Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 26.02.2019 zum Aktenzeichen VI ZR 272/18 entschieden, dass eine Tante es ihrer Nichte verbieten kann auf dem Grab des Opa’s, also des Vaters der Tante, Gegenstände auf dem Grab abzulegen.
Der im Jahr 2014 verstorbene Vater der Tante ist auf einem Friedhof in einer Baumgrabstätte bestattet. Solche Baumgrabstätten sind kreisförmig um einen Baum angeordnet und jeweils durch eine Gedenktafel gekennzeichnet. Die Fläche, auf dem sich der Baum und die Gedenktafeln befinden, ist einheitlich bepflanzt und wird durch einen zweireihigen Kreis von Pflastersteinen eingefasst.
Die von der Gemeinde als Satzung beschlossene Friedhofsordnung enthält unter anderem folgende Vorschrift:
„§ 28 Baumgrabstätten
[…]
(6) Das Ablegen von Grabschmuck bzw. anderen Gegenständen auf der Grabstätte ist nicht gestattet.
(7) Die Anlage und Pflege der Grabstätte obliegt ausschließlich der Gemeinde. […]“
An den Baumgrabstätten ist ein Schild aufgestellt, auf dem sich folgende Hinweise befinden:
„Verehrte Nutzungsberechtigte und Besucher der Baumgrabstätten Mit der Wahl eines Bestattungsplatzes in einer Gemeinschafts-Anlage wird bewusst auf individuelle Grabgestaltung verzichtet. Im Sinne einheitlicher Gestaltung der Baumgrabanlagen weisen wir daher nochmals auf folgende Regeln, von der Gemeinde […] verbindlich festgelegt, hin.
– Das Ablegen von Blumen und Gestecken, Ornamenten, Kerzen usw. innerhalb der bepflanzten Grabanlagen ist nicht gestattet.
– Geeignete Blumengebinde und Gestecke dürfen nur auf der dafür vorgesehenen gepflasterten Fläche vor der jeweiligen Grabstätte abgelegt werden.
– Kunststoffblumen, Gegenstände aus Plastik oder Glas dürfen nicht abgestellt werden.
Wir bitten um Verständnis, dass Grabschmuck innerhalb der Grab-Anlagen sowie ungeeignete Gegenstände vom Friedhofspersonal beseitigt werden.
[…]“
Die Nichte stellte im Jahr 2016 Strafanzeige wegen Diebstahls gegen die Tante, weil diese von ihr an der Grabstätte abgelegte Gegenstände entfernt habe. Dabei erklärte die Nichte unter Vorlage von Lichtbildern, dass sie auf der einheitlich bepflanzten Fläche an der Gedenktafel und auf der gepflasterten Fläche davor zwei Topfschalen, eine Steckvase, dreizehn Messingrosen, zwei Topfpflanzen, hochwertige Kunststoffblumen, ein rotes Holzherz, zwei weiße Herzen, fünf Keramikübertöpfe, ein Weihnachtsherz, eine Laterne und drei Dekorationsengel abgelegt habe. Durch ein Rechtsanwaltsschreiben forderte die Tante die Nichte auf, von ihr auf dem Grab abgestellte Gegenstände zu entfernen, das Abstellen zukünftig zu unterlassen und eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben sowie die durch die Inanspruchnahme des Rechtsanwalts verursachten Kosten zu begleichen.
Die auf Unterlassung der Ablage von Gegenständen jeglicher Art auf dem Baumgrab und Zahlung von 490,22 € Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen gerichtete Klage hat das Amtsgericht abgewiesen. Auf die Berufung der Tante hat das Landgericht die Nichte verurteilt, es zu unterlassen, auf dem Baumgrab auf dem Friedhof […], Grabbezeichnung: […] Grabnummer: […], Gegenstände oder Blumengebinde oder andere Gegenstände auf dem Grab oder auf der gepflasterten Fläche in Breite des Grabes vor dem Grab abzulegen, die gegen die Friedhofssatzung und Bestimmungen der Gemeinde verstoßen, außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 334,75 € nebst Zinsen zu zahlen, sowie die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Nichte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Die Bundesrichter gaben nun der Tante Recht.
Bei der Ermittlung des für die Wahrnehmung der Totenfürsorge maßgebenden Willens des Verstorbenen kommt es nicht nur auf dessen ausdrückliche Willensbekundungen, etwa in einer letztwilligen Verfügung, an. Es genügt, wenn der Wille aus den Umständen mit Sicherheit geschlossen werden kann.
Nach diesen Grundsätzen haben die Richter die Tante zu Recht als totenfürsorgeberechtigt erachtet. Beide Eltern hatten die Tante darum gebeten, sich um die Auswahl und Pflege einer Grabstätte für diese zu kümmern.