Das Verwaltungsgericht Göttingen hat mit Beschluss vom 17.02.2022 zum Aktenzeichen 2 B 245/21 eine bauordnungsrechtliche Verfügung bestätigt, mit der die Eigentümer zum Rückbau des bereits teileingestürzten Gebäudes verpflichtet worden sind.
Aus der Pressemitteilung des VG Göttingen vom 21.02.2022 ergibt sich:
Das betroffene Fachwerkwohnhaus wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Ortsteil Steina der Stadt Bad Sachsa errichtet und 1988 in das Denkmalverzeichnis eingetragen. Im Jahr 2011 erbten die Antragsteller die bereits zu diesem Zeitpunkt sanierungsbedürftige Immobile. Nachdem ein Anwohner mitgeteilt hatte, dass eine Windfeder auf den Gehweg zu stürzen drohte, wurde einer der Antragsteller im Jahr 2012 vom damals zuständigen Landkreis Osterode am Harz darauf hingewiesen, dass das Dach des Fachwerkwohnhauses zu reparieren sei. Im Jahr 2013 erkundigte sich die Behörde nach dem Sachstand, ohne, dass hierauf eine Reaktion folgte. Im Jahr 2014 erklärten die Antragsteller den Verzicht auf das Eigentum.
Nachdem im Jahr 2017 mehrere Dachziegel auf das Nachbargrundstück gefallen waren, verpflichtete der nun zuständige Landkreis Göttingen die Antragsteller im Februar 2019 auf Grundlage des Denkmalschutzgesetzes zur Durchführung von Sicherungsmaßnahmen. Hiergegen erhoben die Antragsteller Klage. Während des gerichtlichen Verfahrens stürzte am 20.08.2021 ein Teil des Fachwerkwohnhauses ein.
Der Landkreis Göttingen ließ das verbliebene Gebäude auf seine Statik prüfen und gelangte zu dem Ergebnis, dass es nicht mehr standsicher sei. Bei einem weiteren Einsturz könnte Baumaterial auf den angrenzenden Gehweg und das Nachbargrundstück fallen. Daher gab er den Antragstellern nach vorheriger Abstimmung mit dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 09.12.2021 auf, innerhalb von vier Wochen das Fachwerkwohnhaus bis zur Oberkante des Kellers fachgerecht zurückzubauen und den Keller des Gebäudes zu verschließen. Zugleich drohte er die Ersatzvornahme an. Hiergegen haben die Antragsteller das Gericht um einstweiligen Rechtsschutz ersucht. Sie meinen, dass sie nicht in Anspruch genommen werden könnten, nachdem sie bereits im Jahr 2014 auf das Eigentum an der Immobilie verzichtet hätten. Zu diesem Zeitpunkt sei noch keine Gefahr von dem Gebäude ausgegangen. Jedenfalls seien ihnen Aufwendungen auf das Grundstück nicht zumutbar.
Den einstweiligen Rechtsschutzantrag hat das Gericht abgelehnt. Der Landkreis dürfe die Antragsteller für den Rückbau in Anspruch nehmen. Der im Jahr 2014 ausgeübte Eigentumsverzicht sei sittenwidrig und daher unwirksam. Die Antragsteller hätten im Zeitpunkt des Entschlusses zur Eigentumsaufgabe mit einer behördlichen Inanspruchnahme rechnen müssen. Angesichts des mit Lichtbildern dokumentierten Zustandes und des Anwohnerhinweises auf Schäden am Dach sei von dem Gebäude schon zu diesem Zeitpunkt eine Gefahr ausgegangen. Ein behördliches Einschreiten habe auch angesichts der Schreiben des Landkreises Osterode am Harz aus den Jahren 2012 und 2013 nahegelegen. Aufgrund dieser Umstände sei anzunehmen, dass die Antragsteller sich einer Inanspruchnahme hätten entziehen wollen. Deshalb könnten sie als Eigentümer in Anspruch genommen werden. Der Rückbau sei auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil der Beseitigungsaufwand den Restwert des Grundstückes überschreite. Aus-gehend vom Bodenrichtwert liege der Grundstückswert nach dem Rückbau des Fachwerkwohnhauses und Entfall der Denkmaleigenschaft voraussichtlich über den Beseitigungskosten, die vom Landkreis mit 30.000,- Euro veranschlagt wurden.
Die Antragsteller können gegen den Beschluss innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim Nds. Oberverwaltungsgericht in Lüneburg einlegen.