Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 14.03.2023 zum Aktenzeichen VI ZR 338/21 entschieden, dass zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine Berichterstattung über den Gesundheitszustand eines Menschen.
Die bloße Richtigstellung einer falschen Presseberichterstattung führt nicht dazu, dass dadurch ein konsistent verschlossener Bereich der Privatsphäre für eine öffentliche Berichterstattung eröffnet würde.
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung von Teilen zweier Presseberichterstattungen in Anspruch.
Der Kläger ist mehrfacher Formel-1-Weltmeister. Er ist bei einem Skiunfall Ende 2013 schwer verunglückt. Seither ist er nicht mehr persönlich öffentlich aufgetreten.
Die Beklagte betreibt die Online-Plattform www.maennersache.de. Dort veröffentlichte sie unter voller Namensnennung am 29. November 2018 folgenden Beitrag:
„News-Update
Nach S[…]-Besuch: Jetzt packt der Bischof aus
[…]
Erzbischof Dr. G[…] G[…] besuchte M[…] S[…] und plaudert anschließend Interna öffentlich aus.
[Bilder des Klägers und des Erzbischofs]
M[…] S[…] hatte im Dezember 2013 einen schweren Skiunfall.
Bischof spricht über S[…]-Besuch
Auf Einladung von S[…]-Freund J[…] T[…] besucht Erzbischof Dr. G[…] G[…] den in der Rehabilitation befindlichen Rekordweltmeister. Auf dessen Grundstück im Schweizer G[…] trifft G[…] den K[…] – und spricht anschließend öffentlich drüber.
[Bild des Klägers] Wie geht es M[…] S[…]?
War das abgesprochen?
Die Familie S[…] teilt seit dem folgenschweren Unfall des heute 49-Jährigen nur ganz wenig Einzelheiten bezüglich seines Gesundheitszustands mit der Öffentlichkeit. Die Ausführungen G[…]s stehen diesem Grundsatz entgegen, allein weil Rückschlüsse zugelassen werden.
Das erzählt G[…] über das Treffen
G[…] beschreibt gegenüber der ‘Bild‘ das Treffen mit folgenden Worten: ‘Ich unterhielt mich zunächst mit C[…] S[…] und ihrer Mutter, dann brachte ein Therapeut M[…] S[…] ins Wohnzimmer. Ich habe mich vorgestellt und ihm erzählt, dass ich ein heimlicher Fan bin, seine Rennen oft gesehen habe und fasziniert war, wie ein Mann eine solche Maschine bei so einem Tempo und bei jedem Wetter lenken kann.‘
Weitere Einzelheiten
Der 62-jährige Geistliche weiter: ‘Ich begrüßte M[…] S[…] und hielt seine Hände, die warm waren. Manches können Worte einfach nicht transportieren, aber eine Berührung kann es. Bei einem Kranken die Hand zu halten, ist etwas Urchristliches, das Trost und Nähe spendet. Das war mir wichtig.‘
Zum Abschied eine Geste
Das Ende des Treffens beschreibt der Katholik folgendermaßen: ‘Zum Abschied habe ich mit dem Daumen ein Kreuzzeichen auf seine Stirn gezeichnet und ihm mein Gebet versprochen.‘“
Die Beklagte betreibt zudem die Online-Plattform intouch.wunderweib.de. Dort erschien unter voller Namensnennung am 28. November 2018 folgender Beitrag:
„M[…] S[…]: Jetzt packt ein Bekannter der Familie aus!
[…]
Der Unfall von M[…] S[…] ist mittlerweile fast fünf Jahre her. Doch wie geht es dem Formel-1-Star heute?
[Bild des Klägers]
Eine Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Die Familie und auch Managerin S[…] K[…] geben über den Gesundheitszustand des Sportlers keine Auskunft.
