Das Verfahren wegen des Autobahnrasers, der im Juli 2021 die Bundesautobahn 2 in Sachsen-Anhalt mit bis zu 417 km/h befuhr, bleibt eingestellt.
Aus der Pressemitteilung des GStA Nr. 03/2022 vom 15.08.2022 ergibt sich:
Die Staatsanwaltschaft Stendal hatte das gegen einen tschechischen Staatsbürger gerichtete Ermittlungsverfahren mit Verfügung vom 8.6.2022 mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Dem Beschuldigten war zur Last gelegt, im Juli 2021 mit einem Fahrzeug Bugatti Chiron die A 2 in der Gemarkung Burg befahren zu haben. Dabei sei er bis zu 417 km/h schnell gewesen und habe zeitweise beide Hände vom Lenkrad genommen. Gegen die Verfahrenseinstellung der Staatsanwaltschaft Stendal, über die die Presse berichtet hatte, ist Beschwerde eingelegt worden, welche die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg am 12.8.2022 zurückgewiesen hat (108 Zs 806/22).
Ein Verkehrsteilnehmer, der mit einer Geschwindigkeit von bis zu 417 km/h eine nicht verkehrsleere Bundesautobahn befährt, kann zwar durchaus verdächtig sein, eine Straftat nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB begangen zu haben. Allerdings war ein Tatnachweis gegen den Beschuldigten aus Rechtsgründen nicht zu führen: Nach dem Willen des Gesetzgebers werden vom Tatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB „bloße Geschwindigkeitsüberschreitungen…nicht umfasst…, auch wenn sie erheblich sind“ (BT-Drucksache 18/12964 Seite 6 oben). So verhielt es sich im vorliegenden Fall. Der Umstand, dass sich ein Mensch in einem von ihm gesteuerten Kraftfahrzeug mit einer Geschwindigkeit von annähernd 116 m je Sekunde fortbewegt, mag äußerst leichtsinnig und lebensmüde erscheinen, erfüllt jedoch nicht ohne Weiteres den vorgenannten Straftatbestand. Beweisverwertbare Anhaltspunkte dafür, dass die Fahrt im Einzelfall – abgesehen von der deutlich übersetzten Geschwindigkeit – grob verkehrswidrig und rücksichtslos unternommen wurde, waren nicht vorhanden. Eine solche Annahme ergab sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Beschuldigte (kurzzeitig) freihändig gefahren ist. Der Gesetzgeber hat ein solches Verhalten nur für Fahrradfahrer und Kraftradfahrer unter ein bußgeldbewehrtes gesetzliches Verbot gestellt (§§ 23 Abs. 3 Satz 2, 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO); einem Autofahrer ist es dagegen nicht gesetzlich verwehrt, die Hände vom Lenkrad zu nehmen. Hierdurch kann nicht allein auf ein grob verkehrswidriges und rücksichtsloses Verhalten geschlossen werden. Dass es sich bei einer konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer oder bei einem Kontrollverlust über das Fahrzeug möglicherweise anders verhielte, war nicht zu beurteilen.
Wenn der Bundesgesetzgeber derartige Handlungsweisen zukünftig unterbinden möchte, dann wäre an eine Änderung der Vorschrift des § 3 Abs. 3 Nr. 2c StVO zu denken. Nach jener Vorschrift gilt auf Autobahnen keine Geschwindigkeitsbeschränkung für Personenkraftwagen sowie für andere Kraftfahrzeuge bis 3,5 Tonnen zulässiger Gesamtmasse. Die Einführung einer Geschwindigkeitsobergrenze in der Straßenverkehrsordnung, nach der ein sehr schnelles Fahren noch erlaubt wäre, ein übermäßig-rasendes Fahren indes verboten wäre (z. B. 200 km/h), könnte womöglich Abhilfe schaffen.