Rückwirkende Einführung einer körperschaftsteuerrechtlichen Regelung betreffend vororganschaftliche Mehrabführungen teilweise nichtig

17. März 2023 -

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 14. Dezember 2022 zum Aktenzeichen 2 BvL 7/13, 2 BvL 18/14 entschieden, dass § 34 Abs. 9 Nr. 4 in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz – EURLUmsG) vom 9. Dezember 2004 (in der Fassung des EURLUmsG) teilweise nichtig ist. Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG gelten Mehrabführungen, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit haben, als Gewinnausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger. Gemäß § 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG ist diese potenziell körperschaftsteuererhöhend wirkende Vorschrift erstmals für (vororganschaftliche) Mehrabführungen von Organgesellschaften anzuwenden, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31. Dezember 2003 endet. Die damit einhergehende unechte Rückwirkung ist mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes in bestimmten Fallgruppen unvereinbar.

Aus der Pressemitteilung des BVerfG Nr. 32/2023 vom 17.03.2023 ergibt sich:

Sachverhalt:

Die körperschaftsteuerrechtliche Organschaft dient der steuerlichen Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verflechtung verbundener Unternehmen. Die Voraussetzungen für die Einkommenszurechnung einer Organgesellschaft an den Organträger sind in § 14 KStG geregelt. Für die Begründung einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft ist danach insbesondere der Abschluss eines wirksamen Gewinnabführungsvertrags erforderlich, der auch als Ergebnisabführungsvertrag bezeichnet wird. Der Gewinnabführungsvertrag muss auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und während seiner gesamten Geltungsdauer tatsächlich durchgeführt werden. Eine vorzeitige Kündigung ist nur bei einem wichtigen Grund unschädlich; andernfalls wird das Organschaftsverhältnis steuerrechtlich von Anfang an nicht anerkannt. Die handelsrechtliche Gewinnabführungspflicht besteht unabhängig davon bis zur zivilrechtlich wirksamen Beendigung des Ergebnisabführungsvertrags fort.

Der handelsrechtlich an den Organträger abzuführende Gewinn ist nicht gleichbedeutend mit dem dem Organträger steuerlich zuzurechnenden Einkommen der Organgesellschaft, welches auf der Grundlage des Steuerbilanzgewinns ermittelt wird. Geht der handelsrechtlich abgeführte Gewinn über den Steuerbilanzgewinn hinaus, liegt eine sogenannte Mehrabführung vor. Zu unterschiedlichen Ansätzen in der Handels- und Steuerbilanz führt etwa die voneinander abweichende Aktivierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

Umstritten war, ob Mehrabführungen, deren Ursache vor Begründung der Organschaft liegt (sogenannte vororganschaftliche Mehrabführungen), als steuerneutrale Gewinnabführungen im Sinne der §§ 14 ff. KStG oder als Gewinnausschüttungen zu qualifizieren sind, die sowohl unter dem bis Ende des Jahres 2000 geltenden körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahren als auch unter dem Übergangsrecht zum Halbeinkünfteverfahren bis zum Veranlagungsjahr 2006 zu einer Körperschaftsteuererhöhung führen konnten. Mit Urteil vom 18. Dezember 2002 entschied der Bundesfinanzhof, dass vororganschaftliche Mehrabführungen – entgegen der damaligen Auffassung der Finanzverwaltung – keine Gewinnausschüttungen, sondern steuerneutrale Gewinnabführungen darstellten. Am 13. August 2004 leitete die Bundesregierung dem Bundesrat den Entwurf des Richtlinien-Umsetzungsgesetzes zu, mit welchem die frühere Verwaltungsauffassung gesetzlich festgeschrieben werden sollte. Dieses Gesetz mit § 14 Abs. 3 und § 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG trat am 16. Dezember 2004 in Kraft.

Die Klägerinnen der beiden Ausgangsverfahren, zwei ehemals gemeinnützige und bis Ende 1990 steuerbefreite Wohnungsbauunternehmen, waren in den Streitjahren 2004 bis 2006 Organgesellschaften einer Organschaft. In einem Fall bestand die Organschaft bereits seit 1991, im anderen Fall wurde der maßgebliche Gewinnabführungsvertrag erst im Oktober 2002 geschlossen. In beiden Fällen fielen vororganschaftliche Mehrabführungen an, die das Finanzamt als Gewinnausschüttungen behandelte, woraus eine höhere Festsetzung von Körperschaftsteuer resultierte. Nach erstinstanzlicher Abweisung der dagegen gerichteten Klagen setzte der Bundesfinanzhof das in beiden Verfahren angestrengte Revisionsverfahren aus und legte dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 34 Abs. 9 Nr. 4 in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) zur Entscheidung vor.