M[…] S[…]: Ein Bekannter packt aus
Doch ein Bekannter der Familie S[…] meldet sich jetzt zu Wort. Erzbischof G[…] G[…] traf M[…] S[…] im Jahr 2016. Über dieses Treffen spricht er jetzt mit dem Magazin ‘Bunte‘.
‘Ich saß ihm gegenüber, fasste ihn an beiden Händen und schaute ihn an. Sein Gesicht ist so, wie wir es alle kennen, das typische M[…]-S[…]-Gesicht; nur ein wenig fülliger ist er geworden‘, so G[…] G[…].
Und weiter: ‘Er spürt, dass liebende Menschen um ihn herum sind, sich um ihn sorgen und gottlob die allzu neugierige Öffentlichkeit fernhalten. Ein Mensch, der krank ist, braucht Diskretion und Verständnis.‘
Erzbischof G[…] G[…] betet für M[…] S[…]
Bis heute steht Erzbischof G[…] G[…] mit M[…]s Ehefrau C[…] in losem Kontakt. Und er betet für sie und ihre Familie – gerade jetzt zu Weihnachten. ‘Natürlich schließe ich M[…] S[…] und seine Familie in meine Gebete ein. Weihnachten ist das Fest der Geburt Christi, der menschgewordenen göttlichen Liebe. Diese zu verspüren tut gut und not‘, erklärt er.“
Das Recht auf Achtung der Privatsphäre gesteht jedermann einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zu, in dem er seine Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört auch das Recht, für sich zu sein, sich selber zu gehören und den Einblick durch andere auszuschließen. Der Schutz der Privatsphäre ist sowohl räumlich als auch thematisch bestimmt. Er umfasst einen räumlich bestimmten – insbesondere häuslichen, aber auch außerhäuslichen – Bereich, in dem der Einzelne die Möglichkeit hat, frei von öffentlicher Beobachtung und der von ihr erzwungenen Selbstkontrolle zu sein, und in dem er zu sich kommen, sich entspannen oder auch gehen lassen kann, und der das Bedürfnis verwirklichen hilft, „in Ruhe gelassen zu werden“. Thematisch umfasst der Schutz der Privatsphäre insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als „privat“ eingestuft werden, etwa weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst. Zur Privatsphäre gehören grundsätzlich auch Angaben über den Gesundheitszustand eines Menschen.
Nach diesen Maßstäben beeinträchtigen die Textpassagen 1 bis 4 das Recht des Klägers auf Achtung der Privatsphäre.
Artikel auf www.maennersache.de (Textpassagen 1 bis 3)
Der unter dem Datum 29. November 2018 veröffentlichte Artikel auf www.maennersache.de befasst sich nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Lesers mit dem Krankenbesuch eines hohen katholischen Geistlichen bei dem nach einem Unfall sich in Rehabilitation befindenden Kläger in dessen Wohnhaus. Die Überschrift des Artikels „News-Update“, „Nach S[…]-Besuch: Jetzt packt der Bischof aus“ kündigt an, dass der Leser bisher nicht bekannte Details erfahren wird. Die zweite Überschrift bekräftigt diese Ankündigung: „Erzbischof Dr. G[…] G[…] besucht M[…] S[…] und plaudert anschließend Interna öffentlich aus“. Dass es sich bei diesen „Interna“ in erster Linie um Informationen über den Gesundheitszustand des Klägers handelt, ergibt sich aus den Angaben zu Beginn des Artikels. Dort wird mitgeteilt, dass der Kläger im Dezember 2013 einen schweren Skiunfall erlitten habe, sich in Rehabilitation befinde und die Familie des Klägers seit dem Unfall mit der Öffentlichkeit nur wenige Einzelheiten über den Gesundheitszustand des Klägers teile. Es wird ausgeführt, der katholische Geistliche habe nun der BILD-Zeitung von dem Treffen mit dem Kläger berichtet. Vor diesem Hintergrund wird die Frage aufgeworfen, ob das mit der Familie des Klägers abgesprochen gewesen sei, da die Ausführungen des Geistlichen dem Grundsatz der Familie des Klägers zur Verschwiegenheit entgegenstünden. Im Weiteren werden Einzelheiten über den Ablauf des Treffens berichtet und es werden Beobachtungen des Geistlichen von körperlichen Merkmalen des Klägers bei diesem Besuch geschildert. Anders als die Beklagte in der Revisionsverhandlung geltend gemacht hat, beschäftigt sich der Artikel damit nicht in erster Linie mit dem Aspekt der Religion und des Glaubens des Klägers.
