Das Landgerichts Nürnberg-Fürth hat mit einem Hinweisbeschluss vom 16. Oktober 2017 zum Aktenzeichen 16 S 5049/17 entschieden, dass ein Zuschauer, der mit kleinen Kindern eine Reithalle besucht, nicht haftet, wenn diese laut sind, dadurch ein Pferd erschrickt und die Reiterin stürzt und sich dabei verletzt.
Im konkreten Fall besuchte eine Oma mit ihren Enkelkindern eine Reithalle. Sie hielt sich dort im Zuschauerbereich auf. Damit der dreijährige Enkel besser sehen konnte, setzte die Oma diesen auf die Holzbande. Der Enkel, welcher Turnschuhe trug, schlug mit seinen Füßen gegen die Bande, wodurch ein Poltergeräusch entstand. In diesem Augenblick führte eine Reiterin ihr Pferd am Zügel durch die Halle. Dieses soll durch das von dem Enkel der Oma verursachte Geräusch erschrocken und nach hinten gegangen sein. Durch die plötzliche Rückwärtsbewegung des Pferdes rutschte die Hand der Reiterin in den Zügel und wurde nach hinten gerissen. Die Reiterin erlitt eine Verletzung an der Schulter. Sie erhob Klage zum Amtsgericht und verlangte von der Oma ein angemessenes Schmerzensgeld von 3.000,00 € sowie Ersatz des Haushaltsführungsschadens in Höhe von 1.879,22 €.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Dabei ging das Gericht grundsätzlich davon aus, dass sich der Vorfall so zugetragen hat, wie ihn die Reiterin schildert, verneint aber aus rechtlichen Gründen eine Haftung der Oma. Zwar sei das Verhalten der Oma ursächlich für die Verletzungen der Reiterin, aber dies genüge nicht für eine Haftung. Es sei zusätzlich erforderlich, dass der Schaden der Oma auch adäquat zurechenbar sei. Nach Auffassung des Amtsgerichts fehlt es an dieser Voraussetzung. Die Oma habe sich überwiegend sozialadäquat verhalten, da der Besuch der Reithalle grundsätzlich erlaubt sei. Es sei auch nachvollziehbar, dass sie ihrem Enkel ermöglichen wollte, den Reitern zuzusehen. Sie habe dann allerdings geringfügig eine Grenze überschritten, weil die Füße des Kindes in das „Reitfeld“ hineinragten. Maßgeblich für die Verletzungen der Reiterin ist nach Ansicht des Amtsgerichts aber das Verhalten des Pferdes, welches grundsätzlich in der Sphäre der Reiterin liegt. Für die Oma sei es nicht vorhersehbar und vermeidbar gewesen, dass das Pferd auf das Poltergeräusch so schreckhaft reagieren werde.
Gegen dieses Urteil des Amtsgerichts hat die Reiterin Berufung beim Landgericht eingelegt, diese aber nach einem Hinweis des Gerichts zurückgenommen. Das Landgericht hatte ausgeführt, dass die rechtliche Würdigung des Amtsgerichts zutreffend sei. Die Oma sei auch vor Betreten der Reithalle nicht darauf hingewiesen worden, dass man sich dort geräuscharm verhalten müsse. Ein solcher Hinweis hätte u. a. beinhalten müssen, dass Pferde auch durch alltägliche Geräusche, wie z. B. das Treten eines Kleinkindes gegen die Innenseite der Absperrung, erschreckt werden könnten.
Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach, LL.M. vertritt Sie im Schadensersatzrecht, Schmerzensgeldrecht und Pferderecht!