Das Arbeitsgericht Dresden hat mit Beschluss vom 31.01.2023 – 1 Ca 1034/18 in einem von Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach LL.M. der Kölner Schwerpunktkanzlei JURA.CC vertretenen Fall entschieden, dass der Beschwerdegegner die Kosten des Beschwerdeverfahrens in einem Kostenfestsetzungsverfahren tragen muss, auch wenn der Fehler auf Seiten des Gerichts liegt und sich der Beschwerdegegner nicht gegen die Beschwer wandte.
Das Arbeitsgericht Dresden hatte zunächst eine Kostengrundentscheidung bei der Abhilfeentscheidung vergessen.
Im Beschwerdeverfahren ist zwingend eine Kostengrundentscheidung zu treffen.
Wird einer sofortigen Beschwerde vollständig abgeholfen, hat der Abhilfebeschluss grundsätzlich eine Kostenentscheidung zu enthalten, vgl. BeckOK ZPO/Wulf, 1.9.2020, ZPO § 572 Rn. 9.
Dies gilt auch bei der Abhilfe einer sofortigen Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss, vgl. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 12. September 2002 – 4 W 54/02; LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 11.01.2021 – 2-14 O 145/20; Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 104 ZPO, Rn. 21.3
Allerdings wird vertreten, eine Kostenentscheidung im Abhilfeverfahren habe zu unterbleiben, wenn der mit der sofortigen Beschwerde angegriffene Fehler in der Sphäre des Gerichts – etwa in einem Berechnungsfehler – liege, mithin von den Parteien nicht beeinflussbar sei, und sich die Gegenseite zur sofortigen Beschwerde nicht verhalte; OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 3. 8. 1999 – 1 WF 143/99 Musielak/Voit/Flockenhaus, ZPO § 104 Rn. 32; ablehnend BeckOK ZPO/Jaspersen, ZPO § 104 Rn. 80a
Bei einem von keinen der Parteien beeinflussten Fehler des Gerichts fehle es an einem Gegner im Beschwerdeverfahren, wenn diejenige Partei, zu deren Lasten der Kostenfestsetzungsbeschluss abgeändert werde, nicht widerspreche.
Bei dem Beschwerdeverfahren handelt es sich um ein Verfahren, dass zum Rechtsstreit gehört.
Beim Kostenfestsetzungsverfahren handelt es sich um ein kontradiktorisches Verfahren, vgl. BGH, Beschl. v. 22.10.2013 – II ZB 4/13, NJW-RR 2014, 186, 188, Tz. 21.
Vor diesem Hintergrund scheint die Überlegung, es fehle an einem Gegner im Beschwerdeverfahren, wenn die Gegenseite nicht reagiere, eher zweifelhaft, vgl. KG, Beschl. v. 29.7.2003 – 1 W 291/03, KGR Berlin 2004, 69.
Denn die Parteistellung in einem kontradiktorischen Verfahren ist nicht dadurch bedingt, dass sich die Partei im Verfahren äußert.
Zudem hängt in kontradiktorischen Rechtsbehelfsverfahren die Kostentragungspflicht des Rechtsbehelfsgegners nicht davon ab, dass die Fehlerhaftigkeit der angegriffenen Ausgangsentscheidung vom Rechtsbehelfsgegner – durch Vortrag oder sonstiges Verhalten – kausal verursacht wurde.
Deshalb hatte das Arbeitsgericht die Kostengrundentscheidung nachzuholen und tat dies nach § 321 ZPO analog im Wege der Beschlussergänzung.
Der Beschwerdegegner hat eingewendet, dass die fehlerhafte Entscheidung durch das Arbeitsgericht verursacht wurde und deshalb die Kosten gemäß §§ 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 93 ZPO analog gegeneinander aufzuheben sind, vgl. LG Bielefeld, Beschluss vom 07.06.2017 – 3 O 27/16.
Mit einer Aufhebung der Kosten gegeneinander besteht von Seiten des Beschwerdeführers selbstverständlich kein Einverständnis, weil der Beschwerdeführer nicht unterlegen ist – auch nicht teilweise.