Die Passage „dann brachte ein Therapeut M[….] S[…] ins Wohnzimmer.“ (Textpassage 1) gibt nicht nur die Beobachtung des Geistlichen wieder, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Besuchs durch einen Therapeuten betreut wurde, sondern enthält zugleich die Information, dass der Kläger für einen solchen alltäglichen Weg Hilfe benötigt. Auch wenn der Umfang der Hilfeleistung unklar bleibt, so erfährt der Leser dennoch, dass die motorischen Fähigkeiten des Klägers nach seinem Unfall noch nicht wieder soweit hergestellt sind, dass er das Wohnzimmer alleine betreten könnte.
Mit der Passage „Ich begrüßte M[…] S[…] und hielt seine Hände, die warm waren.“ (Textpassage 2) wird der Moment der Begegnung mit dem Kläger aus der Sicht des Geistlichen geschildert. Die Angabe „hielt seine Hände, die warm waren“ beschreibt eine Geste der körperlichen Verbundenheit, anlässlich der der Geistliche einen bestimmten Aspekt des körperlichen Zustands des Klägers wahrgenommen hat, nämlich die Temperatur seiner Hände. Die Schilderung warmer Hände lässt den Schluss auf eine Körperfunktion zu, nämlich die gute Durchblutung der Hände.
Die Passage „Zum Abschied habe ich mit dem Daumen ein Kreuzzeichen auf seine Stirn gezeichnet und ihm mein Gebet versprochen“ (Textpassage 3) enthält die Schilderung des Bischofs, mit welchen religiösen Gesten er sich vom Kläger verabschiedete. Die Reaktion des Klägers auf diese religiösen Gesten des Geistlichen wird nicht berichtet.
Aufgrund der Überschrift des Artikels „News-Update“, „Nach S[…]-Besuch: Jetzt packt der Bischof aus“ und der weiteren Überschrift „Erzbischof Dr. G[…] G[…] besucht M[…] S[…] und plaudert anschließend Interna öffentlich aus“ sowie der Aussage im Artikel „Auf dessen Grundstück im Schweizer G[…] trifft G[…] den K[…] – und spricht anschließend öffentlich drüber“ gewinnt der Leser den Eindruck, die Informationen über den Besuch des Bischofs seien zum Zeitpunkt des Erscheinens des Artikels aktuell („News-Update“). Durch die Wörter „jetzt“ und „anschließend“ wird beim Leser die Vorstellung erzeugt, der Bischof habe sich kurz nach seinem Besuch an die Presse gewandt. Dieser Eindruck wird durch den weiteren Text des Artikels nicht entkräftet. Denn dieser enthält keine Angabe dazu, wann der Geistliche den Kläger tatsächlich besuchte und wann der Geistliche darüber mit der BILD-Zeitung redete. Der Leser erfährt nicht, dass der Krankenbesuch bereits im Jahr 2016 stattfand und daher die Informationen zum Gesundheitszustand des Klägers trotz anderslautender Ankündigung keineswegs zum Erscheinungsdatum des Artikels Ende 2018 aktuell waren.