Wesentliche Erwägungen des Senats:

Außerhalb des Strafrechts beruht das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze auf den grundrechtlich geschützten Interessen der Betroffenen sowie den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG). Allgemeiner Vertrauensschutz ist nicht nur objektivrechtlich durch das Rechtsstaatsprinzip garantiert, sondern zugleich eine Dimension der subjektivrechtlichen Grundrechtsverbürgung.

Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung für vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll („Rückbewirkung von Rechtsfolgen“). Das ist verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Bei einer echten Rückwirkung hat der Vertrauensschutz regelmäßig Vorrang. Soweit belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden („tatbestandliche Rückanknüpfung“), liegt eine unechte Rückwirkung vor. Eine solche Rückwirkung ist nicht grundsätzlich unzulässig. Der Gesetzgeber muss aber dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss gewahrt sein; die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage sind abzuwägen.

Im Rahmen dieser Abwägung hängt das Gewicht des enttäuschten Vertrauens von dem Maß seiner Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit ab. Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz. Das Vertrauen in den Fortbestand des geltenden Rechts ist zudem nur in dem Maße schutzwürdig, in dem dieses eine geeignete Vertrauensgrundlage bildet. Bei einer unechten Rückwirkung kann die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in das geltende Recht schon dann gemindert sein, wenn eine Regelung auslegungsbedürftig ist und bei methodengerechter Auslegung verschiedene, in Wissenschaft oder Praxis vertretene Ergebnisse in Betracht kommen. Die Befugnis zur verbindlichen Auslegung des Rechts ist der rechtsprechenden Gewalt, insbesondere den obersten Gerichten vorbehalten. Solange eine Klärung des Inhalts einer auslegungsbedürftigen Norm durch die Rechtsprechung nicht erfolgt ist, kann der Einzelne bei Ausübung seiner Freiheitsgrundrechte nicht ohne Weiteres darauf vertrauen, dass sich gerade die für ihn günstige Auslegung in der Rechtsprechung als die „richtige“ erweisen und Bestand haben wird.

Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Vertrauens in die geltende Rechtslage werden, auch soweit diese eindeutig ist, herabgesetzt oder sogar zerstört, wenn sich eine Änderung der Rechtslage durch die Einbringung eines Gesetzentwurfs in den Bundestag oder in den Bundesrat und erst recht aufgrund des endgültigen Beschlusses des Bundestages konkret abzeichnet und der Einzelne deshalb bei der Ausübung seiner grundrechtlich geschützten Handlungsfreiheit die mögliche Änderung berücksichtigen kann.

Im Steuerrecht liegt eine echte Rückwirkung nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert. Für den Bereich des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts bedeutet dies, dass die Änderung von Normen mit Wirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum grundsätzlich der Kategorie der unechten Rückwirkung zuzuordnen ist. Auch wenn in diesen Fällen der Vertrauensschutz – anders als bei der echten Rückwirkung – nicht regelmäßig Vorrang hat, bedürfen die belastenden Wirkungen einer Enttäuschung schutzwürdigen Vertrauens im laufenden Veranlagungszeitraum stets einer hinreichenden Begründung nach den Maßstäben der Verhältnismäßigkeit.

Soweit eine Rechtsänderung mit unechter Rückwirkung für zukünftige Veranlagungszeiträume in Rede steht, ist für das Maß der Schutzwürdigkeit eines Vertrauens auf das alte Recht zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber im Einkommensteuerrecht und entsprechend im Körperschaftsteuerrecht Rechtsänderungen typischerweise veranlagungszeitraumbezogen vornimmt und der Steuerpflichtige dies in Rechnung stellen muss. Die Schutzwürdigkeit seines Vertrauens ist insoweit regelmäßig gemindert. Bei Dispositionen, deren Vollzug nicht mehr im laufenden Veranlagungszeitraum erfolgt oder wie etwa bei Dauerschuldverhältnissen mehr als einen Veranlagungszeitraum umfasst, ist der Steuerpflichtige grundsätzlich gehalten, selbst durch Vereinbarung entsprechender Anpassungsklauseln oder rechtsgeschäftlicher Möglichkeiten zur Vertragsbeendigung Vorsorge für den Fall einer für ihn nachteiligen Änderung des Steuerrechts zu tragen.

Im Einzelfall kann es allerdings beim Abschluss vertraglicher Vereinbarungen ein beiderseitiges und schützenswertes Interesse der Beteiligten an einem gewissen, den laufenden Veranlagungszeitraum überschreitenden zeitlichen Abstand zwischen der Vereinbarung und ihrem Vollzug geben. Das kommt insbesondere in Betracht, wenn die Beteiligten von Gesetzes wegen zu einer längerfristigen Disposition gezwungen sind.

