Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat mit Beschluss vom 20.12.2021 zum Aktenzeichen 21 TaBV 504/21 entschieden, dass Unternehmen, die lediglich andere Unternehmen kommunikativ bei deren Darstellung nach außen sowie innerhalb des Unternehmens unterstützen, verfolgen keine eigene geistig-ideelle Zielsetzung und sind deshalb kein Tendenzunternehmen im Sinne des § 118 Abs. 1 BetrVG.
Dies gilt auch dann, wenn sie sich bei ihrer Tätigkeit journalistischer Mittel und Methoden bedienen.
Die Beteiligten streiten über die Bildung eines Wirtschaftsausschusses nach § 106 BetrVG und in diesem Zusammenhang darüber, ob die Arbeitgeberin ein Tendenzunternehmen im Sinne von § 118 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ist. Unternehmenszweck der Arbeitgeberin ist „die Erbringung medialer Dienstleistungen auf dem Gebiet der Unternehmens- und Markenkommunikation sowie die Beratung auf dem Gebiet der Werbung, der Kommunikation und der Verkaufsförderung, insbesondere das Editorial Design von Print- und Onlinemedien …“.
Die Arbeitgeberin berät Unternehmen in ihrer Kommunikation mit Kunden, Konsumenten und anderen „Stakeholdern“, konzipiert und gestaltet Medien und Inhalte sowohl für Online als auch für Offline Kanäle, sie gestaltet Kundenzeitschriften und sonstige „Content Marketing“ Projekte – vor allem im digitalen Bereich.
Die Parteien streiten darüber, ob der bei der Arbeitgeberin gebildete Gesamtbetriebsrat einen dreiköpfigen Wirtschaftsausschuss bilden kann.
Die Arbeitgeberin vertritt die Auffassung, dass es sich bei ihrem Unternehmen um einen Tendenzbetrieb im Sinne des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 BetrVG handelt, sodass die Bildung eines Wirtschaftsausschusses ausgeschlossen ist.
Das ArbG hat dem Antrag des Gesamtbetriebsrats entsprochen. Auch die Beschwerde der Arbeitgeberin hat keinen Erfolg.
Der Gesamtbetriebsrat ist berechtigt, einen Wirtschaftsausschuss zu bilden.
Die Anwendbarkeit der §§ 106 bis 110 BetrVG über die Bestellung und Tätigkeit des Wirtschaftsausschusses ist nicht nach § 118 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ausgeschlossen.
Die Arbeitgeberin ist kein Tendenzunternehmen im Sinne dieser Vorschrift. Tendenzunternehmen sind Unternehmen, die unmittelbar und überwiegend Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung dienen, auf die Art. 5 Abs. 1 GG Anwendung findet.
Die Bestimmung soll nur für Unternehmen gelten, die von einer geistig-ideellen Aufgabe bestimmt
werden, weshalb der Tendenzschutz nur greift, wenn das Unternehmen unmittelbar und überwiegend der in der Bestimmung genannten Aufgabe dient.
Das Unternehmen muss den geistig-ideellen Zielsetzungen dienen.
Der Unternehmenszweck selbst muss auf die Tendenz gerichtet sein.
Nicht ausreichend ist dagegen, wenn der Unternehmenszweck nach seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geeignet ist, die Tendenztätigkeit eines anderen Unternehmens zu unterstützen.
Nicht dem Tendenzschutz dienen Unternehmen, die lediglich eine vorgegebene Tendenz technisch verarbeiten, ohne sie selbst zu gestalten oder gestalten zu können. Nicht ausreichend für den Tendenzschutz ist es dabei, wenn in dem Unternehmen Arbeitsmethoden angewandt werden, die auch für Tendenzunternehmen typisch sind.
Ist ein Unternehmen nicht dazu bestimmt, geistig-ideelle Zielsetzungen zu verwirklichen, reicht die Instrumentalisierung bestimmter Arbeitsmethoden nicht aus.
Hier verfolgt die Arbeitgeberin nicht unmittelbar tendenzbezogene Ziele.
Das folgt schon daraus, dass ihr Unternehmen nicht dazu dient, einer eigenen geistig-ideellen Zielsetzung zu dienen. Vielmehr ist es ihre Aufgabe, Zielsetzungen ihrer auftraggebenden Unternehmen zu verwirklichen und diese durch journalistische Methoden am Markt zu unterstützen.
Um nichts anderes geht es sowohl bei Corporate Publishing als auch bei Corporate Marketing. Es geht nicht um eine eigene Ausrichtung an einer geistig-ideellen Zielsetzung.
Selbst wenn die auftraggebenden Unternehmen insoweit eine Tendenz im Sinne von § 118 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BetrVG verfolgten, änderte dies nichts daran, dass die Arbeitgeberin lediglich unterstützend tätig wäre.
Die Unterstützung anderer Unternehmen bei deren Tendenzverwirklichung reicht aber gerade nicht aus, um unmittelbar tendenzbezogen im Sinne des Gesetzes tätig zu sein.
Die Tendenz geben dabei die auftraggebenden Unternehmen vor, sie wird nicht von der Arbeitgeberin erarbeitet.