Artikel auf intouch.wunderweib.de (Textpassage 4)
Auch der am 28. November 2018 auf intouch.wunderweib.de erschienene Artikel kündigt bereits in der Überschrift die Veröffentlichung bisher nicht bekannter Details über den Kläger an, wenn es dort heißt: „M[…] S[…]: Jetzt packt ein Bekannter der Familie aus!“. Dass es sich bei dem, worüber der „Bekannte der Familie“ – ein Geistlicher – „auspackt“, um Details über den Gesundheitszustand des Klägers handelt, ergibt sich aus der Einleitung des Artikels. Diese enthält zunächst die Aussage, dass der Unfall des Klägers fast fünf Jahre her sei, und wirft dann die Frage auf, wie es dem Kläger heute gehe. Der Artikel führt weiter aus, dass es darauf keine Antwort gebe, da die Familie des Klägers über seinen Gesundheitszustand keine Auskunft gebe. Allerdings habe sich nun ein Bekannter der Familie zu Wort gemeldet, der den Kläger im Jahr 2016 besucht habe und über dieses Treffen mit der Zeitschrift „Bunte“ gesprochen habe. Im Weiteren werden die Beobachtungen, die der Geistliche anlässlich seines Besuchs vom körperlichen Zustand des Klägers machte, geschildert und es wird über das Verhältnis des Geistlichen zur Familie des Klägers berichtet.
Mit der angegriffenen Textpassage „Ich saß ihm gegenüber, fasste ihn an beiden Händen und schaute ihn an. Sein Gesicht ist so, wie wir es alle kennen, das typische M[…]-S[…]-Gesicht; nur ein wenig fülliger ist er geworden“ (Textpassage 4) schildert der Artikel aus Sicht des Geistlichen, der bei seinem Besuch die Hände des Klägers ergriff und aus diesem Blickwinkel den Kläger einem prüfenden Blick unterzog, welche Beobachtungen zum Aussehen des Klägers er dabei machte. Die Angabe, dass der Kläger noch seine typischen Gesichtszüge aufweise, er nur fülliger geworden sei, vermittelt die Information, dass das Gesicht des Klägers infolge des Unfalls jedenfalls nicht in einer solchen Weise in Mitleidenschaft gezogen wurde, dass der Kläger für Personen, die ihn vor dem Skiunfall kannten, nicht mehr wiederzuerkennen wäre. Aus dieser Passage ergibt sich zudem, dass sich seit dem Unfall die schlanke Gesichts- und/oder Körperform des Klägers („fülliger ist er geworden“) verändert hat.
Mit diesem Informationsgehalt beeinträchtigen die Textpassagen 1 bis 4 sowohl den räumlichen als auch den thematischen Bereich der Privatsphäre des Klägers. Denn der private Krankenbesuch des Geistlichen, über den der Leser Einzelheiten erfährt, fand im Wohnhaus des Klägers statt. Es werden Einzelheiten über den Ablauf des privaten Besuchs mitgeteilt und Beobachtungen des Besuchers zu gesundheitlichen Aspekten des Klägers geschildert.
Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist nicht von einer Selbstöffnung des Klägers hinsichtlich der angegriffenen Textpassagen auszugehen.
Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme kann dort entfallen, wo sich der Betroffene selbst damit einverstanden gezeigt hat, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden; die Erwartung, dass die Umwelt die Angelegenheiten oder Verhaltensweisen in einem Bereich mit Rückzugsfunktion nur begrenzt oder nicht zur Kenntnis nimmt, muss situationsübergreifend und konsistent zum Ausdruck gebracht werden.
