten Sterntaucher und Prachttaucher anzuordnen. Der Windpark „Butendiek“ wurde 2002 genehmigt und 2015 in Betrieb genommen. Er umfasst 80 Windenergieanlagen und liegt 32,6 km westlich vor der Insel Sylt inmitten des 2005 ausgewiesenen Vogelschutzgebiets.
Das Bundesamt für Naturschutz lehnte den Antrag des Klägers ab und wies dessen Widerspruch zurück. Die Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Voraussetzungen für ein Tätigwerden des Bundesamts lägen schon deshalb nicht vor, weil die vom Kläger zur Begründung seines Antrags bis zur Entscheidung über den Widerspruch vorgebrachten Tatsachen den Eintritt eines Umweltschadens nicht glaubhaft erscheinen ließen.
Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Der vom Oberverwaltungsgericht gewählte Prüfungsmaßstab steht mit Bundesrecht nicht in Einklang. Das nach dem Umweltschadensgesetz bestehende Erfordernis, im Rahmen eines an die Behörde gerichteten Antrags auf Durchsetzung von Sanierungspflichten den Eintritt eines Umweltschadens glaubhaft zu machen, betrifft nur den Antrag im Verwaltungsverfahren und schränkt die einer Umweltvereinigung nach Maßgabe des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes verliehenen Klagerechte nicht ein. Dies hat zur Konsequenz, dass das Oberverwaltungsgericht – soweit es für die Entscheidung darauf ankommt – zu prüfen haben wird, ob sich aus den zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vorliegenden Tatsachen ein Umweltschaden ergibt. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteil des Oberverwaltungsgerichts deshalb aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen, weil weitere tatsächliche Feststellungen zu treffen sind. Dabei wird es zu berücksichtigen haben, dass die Anordnung von Sanierungsmaßnahmen nach dem Umweltschadensgesetz nur insoweit in Betracht kommt, als sie nicht anlagen- oder betriebsbezogen sind. Für derartige Maßnahmen gilt vorrangig die Seeanlagenverordnung, auf deren Grundlage der Windpark genehmigt worden ist. Tatrichterlich zu würdigen sein wird auch, ob die beigeladene Betreiberin – nicht zuletzt mit Blick darauf, dass das Bundesamt für Naturschutz 2021 auf ihren Antrag Ausnahmen von gebiets- und artenschutzrechtlichen Verboten erteilt hat – ein Verschulden trifft.