Das Verwaltungsgericht Würzburg hat am 23.02.2022 zum Aktenzeichen W 8 E 22.222 und W 8 E 22.237 darüber entschieden, ob die jeweils ungeimpften, jedoch von einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus genesenen Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung die Feststellung, dass ihr Genesenenstatus weiterhin bis zum Ablauf von sechs Monaten ab positivem PCR-Testergebnis fortbesteht und nicht durch die Änderung des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV (COVID-19-Schutzausnahmeverordnung) vom 15. Januar 2022 vorzeitig bereits nach 90 Tagen erlösche.
Aus der Pressemitteilung des VG Würzburg vom 24.02.2022 ergibt sich:
Hintergrund:
Der bis 14. Januar 2022 geltende § 2 Nr. 5 SchAusnahmV sah vor, dass ein Genesenennachweis bei einem positiven PCR-Testergebnis erteilt wird, wenn die positive Testung mindestens 28 Tage und maximal sechs Monate zurückliegt.
Mit Gültigkeit ab 15. Januar 2022 wurde § 2 Nr. 5 SchAusnahmV dahin gehend geändert, dass für die Voraussetzungen, die an den, die Infektion feststellenden Test zu stellen sind, im Wesentlichen auf die im Internet veröffentlichten Vorgaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) verwiesen wird. In der ausdrücklich in Bezug genommenen Seite des RKI im Internet ist (ausschließlich) für Personen, die weder vor noch nach ihrer SARS-CoV-2-Infektion geimpft wurden, dazu ausgeführt: „das Datum der Abnahme des positiven Tests darf höchstens 90 Tage zurückliegen.“
Die Antragsteller machten in ihren jeweiligen Verfahren geltend, dass die Änderung des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV sie wegen der aktuell geltenden 2G- und 3G-Regelungen nach der 15. BayIfSMV (15. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung) von weiten Teilen des gesellschaftlichen Lebens ausschließe. Die Verkürzung des Genesenenstatus sei schon deshalb rechtwidrig, weil die pauschale Verweisung auf die Internetseiten des Robert-Koch-Instituts verfassungswidrig sei. Auf entsprechende Gerichtsentscheidungen werde verwiesen.
Die kreisfreie Stadt Schweinfurt und das Landratsamt Aschaffenburg traten den Anträgen jeweils mit der Argumentation entgegen, dass sie nicht die richtigen Antragsgegner seien. Bei der Schutzausnahmeverordnung handele es sich um eine Verordnung der Bundesregierung, die direkt zur Anwendung komme, ohne dass es dafür einer Feststellung mittels Verwaltungsakt bedürfe. Zwischen den Antragstellern und ihnen als Antragsgegnern bestehe kein Rechtsverhältnis, das Grundlage für die begehrte Feststellung sein könne. Weder die Stadt Schweinfurt noch das Landratsamt seien für die Bestimmung der Gültigkeitsdauer des Genesenenstatus zuständig.
Mit den Beschlüssen vom 23. Februar 2022 lehnte das Gericht die beiden Anträge unter Berufung auf die jüngsten Beschlüsse des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs als unzulässig ab:
Den Antragstellern fehle bereits das Rechtschutzbedürfnis für eine gerichtliche Feststellung.
In keinem der beiden Verfahren hätten sich die Antragsteller vor Anrufung des Gerichts an die Stadt Schweinfurt bzw. das Landratsamt Aschaffenburg gewandt. Außerdem verfügten die Antragsteller bereits über (von Apotheken ausgestellten) Genesenenzertifikate, in denen ausdrücklich vermerkt sei, dass sie für sechs Monate ab dem positiven PCR-Test gültig seien. Diese entsprächen damit dem Wortlaut der von den Antragstellern begehrten Feststellung.
Jedoch würde weder ein Genesenenzertifikat noch ein Genesenennachweis die Dauer des Genesenenstatus regeln. Denn gem. § 2 Nr. 5 SchAusnahmV, einer Bundesverordnung, knüpfe der Genesenenstatus ausschließlich an den durch eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus tatsächlich erworbenen Immunschutz an. Dabei sei die Infektion durch ein positiven PCR-Test nachzuweisen. Mithin werde mit dem Genesenenzertifikat und dem Genesenennachweis lediglich dokumentiert, dass zu dem dort aufgeführten Zeitpunkt ein positiven PCR-Testergebnis vorgelegen habe. Die Dauer des Genesenenstatus ergebe sich dann unmittelbar aus der Bundesverordnung.
Auch die 15. BayIfSMV (15. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung) verweise zur Privilegierung von Genesenen ausschließlich auf § 2 Nr. 4 und 5 SchAusnahmV, ohne dass es für die Feststellung bzw. das Bestehen des Genesenenstatus eines behördlichen Vollzugs- oder Umsetzungsaktes bedürfe. Die jeweiligen Antragsteller hätten keine subjektiven Anspruch gegen die Stadt Schweinfurt bzw. das Landratsamt Aschaffenburg auf Feststellung der Fortdauer des Genesenenstatus über 90 Tage hinaus.
Im Kern zielten die beiden Eilanträge auf eine Normergänzung bzw. Normänderung von § 2 Nr. 5 SchAusnahmeV ab. Dafür seien jedoch weder die Stadt Schweinfurt noch der Freistaat Bayern die richtigen Antragsgegner. Es bleibe den Antragstellern jedoch unbenommen, ihre rechtlichen Bedenken gegen die Neuregelung von § 2 Nr. 5 SchAusnahmeV in einen entsprechenden Antrag gegen die Bundesrepublik Deutschland beim zuständigen Verwaltungsgericht Berlin geltend zu machen.
Hinweis:
Die Antragsteller in den Verfahren W 8 E 22.222 und W 8 E 22.237 sind nicht identisch.
Gegen beide Beschlüsse steht den Beteiligten jeweils das Rechtsmittel der Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof offen. Die Rechtsmittelfrist beträgt zwei Wochen ab Bekanntgabe der Entscheidung.