Mangels entgegenstehender tatrichterlicher Feststellungen ist im Revisionsverfahren der Sachvortrag des Klägers zu unterstellen, wonach es an einem Einverständnis des Klägers oder seiner Betreuerin gegenüber dem Bischof, der Presse über seine Beobachtungen anlässlich des Besuchs zu berichten, fehlt. Die Beklagte hat in der Revisionsverhandlung gerügt, ihre Behauptung, die Familie des Klägers sei mit der Veröffentlichung durch den Erzbischof einverstanden gewesen, sei entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine Behauptung ins Blaue hinein, weshalb über diesen Umstand der angebotene Beweis zu erheben sei. Aus dem Berufungsurteil ergibt sich schon nicht, dass das Berufungsgericht diese Frage abschließend entschieden hätte. Es hat zwar ausgeführt, dass die Behauptung der Beklagten ins Blaue hinein erfolgt sei. Diese Annahme hat es aber nicht näher begründet. Zudem heißt es im darauffolgenden Satz des Berufungsurteils, die Frage könne dahinstehen, da es jedenfalls aus anderen Gründen an einem Unterlassungsanspruch fehle. Damit hat das Berufungsgericht keine abschließenden Feststellungen zu dieser Frage getroffen und sie im Ergebnis offengelassen.
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist dem Umstand, dass sich der Kläger in der Vergangenheit zu seinem katholischen Glauben sowie seiner Beziehung zur katholischen Kirche und dem Vatikan geäußert hat, keine Selbstöffnung über Einzelheiten des Krankenbesuchs des Geistlichen zu entnehmen.
Auch wenn man mit der Revisionserwiderung davon ausginge, die Textpassage 1, „dann brachte ein Therapeut M[…] S[…] ins Wohnzimmer“, enthalte nicht mehr als die Information, dass der Kläger noch nicht wieder gehen könne, folgt eine Selbstöffnung hinsichtlich dieses Umstands nicht bereits daraus, dass die Managerin der Familie des Klägers im Dezember 2015 als Reaktion auf eine anderslautende Presseberichterstattung öffentlich mitgeteilt hat, es entspreche nicht den Tatsachen, dass der Kläger wieder gehen könne. Durch diese Äußerung der Managerin wurde dieser Themenbereich für öffentliche Diskussionen nicht eröffnet. Die bloße Richtigstellung einer falschen Presseberichterstattung führt nicht dazu, dass dadurch ein konsistent verschlossener Bereich für eine öffentliche Berichterstattung eröffnet würde.
Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann die Rechtswidrigkeit der Beeinträchtigung nicht für alle zuletzt noch angegriffenen Textpassagen verneint werden. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen überwiegt hinsichtlich der Textpassage 1, der zweiten Hälfte der Textpassage 2 und der Textpassage 4 das Schutzinteresse des Klägers das durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützte Recht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung.
Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt.
Im Streitfall ist das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse des Klägers am Schutz seines Persönlichkeitsrechts mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungsfreiheit abzuwägen. Da die Äußerungen der Beklagten die Privatsphäre des Klägers betreffen, ist ungeachtet ihrer Wahrheit von entscheidender Bedeutung, ob sie sich durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen lassen.
Der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf die Äußerung von Tatsachen, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können. Zum Kern der Presse- und Meinungsfreiheit gehört es, dass die Medien im Grundsatz nach ihren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden können, was sie des öffentlichen Interesses für wert halten und was nicht. Unterhaltende Beiträge, etwa über das Privat- und Alltagsleben prominenter Personen, nehmen grundsätzlich an diesem Schutz teil, ohne dass dieser von der Eigenart oder dem Niveau der Berichterstattung abhängt.
Im Rahmen der Abwägung kommt dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu. Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen umso schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist. Allerdings gebührt dem Persönlichkeitsschutz nicht etwa schon deshalb regelmäßig der Vorrang, weil eine weder unwahre noch ehrenrührige Berichterstattung bloße Belanglosigkeiten über eine prominente Person zum Gegenstand hat, ohne einen wesentlichen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten.