Der Beschwerdeführer begehrte die Kostend es Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdegegner nach § 91 ZPO als unterlegene Partei aufzuerlegen.
Das Oberlandesgericht Celle führt in seinem Urteil vom 23.12.2008 – 2 W 277/08 aus:
Wird einer sofortigen Beschwerde im Kostenfestsetzungsverfahren in vollem Umfang durch den Rechtspfleger abgeholfen, hat dieser auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 572 Rdz. 15), wobei die Kostenentscheidung den §§ 91 f. ZPO zu folgen hat (vgl. Zöller/Heßler, a. a. O., § 567 Rdz. 51). Dem gemäß hat bei einer erfolgreichen Beschwerde eine Kostenentscheidung auf der Grundlage von § 91 ZPO zu erfolgen (vgl. Zöller/Heßler, a. a. O.).
Denn § 91 ZPO knüpft ohne Rücksicht auf ein etwaiges Verschulden der Partei ausschließlich an das Unterliegen der Partei an (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 91 Rdz. 19.
Zöller/Herget, a. a. O., § 91 Rdz. 3).
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren auch nicht in entsprechender Anwendung von § 93 ZPO der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Es ist bereits umstritten, ob § 93 ZPO im Kostenfestsetzungsverfahren überhaupt anwendbar ist (verneinend Musielak/Wolst, ZPO, 6. Aufl., § 93 Rdz. 1. bejahend Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a. a. O., § 104 Rdz. 20). Insoweit bedarf es jedoch keiner abschließenden Entscheidung, weil § 93 ZPO allenfalls zu Gunsten des Schuldners eines prozessualen Kostenerstattungsanspruches, also des Erstattungspflichtigen, Anwendung finden kann (vgl. KG Berlin, KGR 2004, 69 f. zitiert nach JURIS Rdz. 4, das die analoge Anwendung zu Gunsten des Erstattungspflichtigen prüft).
Gem. § 93 ZPO fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt. § 93 ZPO gilt mithin nur zu Gunsten des Schuldners eines prozessualen Anspruches. An einer rechtlich vergleichbaren Konstellation fehlt es vorliegend aber. Der Antragsteller ist nicht Schuldner eines prozessualen Anspruchs, sondern Erstattungsberechtigter, der lediglich einräumt, dass die seitens der Beklagten (Erstattungspflichtige) erhobene sofortige Beschwerde begründet sei. Darin liegt indes kein Anerkenntnis eines (prozessualen) Anspruchs des Antragstellers im Rechtssinne.
Eine reziproke Anwendung des § 93 ZPO auf den Antragsteller kommt hingegen nicht in Betracht. Der Senat teilt die herrschende Auffassung, wonach § 93 ZPO nicht auf einen Kläger entsprechend anwendbar ist (vgl. MüKo/Giebel, ZPO, 3. Auflage, § 93 Rdz. 4. Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Auflage, § 93 Rdz. 3. SteinJonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 93 Rdz. 1).
Denn § 93 ZPO ist eine Vorschrift, die sich eindeutig auf das Anerkenntnisverfahren bezieht und der Ausnahmecharakter zukommt (vgl. BGH JZ 1994, 1009, 1010. Musielak/Wolst, a. a. O., § 93 Rdz. 21). Auf Fälle des Klageverzichts oder der Klagerücknahme ist diese Vorschrift daher nicht anwendbar (vgl. BGH, a. a. O.). Für den vorliegenden Fall kann nichts anderes gelten.
Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller durch seine Bitte im Kostenfestsetzungsantrag, vom Kläger verauslagte oder zu tragende Gerichtskosten hinzuzusetzen eine unzutreffende Entscheidung der Rechtspflegerin veranlasst hat oder nicht.
