Das Hessische Landessozialgericht in Darmstadt hat am 17.03.2022 zum Aktenzeichen L 4 KA 3/22 B ER in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren entschieden, dass stark zu bezweifeln sei, ob die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KV) dazu ermächtigt ist, von Privatärzten Beiträge zur Finanzierung des Bereitschaftsdienstes der KV heranzuziehen, da eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage für die Bereitschaftsdienstverordnung der KV nach summarischer Prüfung nicht vorliege.
Aus der Pressemitteilung des Hess. LSG Nr. 3/2022 vom 24.03.2022 ergibt sich:
Ein niedergelassener Arzt betreibt eine Privatpraxis in Frankfurt am Main. Von ihm forderte die KV Beiträge in Höhe von 7.500 € für die Jahre 2019 bis 2021 zur Finanzierung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes. Der Arzt wandte dagegen ein, dass die von der KV per Satzung geregelte Bereitschaftsdienstordnung für Privatärzte nicht gelte. Er beantragte einstweiligen Rechtsschutz.
Die Richter des Landessozialgerichts ordneten die aufschiebende Wirkung der gegen die Beitragsbescheide erhobenen Widersprüche des Arztes bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache an. Es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragsbescheide. Nach summarischer Prüfung im Eilverfahren sei davon auszugehen, dass es an einer rechtmäßigen Rechtsgrundlage fehle.
Die Rechtssetzungskompetenz der KV sei auf die Konkretisierung der Rechte und Pflichten des Bereitschaftsdienstes der Vertragsärzte beschränkt. Die KV könne hingegen nicht über Satzungsrecht den Kreis der zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst der KV verpflichteten Ärzte erweitern und daher Privatärzte nicht zur Finanzierung dieses Bereitschaftsdienstes heranziehen.
Auch das Hessische Heilberufsgesetz enthalte keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die von der KV erlassene Regelung. Im Hinblick auf die verfassungsrechtlich geschützte Berufsausübungsfreiheit müssten die wesentlichen Voraussetzungen für eine Pflichtteilnahme von Privatärzten an dem Bereitschaftsdienst der KV bzw. der entsprechenden Befreiungsbedingungen und Beitragspflichten gesetzlich geregelt sein. Eine solche Regelung habe der hessische Gesetzgeber hingegen nicht vorgenommen. Insbesondere sei die Vorgaben für die Finanzierung des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes nicht hinreichend gesetzlich geregelt.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Die Klagen (Hauptsacheverfahren) des Arztes sind vor dem Sozialgericht Marburg anhängig. Mehrere parallel gelagerten Streitigkeiten anderer Privatärzte sind sowohl in der Hauptsache als auch im einstweiligen Rechtsschutz am Sozialgericht Marburg (1. Instanz) und am Hessischen Landessozialgericht (Berufungs- oder Beschwerdeinstanz) anhängig.