Bei der Prüfung der Frage, ob und in welchem Ausmaß die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung leistet und welcher Informationswert ihr damit beizumessen ist, ist von erheblicher Bedeutung, welche Rolle dem Betroffenen in der Öffentlichkeit zukommt. Eine in der Öffentlichkeit unbekannte Privatperson kann einen besonderen Schutz ihres Privatlebens beanspruchen, nicht aber eine Person des öffentlichen Lebens. Außerdem muss grundsätzlich unterschieden werden zwischen der Berichterstattung über Tatsachen, die einen Beitrag zu einer Diskussion in einer demokratischen Gesellschaft leisten kann, die z.B. Politiker bei Wahrnehmung ihrer Amtsgeschäfte betrifft, und der Berichterstattung über Einzelheiten des Privatlebens einer Person, die keine solchen Aufgaben hat.
Stets abwägungsrelevant ist auch die Intensität des Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Diese ist als gering zu werten, wenn es sich um zutreffende Tatsachen handelt, die entweder belanglos sind oder sich allenfalls oberflächlich mit der Person des Betroffenen beschäftigen, ohne einen tieferen Einblick in seine persönlichen Lebensumstände zu vermitteln und ohne herabsetzend oder gar ehrverletzend zu sein.
Die nach diesen Grundsätzen vorzunehmende Abwägung führt hinsichtlich der Textpassage 1, der zweiten Hälfte der Textpassage 2 und der Textpassage 4 dazu, dass das berechtigte Interesse des Klägers am Schutz seines Persönlichkeitsrechts das von der Beklagten verfolgte berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungsfreiheit überwiegt.
Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit wird durch die große Bekanntheit des Klägers und den Umstand, dass die Öffentlichkeit über seinen Unfall im Jahr 2013 informiert wurde, begründet. Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, besteht auch an dem Umstand, dass ein hoher Geistlicher der katholischen Kirche den Kläger, dem aufgrund seiner Prominenz eine Leitbild- und Kontrastfunktion zukommt, zu Hause besuchte, ein erhebliches Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Schließlich hat die Öffentlichkeit auch ein Interesse an der kritischen Auseinandersetzung der Presse damit, dass dieser hohe katholische Geistliche nach dem Krankenbesuch über Einzelheiten dieses Besuchs mit der Presse sprach.
Die in der Textpassage 1, der zweiten Hälfte der Textpassage 2 und der Textpassage 4 enthaltenen Äußerungen über den körperlichen Zustand des Klägers und Umstände seiner Genesung beeinträchtigen das Persönlichkeitsrecht des Klägers erheblich. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind die in diesen Textpassagen enthaltenen Informationen über den Kläger nicht nur von untergeordneter Bedeutung und ohne nennenswerte Aussagekraft für die Frage, wie es um die Gesundheit des Klägers steht. Zwar wären die Angaben, dass eine Person noch ihre typischen Gesichtszüge hat, nur ein wenig fülliger geworden ist (Textpassage 4) und ihre Hände bei einem Besuch warm waren (zweite Hälfte der Textpassage 2), bei einem gesunden Menschen bloße Nebensächlichkeiten und kaum berichtenswert; dies ist aber bei einer in der Öffentlichkeit überaus bekannten Person, deren konkretes Aussehen und konkreter gesundheitlicher Zustand seit einem mehrere Jahre zurückliegenden Skiunfall nur dem engen persönlichen Umfeld bekannt sind, anders. In diesem Fall sind auch solche begrenzten Einblicke geeignet, Erkenntnisse über den körperlichen Zustand des Klägers und den Verlauf seiner Genesung zu gewinnen. Dasselbe gilt, soweit die Beklagte in ihrer Berichterstattung mitteilt, dass der Kläger von einem Therapeuten ins Zimmer gebracht wurde (Textpassage 1). Diese Angabe macht für den Leser anschaulich, dass der Kläger motorische Einschränkungen hat und ihm bei dieser alltäglichen Verrichtung Hilfe zur Verfügung steht. Zudem vermittelt der Text, in dem der Zeitpunkt des Besuchs des Bischofs nicht erwähnt wird, den Eindruck, die Information über den Gesundheitszustand des Klägers sei zum Erscheinungsdatum des Artikels aktuell. Auch der der Beschreibung des Gesichts und der Statur des Klägers vorausgehende Satz „Ich saß ihm gegenüber, fasste ihn an beiden Händen und schaute ihn an“ stellt in dem Kontext, in dem er steht, einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers dar. Denn aus ihm ergibt sich, wie der Geistliche seine Erkenntnisse über den körperlichen Zustand des Klägers, über die er dem Artikel zufolge anschließend gegenüber der Presse „ausgepackt“ hat, gewonnen hat: Er hat ihn gezielt einer näheren Prüfung unterzogen. Der Kläger erscheint in diesem Zusammenhang wie ein Beobachtungsobjekt, das Erkenntnisse liefert, die anschließend der Öffentlichkeit preisgegeben werden.
