Das Oberlandesgericht Koblenz hat mit Beschluss vom 21.9.2021 zum Aktenzeichen 12 U 777/21 entschieden, dass wenn sich der (später) Geschädigte bewusst in der Absicht einer Selbstschädigung auf die Fahrbahn einer Landstraße begibt, er damit derart massiv schuldhaft zu dem Zustandekommen des Verkehrsunfalls beiträgt, dass im Rahmen der Haftungsabwägung die Betriebsgefahr des Pkw vollständig zurücktritt.
Ein Fahrzeugführer muss nicht damit rechnen, dass auf einer Landstraße ein dunkel gekleideter Fußgänger absichtlich, unerwartet und unmittelbar vor oder neben das heranfahrende Fahrzeug tritt, so dass er auf ein solches Ereignis seine Geschwindigkeit nicht ausrichten muss.
Von einem unfallursächlichen Verstoß des Fahrzeugführers gegen § 3 Abs. 1 S. 4 StVO (allgemeines Sichtfahrgebot) konnte somit nicht ausgegangen werden.
Bei der vorzunehmenden Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge (§9 StVG iVm § 254 BGB) waren somit aufseiten des Fahrzeugführers ausschließlich die von dem Pkw ausgehende allgemeine Betriebsgefahr, aufseiten des Fußgängers hingegen dessen oben festgestelltes massives schuldhaftes Verhalten (insbesondere in Gestalt eines massiven Verstoßes gegen § 25 StVO) zu berücksichtigen. Der Senat gelangt hierbei zu einem vollständigen Zurücktreten der Betriebsgefahr des Pkw.
Der Fußgänger hat damit für die bei dem Unfall eingetretenen Folgen allein einzustehen.