Das Landgericht Koblenz hat mit Urteil vom 31.08.2022 zum Aktenzeichen 4 O 101/22 entschieden, ob ein Reiseveranstalter Gutscheincodes einlösen muss, die ein Betrüger bei ihm erschlichen und dann an ahnungslose Personen weiterverkauft hat.
Aus der Entscheidung des Monats Oktober 2022 ergibt sich:
Zum Sachverhalt:
Die Kläger kauften über ein Kleinanzeigenportal im Internet von einer unbekannten Person insgesamt 77 Reisegutscheine im Wert von insgesamt 11.673,– €. Nach Bezahlung schickte ihnen der Verkäufer von der Beklagten ausgegebene Gutscheincodes zu, die über eine Internetplattform der Beklagten eingelöst werden sollten.
Der Verkäufer hatte sich die Gutscheincodes aber selbst erschlichen. Er hatte nämlich beim Kauf gegenüber der Beklagten die Namen und Kontonummern nichtsahnender Dritter angegeben. Die Beklagte hatte die Gutscheincodes sofort herausgegeben und die Kaufpreise von den Konten eingezogen. Als die Kontoinhaber dem Geldeinzug widersprachen, sperrte die Beklagte die Gutscheincodes. Für die Kläger, die die Codes inzwischen gekauft hatten, wurden sie dadurch wertlos.
Die Kläger verlangten nun von der Beklagten, ihnen die gesperrten Gutscheine wieder zur Verfügung zu stellen. Sie meinten, die Beklagte habe die Betrugsmasche, der die Kläger zum Opfer gefallen seien, gekannt. Da sie trotzdem an dem Online-Vertrieb mit Lastschriftverfahren festgehalten habe, sei sie auch für den Schaden verantwortlich.
Die Beklagte lehnte das ab. Sie sah bei sich keine Verantwortung für das betrügerische Verhalten des unbekannten Täters.
Die Entscheidung:
Das Gericht hat die Klage abgewiesen.
Eine Verpflichtung – so das Gericht – treffe die Beklagte gegenüber den Klägern nicht. Der unbekannt gebliebene Täter habe nämlich keinen vertraglichen Anspruch gegenüber der Beklagten erworben, den er an die Kläger hätte weitergeben können. Weil der Betrüger gegenüber der Beklagten unter falschem Namen und mit einer ihm nicht zustehenden Kontoverbindung aufgetreten sei, habe ein Vertrag nicht wirksam zustande kommen können. Er habe daher gar kein Anrecht gehabt, das er an die Kläger wirksam hätte verkaufen können. Zwischen den Klägern und der Beklagten gebe es also keinerlei vertragliche Verpflichtungen, gegen die die Beklagte verstoßen haben könnte.
Das Gericht erklärte weiter, für die Betrügereien des unbekannten Täters sei die Beklagte nicht verantwortlich. Denn sie habe ja nicht mit dem Täter zusammengearbeitet und sei sogar selbst Opfer geworden. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet, auf das Lastschriftverfahren zu verzichten, nur weil dies von anderen ausgenutzt werden könne.
Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch:
§ 177 Vertragsschluss durch Vertreter ohne Vertretungsmacht
(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab.
(2) …
§ 823 Schadensersatzpflicht
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Auszug aus dem Strafgesetzbuch:
§ 263 Betrug
(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) …