Der geschilderte Gesundheitszustand des Klägers liegt – entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung – für den Leser auch nicht schon deshalb auf der Hand, weil die Familie des Klägers die mediale Schlussfolgerung, der Kläger sei ein Pflegefall, nicht dementiert habe. Mit der pauschalen Angabe, der Kläger sei ein Pflegefall, ist nicht die Vorstellung von einem spezifischen körperlichen Zustand oder konkreten körperlichen Einschränkungen verbunden. Die Artikel verfehlen – entgegen der in der Revisionsverhandlung geäußerten Ansicht der Beklagten – nicht ihren angekündigten Zweck, dem Leser neue Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Klägers zu liefern.
Die Einsichten, die die Berichterstattungen zum körperlichen Zustand des Klägers in den angeführten Textpassagen gewähren, machen seine Lage für den Leser deutlich; sie vermitteln den Eindruck, dass der Kläger sich in einem gebrechlichen und hilfebedürftigen Zustand befindet. Diese konkreten Angaben über den Gesundheitszustand des Klägers, die dem Leser sein Schicksal plastisch verdeutlichen, haben in der Öffentlichkeit nichts zu suchen. Daran ändern auch die oben angeführten Umstände, die ein erhebliches Informationsinteresse der Öffentlichkeit begründen, wie der hohe Bekanntheitsgrad des Klägers und die Tatsache, dass er durch einen öffentlich bekannt gewordenen Skiunfall in diese Lage geraten ist, nichts; das gilt auch, wenn man die in der Revisionsverhandlung wiederholte Argumentation der Beklagten berücksichtigt, dass die Familie des Klägers seit dem Unfall seine Bekanntheit durch öffentliche Veranstaltungen und Aktivitäten in den sozialen Medien aufrechterhalte, und das Informationsinteresse dadurch als zusätzlich erhöht ansieht.
Das Argument der Revisionserwiderung, der Kläger verhalte sich widersprüchlich, da er wegen dieser Textpassagen gegen sie, nicht aber gegen andere Medien und insbesondere die Ausgangsquelle vorgegangen sei, verhilft ihr nicht zum Erfolg.
Soweit die Revisionserwiderung anführt, der Kläger sei nicht gegen den Geistlichen wegen dessen Äußerungen gegenüber der Presse vorgegangen, ist zu berücksichtigen, dass nicht bereits die Äußerungen des Geistlichen selbst, sondern erst die Presseberichterstattungen darüber die beanstandeten Aussagen einem breiten Empfängerkreis bekanntgemacht haben.
Ohne Erfolg macht die Revisionserwiderung weiter geltend, der Kläger sei nicht gegen anderweitige Presseveröffentlichungen vorgegangen und nehme insbesondere die in der Berichterstattung der Beklagten erwähnten Veröffentlichungen der BILD-Zeitung und der Bunten hin. Es kann dahinstehen, ob dies zutrifft. Der Verweis auf das rechtswidrige Verhalten Dritter kann einen Störer grundsätzlich nicht entlasten. Die Tatsache, dass anderweitige Presseberichterstattungen mit den angegriffenen Textpassagen noch verfügbar sind und der Kläger gegen sie nicht vorgegangen ist, bedeutet nicht, dass er ihre Verbreitung billigt.