Im Übrigen verlangt die Gewährleistungsfunktion des Rechts, dass die Steuerpflichtigen jedenfalls grundsätzlich auf die Geltung derjenigen Normen vertrauen dürfen, die zum Zeitpunkt der Verwirklichung des materiellen steuerrelevanten Tatbestandes in Kraft sind. Ist der materielle steuerrelevante Tatbestand – etwa der Mittelzu- oder -abfluss oder ein steuerrelevanter Wertzuwachs – unter der Geltung des alten Rechts vollständig verwirklicht beziehungsweise erfüllt und tritt lediglich die Rechtsfolge der Entstehung der Steuerschuld erst nach der Rechtsänderung ein, hat der steuerrelevante Sachverhalt bereits einen gesteigerten Grad an Abgeschlossenheit erreicht, der nach rechtsstaatlichen Grundsätzen Vertrauensschutz gebietet. Der Gesetzgeber bedarf daher besonderer Gründe, wenn er einen noch nach Maßgabe des alten Rechts, das heißt noch vor der Verkündung der Neuregelung, erwachsenen konkreten Vermögensbestand, wie er sich etwa aus dem Vollzug vertraglicher Vereinbarungen oder aus einem eingetretenen Wertzuwachs ergeben kann, durch tatbestandliche Rückanknüpfung (teilweise) entwertet.

Nach diesen Maßstäben verstößt § 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) teilweise gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes.

§ 34 Abs. 9 Nr. 4 in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) hat belastende Wirkung, die mit einer unechten Rückwirkung einhergeht.

Die durch § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) ausgelöste Rechtsfolge der auf den Schluss des Wirtschaftsjahres fingierten Gewinnausschüttung konnte – abhängig davon, welche Eigenkapitalteile dafür als verwendet galten – belastende Wirkung im Zusammenwirken mit den Regelungen des Übergangsregimes vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren entfalten. Dieses Übergangsrecht sah bis 2006 eine gewinnausschüttungsabhängige Realisierung des unter dem Anrechnungsverfahren gebildeten Körperschaftsteuerminderungspotenzials und des Körperschaftsteuererhöhungspotenzials vor. Soweit die Fiktion der Gewinnausschüttung nach § 14 Abs. 3 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) zu einer Realisierung des Körperschaftsteuererhöhungspotenzials und damit zu einer Körperschaftsteuererhöhung führte, die nicht durch eine gleichzeitig infolge der Fiktion eintretende Körperschaftsteuerminderung kompensiert wurde, hatte § 14 Abs. 3 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) für die Organgesellschaft belastende Wirkung.

§ 34 Abs. 9 Nr. 4 in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) wirkt mit der Anknüpfung an Mehrabführungen von Organgesellschaften, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31. Dezember 2003 endet, zwar formal in die Zukunft, weil die durch die Fiktion der Mehrabführung als Gewinnausschüttung unter Umständen ausgelöste Körperschaftsteuererhöhung erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums, also erstmals am 31. Dezember 2004, eintritt. Tatbestandlich werden die Rechtsfolgen aber von einem im Zeitpunkt der Verkündung bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst. Dafür kommt es nicht darauf an, ob der maßgebliche Sachverhalt in dem Abschluss des Ergebnisabführungsvertrags zu sehen ist oder in der die Mehrabführung begründenden „Ursache in vororganschaftlicher Zeit“. An beide Umstände knüpft die Fiktion von Mehr- beziehungsweise Minderabführungen am Ende des Wirtschaftsjahres durch § 14 Abs. 3 Satz 3 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) und deren Behandlung als Gewinnausschüttung gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) an. Beide Umstände sind vor Inkrafttreten der Norm verwirklicht.

Die unechte Rückwirkung ist mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes unvereinbar, soweit sie Mehrabführungen einer Organgesellschaft an ihren Organträger erfasst, die vor dem 1. Januar 2007 aufgrund eines Ergebnisabführungsvertrags erfolgen, der in der Zeit zwischen der Veröffentlichung des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 18. Dezember 2002 am 5. März 2003 und dem 13. August 2004 geschlossen worden ist. In dem genannten Zeitraum durften die Vertragspartner aufgrund des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 18. Dezember 2002, mit dem die Steuerpflichtigen die Rechtslage als endgültig geklärt betrachten konnten, darauf vertrauen, dass vororganschaftliche Mehrabführungen steuerneutrale Gewinnabführungen im Sinne der §§ 14 ff. KStG darstellten. Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in diese Rechtslage wurde erst durch die Einbringung der Neuregelung in den Bundesrat am 13. August 2004 gemindert. Soweit der Ergebnisabführungsvertrag vor diesem Zeitpunkt geschlossen worden ist, verdient das Vertrauen wegen der gesetzlich bestimmten fünfjährigen Mindestdauer einer Organschaft Schutz über den bei Vertragsschluss laufenden Veranlagungszeitraum hinaus bis zum Ablauf des Jahres 2006.

