Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 22.10.2021 zum Aktenzeichen 9 Sa 19/21 entschieden, dass eine formularmäßige Regelung, nach der ein Anspruch auf eine Bonuszahlung, die ausschließlich vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens abhängt, nur dann besteht, wenn der Arbeitnehmer am 31.12. beschäftigt ist, den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt und daher unwirksam ist.
Bei unterjährigem Ausscheiden besteht der Anspruch auf die Bonuszahlung anteilig pro rata temporis.
Die Parteien streiten über eine Bonuszahlung für das Jahr 2019.
Der Kläger war vom 01.04.2017 bis 30.09.2019 als leitender Angestellter im Bereich Personalwesen bei der Beklagten beschäftigt. Über die monatliche Vergütung hinaus hatte der Kläger Anspruch auf eine jährliche Bonuszahlung (Prämie) nach einem Management-Anreizplan (MIP 2018).
In der entsprechenden Vereinbarung heißt es hinsichtlich der Kriterien für die Berechtigung u.a.: „Sofern sie keinen Anspruch auf Verrentung haben, müssen Mitarbeiter am 31. Dezember des Ergebnisjahres beschäftigt sein, um Anspruch auf eine Prämie zu haben.“
Ende des Jahres 2017 wurde das Bonussystem in ein neues System überführt.
Dieses sollte nicht mehr auf zu vereinbarenden persönlichen Zielen beruhen, sondern auf vom Unternehmen definierten Umsatz- und Ertragsvorgaben.
Im Februar 2019 erhielt der Kläger eine Bonuszahlung für das Jahr 2018.
Eine Zielvereinbarung für das Jahr 2019 haben die Parteien nicht getroffen.
Eine Bonuszahlung für das Jahr 2019 lehnt die Beklagte ab, insbesondere da das Arbeitsverhältnis am 31.12.2019 nicht mehr bestand.
Das ArbG hat die Klage auf Zahlung des Bonus 2019 abgewiesen.
Die Berufung des Klägers hat – jedenfalls dem Grunde nach – Erfolg.
Der Kläger hat Anspruch auf den anteiligen (9/12) Bonus für das Jahr 2019.
Die Regelung, nach der ein Anspruch auf die Bonuszahlung nur dann besteht, wenn der Kläger am 31.12. beschäftigt ist, benachteiligt den Kläger unangemessen und ist daher nach § 307 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 BGB unwirksam.
Sie entzieht dem Kläger rückwirkend die für die Arbeitsleistung versprochene und anteilig verdiente Vergütung. Bei dem Bonus handelt es sich um Vergütung für geleistete Arbeit.
Das ergibt sich aus der Auslegung der 2018 MIP. Er hat daher vor allem einen Vergütungscharakter.
Daran ändert auch nichts, dass die Ziele nach dem 2018 MIP reine unternehmensbezogene Ziele sind.
Daher gilt auch hierfür die Rechtsprechung des BAG, wonach Sonderzahlungen, die auch Gegenleistung für im gesamten Kalenderjahr laufend erbrachte Arbeit darstellt, nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31.12. des betreffenden Jahres abhängig gemacht werden kann (BAG, Urteil vom 13.11.2013 – 10 AZR 848 /12).
Die Stichtagsklausel steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611a Abs. 2 BGB, indem sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn entzieht.
Sie verkürzt außerdem in nicht zu rechtfertigender Weise die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers, weil sie die Ausübung seines Kündigungsrechts unzulässig erschwert.
Diese Rechtsprechung ist auch uneingeschränkt auf Ansprüche auf Bonuszahlungen anzuwenden. Auch Sonderzuwendungen, die nur an den Unternehmenserfolg anknüpfen, werden regelmäßig als zusätzliche Vergütung für eine im Geschäftsjahr erbrachte Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gezahlt.
Unter den Begriff der Sondervergütungen (Sonderzahlungen, Sonderzuwendungen) sind alle Leistungen des Arbeitgebers zu fassen, die nicht regelmäßig mit dem Arbeitsentgelt ausgezahlt werden, sondern aus bestimmten Anlässen oder zu bestimmten Terminen gewährt werden.
Auch ein Bonus ist in diesem Sinne eine Sonderzahlung, die Vergütung für geleistete Arbeit darstellt und für die die vorbeschriebenen Regelungen gelten.
Der Anspruch auf Zahlung eines Bonus für das Jahr 2019 steht dem Kläger im Hinblick darauf, dass er zum 30.09.2019 ausgeschieden ist, jedoch nur anteilig pro rata temporis zu (vgl. LAG Köln, Urteil vom 11.12.2018 – 4 Sa 51/18).
Dies ergibt sich aus dem Vergütungscharakter der Bonuszahlungen für ein ganzes Jahr einerseits und dem Umstand, dass der Kläger andererseits seine versprochene Arbeitsleistung nur anteilig, hier bis zum September 2019 erbracht hat.