Der Umstand, dass eine – wahre – Tatsache bereits einer größeren Öffentlichkeit bekannt ist und deren Sicht auf die betroffene Person schon wesentlich mitprägt, ist allerdings geeignet, das Gewicht ihrer Weiterverbreitung gegenüber dem Ersteingriff erheblich zu mindern. Anders verhält es sich aber, wenn die angegriffene Verbreitung den Kreis der Rezipienten erheblich erweitert hat. Wie die Revisionserwiderung selbst anführt, sind die Berichterstattungen der Beklagten im Internet nur wenige Tage nach den Veröffentlichungen der BILD-Zeitung und der Bunten erschienen. Anhaltspunkte dafür, dass die beanstandeten Äußerungen dem Großteil der Leser der Beklagten bereits bekannt waren, sind weder festgestellt noch vorgetragen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass das Gewicht der Beeinträchtigung durch die Veröffentlichungen der Beklagten gegenüber dem Ersteingriff bereits so weit gemindert war, dass das öffentliche Informationsinteresse aus diesem Grund überwiegen würde.
Die erste Hälfte der Textpassage 2 und die Textpassage 3 sind hingegen nicht rechtswidrig. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass diese Aussagen die Privatsphäre des Klägers nur geringfügig beeinträchtigen und dass sein allgemeines Persönlichkeitsrecht das unter b) aa) dargelegte berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und das Recht der Beklagten auf Meinungsfreiheit nicht überwiegt.
Der Kläger hat die Berichterstattung der Beklagten auf www.maennersache.de, die diese Textpassagen enthält, insoweit nicht angegriffen, als die Beklagte über den Besuch des katholischen Geistlichen im Wohnhaus des Klägers überhaupt berichtet. Er wendet sich auch nicht dagegen, dass in dem Artikel mitgeteilt wird, der Kläger habe „2013 einen schweren Skiunfall“ erlitten, befinde sich „in der Rehabilitation“ und es handele sich beim Kläger um einen „Kranken“. Soweit sich der ersten Hälfte der Textpassage 2 und der Textpassage 3 daher die Information entnehmen lässt, dass der Geistliche den kranken Kläger zu Hause besuchte, durfte die Beklagte darüber berichten.
Informationen, die Rückschlüsse auf den konkreten Gesundheitszustand des Klägers zuließen, sind den genannten Textpassagen nicht zu entnehmen. Die Aussage, der Geistliche habe den Kläger begrüßt, beschreibt eine selbstverständliche Geste zu Beginn eines Besuchs. Die Angabe, der Geistliche habe am Ende des Besuchs dem Kranken ein Kreuzzeichen auf die Stirn gezeichnet und ihm sein Gebet versprochen, schildert nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die bei einem Krankenbesuch durch einen Geistlichen üblichen und zu erwartenden Gesten. Weder wird über die Reaktion des Klägers auf diese religiösen Gesten des Geistlichen berichtet, noch wird mitgeteilt, ob der Kläger eine eigene religiöse Handlung vorgenommen hat. Hinzu kommt, dass die Beklagte diese Informationen nicht auf rechtswidrige oder indiskrete Weise erlangt, sondern der Geistliche sie der Presse preisgegeben hat. Damit liegt eine nur unerhebliche Beeinträchtigung der Privatsphäre des Klägers vor, weshalb im Rahmen der Abwägung sein Persönlichkeitsrecht das erhebliche berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Berichterstattung nicht überwiegt.
Die für den Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog erforderliche Wiederholungsgefahr wird aufgrund der bereits erfolgten Rechtsverletzung vermutet. Diese Vermutung hat die Beklagte für die Textpassage 1, die zweite Hälfte der Textpassage 2 und die Textpassage 4 nicht entkräftet.