Zwar kommt ein Absehen von einer Kostenentscheidung nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt darüber hinaus auch dann in Betracht, wenn ausschließlich ein Rechenfehler des Gerichts vorliegt, nicht aber die Berechtigung einer Erstattungsposition im Streit steht (vgl. OLG Frankfurt NJWRR 2000, 362). Da aber auch dieser Sonderfall vorliegend nicht gegeben ist, erübrigt sich eine abschließende Entscheidung, ob dieser Rechtsprechung tatsächlich zu folgen ist (bejahend MüKo/Giebel, a. a. O., § 104 Rdz. 106).
Das Amtsgericht Bünde führt in seinem Beschluss vom 20.11.2020 – 5 C 344/19 aus:
Da es sich bei dem Erinnerungsverfahren um ein kontradiktorisches Verfahren handelt, ergibt sich die Kostenfolge aus den §§ 91 ff. ZPO und damit nach dem Obsiegen und Unterliegen (vgl. Zöller, ZPO, 33. Auflage, § 766 Rn. 34). Gemessen an diesem Grundsatz fallen die Kosten einer erfolgreich eingelegten Erinnerung gemäß § 91 Abs. 1 ZPO ohne Rücksicht auf ein etwaiges Verschulden der Partei grundsätzlich dem Erinnerungsgegner zur Last (vgl. Zöller, a.a.O.; OLG Celle, Beschluss vom 23.12.2008, Az.: 2 W 277/08).
Die seitens des Landgerichts Bielefeld in der Entscheidung vom 07.06.2017 (Az.: 3 O 27/16) vertretene Auffassung, die Kosten des Erinnerungsverfahrens seien in analoger Anwendung des § 93 ZPO gegeneinander aufzuheben, wenn der Erinnerungsgegner der eingelegten Erinnerung nicht entgegentritt, vermag das zur hiesigen Entscheidung berufene Gericht weder nachzuvollziehen noch zu teilen. Vielmehr fehlt es – mit der durch das OLG Celle in seiner Entscheidung zutreffenden Begründung – an einer rechtlich vergleichbaren Konstellation. Gemäß § 93 ZPO fallen dem Kläger die Prozesskosten nämlich nur dann zur Last, wenn der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt. § 93 ZPO gilt mithin nur zugunsten des Schuldners eines prozessualen Anspruches. Dies ist hier indes nicht der Fall. Der Erinnerungsgegner/Kläger räumt lediglich ein, dass die seitens der Erinnerungsführerin/Beklagten eingelegte Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss begründet ist. Ein Anerkenntnis eines (prozessualen) Anspruches liegt darin allerdings nicht (vgl. OLG Celle, a.a.O). Darüber hinaus sieht § 93 ZPO – anders als vom Landgericht Bielefeld offenbar angenommen – eine Kostenaufhebung nicht vor.
Das Landgericht Frankfurt führt in seinem Beschluss vom 11.01.2021 – 2-14 045/20 aus:
Auch sind §§ 92 Abs. 1 Satz 1 1.Alt., 93 ZPO nicht mit der Folge analog anzuwenden, dass Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattungsfähig wären (so aber LG Halle, Beschl. v. 25.1.2000 – 14 T 562/99, MDR 2000, 480; dem folgend LG Bielefeld, Beschl. v. 7.6.2017 – 3 O 27/16, BeckRS 2017, 134124).
Der Erwägung einer analogen Anwendung des § 93 ZPO liegt der Gedanke zugrunde, dass den Anlass zur Beschwerde nicht das Verhalten des Antragsgegners, sondern allein das Fehlverhalten des Gerichts gesetzt habe. Ein ausdrückliches Anerkenntnis sei entbehrlich, da auch ein ausdrücklich erklärtes Anerkenntnis keine anderen Folgen als Schweigen habe (LG Halle, a. a.O.). Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 93 ZPO sind in einer Konstellation wie der vorliegenden nicht gegeben.
