Das Verwaltungsgericht Chemnitz hat mit Beschluss vom 22.02.2022 zum Aktenzeichen 5 L 536/21 die Stadt Chemnitz dazu verpflichtet, den Bürger- und Kulturverein Chemnitz Süd-Ost e.V. als Träger der Bürgerplattform Chemnitz Süd-Ost zu respektieren und dieser einen Personalkosten- und Sachkostenzuschuss sowie ein Bürgerbudget in Höhe von reichlich 47.000 Euro für das laufende Jahr zu bewilligen.
Aus der Pressemitteilung des VG Chemnitz vom 22.02.2022 ergibt sich:
Der Stadtrat hatte im November 2021 ohne Angabe von Gründen die Trägerschaft des Bürger- und Kulturvereins Chemnitz Süd-Ost nicht anerkannt. Die Stadtverwaltung hatte daraufhin die Bewilligung der Fördermittel abgelehnt.
Das Verwaltungsgericht hat demgegenüber u.a. unter Hinweis auf Beschlüsse des Europarats das Recht der Bürgerplattform auf freie Auswahl ihres Trägers betont. Auch in der Hauptsatzung der Stadt findet sich keine Grundlage für ein Recht des Stadtrats, über den Träger einer Bürgerplattform entscheiden zu können. Die im November 2021 beschlossene Förderrichtlinie der Stadt, die ein solches Recht des Stadtrats vorsieht, kann für das Jahr 2022 noch nicht gelten, weil sie für Förderanträge als Stichtag den 30. September des Vorjahres bestimmt und dieser Tag bei Inkrafttreten der Richtlinie schon vergangen war.
Die in einem Beschluss des Stadtrats vom Februar 2021 aufgestellte Vorgabe, nach der ein Träger in dem jeweiligen „Stadtgebiet“ – hier Chemnitz Süd-Ost – verwurzelt sein muss und nicht zugleich Träger einer anderen Bürgerplattform sein darf, sind – so das Verwaltungsgericht – ebenfalls erfüllt. Die große Mehrheit der Mitglieder des Trägervereins wohnt in Chemnitz Süd-Ost bzw. ist dort anderweitig aktiv. Der Trägerverein kooperiert auch nicht mit einer anderen Bürgerplattform.
Eine besondere Dringlichkeit liegt vor, da die Bürgerplattform Chemnitz Süd-Ost mangels Anerkennung ihres Trägers bisher keine Zahlungen hat und ihr für die vorgesehenen Aktivitäten keine eigenen Mittel zur Verfügung stehen.
Das Gericht hat vorsorglich auch für die kommenden Jahre herausgestellt, dass der Stadtrat nicht über den Träger einer Bürgerplattform bestimmen kann, weil diese nach der Hauptsatzung von der Kommunalverwaltung – und damit auch vom Stadtrat – unabhängig arbeiten darf.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Antragsgegnerin steht die Beschwerde zum Sächsischen Oberverwaltungsgericht zu.