Die Enttäuschung dieses Vertrauens durch die rückwirkende Einführung von § 14 Abs. 3 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) ist nicht durch überwiegende Interessen der Allgemeinheit gerechtfertigt. Die in der Gesetzesbegründung angegebenen Ziele – die gesetzliche Festschreibung der früheren Verwaltungsauffassung und klarere Abgrenzung der Sonderbestimmungen der Organschaft von den allgemeinen Bestimmungen des Halbeinkünfteverfahrens – begründen lediglich ein Änderungsinteresse des Gesetzgebers für die Zukunft. Dies gilt ebenso für das vom Bundesministerium der Finanzen angeführte Ziel der Behebung einer ansonsten eintretenden Systemwidrigkeit im Regime des Körperschaftsteuergesetzes. Auch unter fiskalischen Gesichtspunkten begründet das Bedürfnis des Gesetzgebers nach Korrektur der Rechtsprechung hier nur einen allgemeinen Änderungsbedarf, der für sich genommen noch nicht die tatbestandliche Rückanknüpfung legitimiert.

Die unechte Rückwirkung ist ferner mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht vereinbar, soweit sie Mehrabführungen einer Organgesellschaft an ihren Organträger erfasst, die aufgrund eines vor dem 5. März 2003 geschlossenen Ergebnisabführungsvertrags auf den Schluss eines im Laufe des Jahres 2004 endenden Wirtschaftsjahres erfolgen, wenn der Vertrag nach dem 5. März 2003 eine ordentliche Kündigung spätestens zum 31. Dezember 2003 zugelassen hätte, und die auf den Schluss des ersten im Jahr 2005 endenden Wirtschaftsjahres erfolgen, wenn der Vertrag eine ordentliche Kündigung spätestens zum 31. Dezember 2004 zugelassen hätte.

In diesen Fällen konnten zwar die Beteiligten bei Abschluss des Ergebnisabführungsvertrags nicht auf eine im Sinne der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 18. Dezember 2002 geklärte Rechtslage vertrauen. Ihr Vertrauen darauf ist aber schutzwürdig, wenn sie im Jahr 2003 beziehungsweise 2004 eine dann gegebene Möglichkeit der ordentlichen Kündigung im Hinblick auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs verstreichen ließen. Darin liegt eine neue steuerrelevante Disposition, bei der die Steuerpflichtigen wegen der Tragweite der – nicht ohne Zustimmung des Vertragspartners rückgängig zu machenden – Entscheidung über die Beendigung eines Ergebnisabführungsvertrags bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss durch den Bundestag auf das geltende Recht vertrauen durften. Von den Steuerpflichtigen kann zudem nicht erwartet werden, dass sie bei Vertragsschluss ein Recht zur ordentlichen Kündigung mit einer kürzeren Frist als drei Monate zum Ende des Wirtschaftsjahres vereinbaren, so dass sie im Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses am 28. Oktober 2004 die belastende Wirkung von § 14 Abs. 3 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) in den Veranlagungszeiträumen 2004 und 2005 nicht mehr verhindern konnten.

Auch in diesen Fällen sind hinreichend gewichtige Gründe, die die rückwirkende Neuregelung für die Steuerpflichtigen bei Abwägung mit ihrem dadurch enttäuschten Vertrauen zumutbar erscheinen lassen, nicht erkennbar.

In allen übrigen Fällen, das heißt bei Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrags vor dem 5. März 2003, der danach weder zum 31. Dezember 2003 noch zum 31. Dezember 2004 gekündigt werden konnte, sowie bei Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrags nach dem 13. August 2004, besteht schutzwürdiges Vertrauen allein unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistungsfunktion der Rechtsordnung. Diese greift für Mehrabführungen ein, die sich auf den Schluss eines nach dem 31. Dezember 2003, aber spätestens am 15. Dezember 2004 (Zeitpunkt der Verkündung der Neuregelung) endenden Wirtschaftsjahres ergeben. Im Übrigen überwiegt bei einer Gesamtabwägung das berechtigte Änderungsinteresse des Gesetzgebers.

Soweit § 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) gegen Art. 20 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG verstößt, führt dies vorliegend zur teilweisen Nichtigerklärung. Soweit § 14 Abs. 3 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) in den oben dargestellten Fallgruppen für ab dem 1. Januar 2005 erfolgende Mehrabführungen über § 34 Abs. 1 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) zur Anwendung gelangt, ist die Nichtigkeitsfolge – zumindest aus Gründen der Rechtsklarheit – auch auf § 34 Abs. 1 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) zu erstrecken.