Die Bestimmung des § 93 ZPO durchbricht den Grundsatz des § 91 ZPO aus Billigkeitsgründen. Sie ist Ausprägung des das Kostenrecht beherrschenden Veranlasserprinzips. Der Kläger ist Veranlasser der Kosten, wenn er Klage erhebt, obgleich der Beklagte vorprozessual kein Klageanlass gegeben hat und ein sofortiges Anerkenntnis erklärt. Die Kosten sind in einem solchen Fall als vom Kläger veranlasst diesem zuzurechnen (vgl. MüKoZPO/Schulz, 6. Aufl. 2020 Rn. 1, ZPO § 93 Rn. 1). Wer m. a. W. ohne Anlass zu Gericht geht, hat die Kosten zu tragen (Hüßtege, in Thomas/Putzo, ZPO, 41. Aufl. 2020, § 93 Rn. 1). § 93 ZPO dient damit auch dem Schutz des Beklagten vor übereilten Klagen und der Vermeidung unnötiger Prozesse (BGH, Beschl. v. 30. 5. 2006 – VI ZB 64/05, NJW 2006, 2490, 2491, Tz. 19; siehe auch Musielak/Voit/Flockenhaus, 17. Aufl. 2020, ZPO, § 93 Rn. 1).
Die Regelung des § 93 ZPO basiert auf der Prämisse, dass der Kläger keinen Anlass zur Klage hat, wenn der Beklagte ihm keinen Anlass zur Klage gibt bzw. dass der Kläger Anlass zur Klage hat, wenn der Beklagte ihm diesen Anlass gibt. Dass der Grundsatz des § 91 ZPO aus Billigkeitsgründen auch zu durchbrechen ist, wenn diese Parallelität nicht vorliegt, lässt sich § 93 ZPO nicht entnehmen. § 93 ZPO ist deshalb auf Konstellationen wie die vorliegende, in welcher die Beklagte Anlass zur Einlegung des Rechtsbehelfs zwecks Korrektur des inhaltlich unzutreffenden Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 18. September 2020 hatte, der Kläger ihr aber diesen Anlass nicht gegeben hatte, nicht analog anzuwenden.
Dem korrespondiert, dass der Normzweck des § 93 ZPO in der vorliegenden Konstellation nicht trägt. Denn der Beklagten blieb zur Korrektur des inhaltlich unzutreffenden Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 18. September 2020 nur die sofortige Beschwerde. Weder war der Kläger vor einer „übereilten“ sofortigen Beschwerde zu schützen, noch war die sofortige Beschwerde ein unnötiges Verfahren. Sie wäre es selbst dann nicht gewesen, wenn der Kläger im sofortigen Beschwerdeverfahren sein Einverständnis mit der Abhilfeentscheidung erklärt hätte.
Eine Niederschlagung von außergerichtlichen Kosten nach § 21 GKG ist nicht möglich. Insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen im Nichtabhilfebeschluss vom 17. November 2020 verwiesen.
Das Arbeitsgericht Dresden ist der Auffassung von Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach LL.M. gefolgt und hat dem Beschwerdegegner nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO die Kosten auferlegt.
§ 93 ZPO soll im Klageverfahren den Beklagten vor der Kostentragung in einem übereilten oder unnötigen Verfahren schützen, wenn der geltend gemachte Anspruch sofort anerkannt wird. Das hiesige Beschwerdeverfahren war kein übereiltes oder unnötiges Verfahren, da es notwendig war, um die fehlerhafte Entscheidung des Gerichtes abändern zu können. Hierzu wird im Übrigen auf die Ausführungen des Landgerichtes Frankfurt im Beschluss vom 11.01.2021 – 2-14 O 145/20 verwiesen. § 93 ZPO kann somit keine analoge Anwendung im Beschwerdeverfahren finden.
Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen. Unterliegende Partei im Beschwerdeverfahren ist der Revisionsbeklagte, da er auf-grund der Abhilfeentscheidung einen höheren Betrag an Kosten gem. § 104 ZPO an den Revisionskläger zu erstatten hat. Bei der Anwendung von § 91 ZPO ist nicht auf ein etwaiges Verschulden der Parteien abzustellen (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Aufl.). Diese Ansicht wird auch vom OLG Celle im Beschluss vom 23. Dezember 2008 – 2 W 277/08 vertreten.