Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat mit Beschluss von 14.11.2022 zum Aktenzeichen 15 B 893/22 die Stadt Hilchenbach dazu verpflichtet, den Artikel „Petition übergeben – Kein Platz in Hilchenbach für Rechtsextremismus“ von der städtischen Internetseite zu entfernen. Die Beschwerde der Partei „Der Dritte Weg“ gegen den ablehnenden Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts Arnsberg hatte damit teilweise Erfolg.
Aus der Pressemitteilung des OVG NRW vom 14.11.2022 ergibt sich:
Am 5. April 2022 veröffentlichte die Stadt einen Artikel auf ihrer Internetseite, in dem beschrieben wurde, dass ein Hilchenbacher Bürger eine Online-Petition „gegen das Büro einer rechtsextremen Partei in der Hilchenbacher Stadtmitte gestartet“ habe. Der „Dritte Weg“ habe dort ein Gebäude angemietet und wolle dieses kaufen. Der Initiator der Petition habe (am Tag der Veröffentlichung des Artikels) eine Unterschriftensammlung an den Bürgermeister der Stadt übergeben, der die Sammlung „mit großer Anerkennung“ entgegengenommen habe. Der Bürgermeister sei „sehr beeindruckt von dieser Petition und den mittlerweile rund 5.000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern“. Er äußerte sich in dem Artikel dahingehend, dass „unsere Stadt […] keinen Platz für Rassismus und Intoleranz“ habe. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass die Stadt „alle rechtsstaatlichen Möglichkeiten ausschöpfen“ werde, „um das Vorkaufsrecht für das Gebäude auszuüben, wenn der Rat der Stadt Hilchenbach in seiner Sitzung am 6. April einen entsprechenden Beschluss fasst“.
Den Eilantrag der Partei, mit dem sie sich unter anderem gegen die Veröffentlichung des Artikels auf der städtischen Internetseite wandte, lehnte das Verwaltungsgericht Arnsberg ab. Die Beschwerde des „Dritten Wegs“ hatte insoweit Erfolg. Zur Begründung hat der 15. Senat des Oberverwaltungsgerichts ausgeführt: Die in dem Artikel wiedergegebenen Äußerungen des Bürgermeisters greifen in das grundgesetzlich geschützte Recht der Partei auf Chancengleichheit ein. Die Begründung der von ihm in Bezug genommenen Petition verlautbart ein eindeutig negatives Werturteil über den „Dritten Weg“, verbunden mit der Zielsetzung, die Aktivitäten der Partei im Stadtgebiet zu erschweren bzw. zu verhindern. Es ist dem Bürgermeister selbstredend nicht verwehrt, sich als Amtsinhaber für Demokratie, Toleranz und Rechtsstaatlichkeit einzusetzen. Seine Äußerungen sind aber in der Gesamtschau dahingehend zu verstehen, dass er die Petition und deren explizit gegen die Partei gerichtetes Anliegen jedenfalls im Grundsatz befürwortet und unterstützt. Die so zum Ausdruck gebrachte Unterstützung des Bürgermeisters für das Bestreben, ein Bürgerbüro der Partei in der Stadt zu verhindern, ist geeignet, deren Position im politischen Meinungskampf zu beeinträchtigen. Der Bürgermeister hat damit die rechtlichen Grenzen des Neutralitätsgebots überschritten, das zu beachten ist, obwohl der „Dritte Weg“ nach den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes Nordrhein-Westfalen ein rechtsextremistisches Staats- und Gesellschaftsbild propagiert und sich inhaltlich wie stilistisch weitgehend in die Tradition der Nationalsozialisten stellt. Trotz allem ist der „Dritte Weg“ vom Bundesverfassungsgericht nicht verboten, weshalb sich die Partei auf die durch das Grundgesetz gewährleistete Chancengleichheit und damit das Neutralitätsgebot für Amtsträger berufen kann.
Die weitergehende Beschwerde des „Dritten Wegs“ hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen und dazu ausgeführt: Die Partei hat keinen Anspruch auf Unterlassung einer anderweitigen Verbreitung des Artikels. Es besteht keine Gefahr einer Wiederholung des rechtswidrigen Eingriffs, weil die zugrunde liegende Unterschriftenübergabe ein einmaliger Vorgang war und das Anliegen der Petition nunmehr bereits durch die Geltendmachung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts erfüllt ist. Der „Dritte Weg“ kann auch nicht beanspruchen, dass die Stadt eine Direktverlinkung auf die Petition unterlässt, weil es insoweit ebenfalls an einer Wiederholungsgefahr fehlt. Letzteres gilt gleichermaßen für den weiter geltend gemachten Anspruch darauf, dass der Bürgermeister es zukünftig unterlässt, sich in Bezug auf die Online-Petition erneut in einer bestimmten Weise zu äußern.
Der Beschluss ist unanfechtbar.