Der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 16.11.2021 zum Aktenzeichen VIII ZB 21/21 entschieden, dass die Anforderungen an die Glaubhaftmachung der Nichtzahlung der Miete wegen der Covid-19 Pandemie in den Monaten April bis Juni 2020 gemäß Art. 240 § 2 Abs. 1 EGBGB vor allem bei Offenkundigkeit der Zahlungsausfälle (Gastronomie) von den Gerichten nicht zu hoch angesetzt werden dürfen.
Indes hat das Berufungsgericht – wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt – verkannt, dass die Berufungsbegründung den Anforderungen gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO (gerade noch) gerecht wird, soweit sich die Ausführungen auf die Begründung des Amtsgerichts zur Beschränkung der Zahlungsverzugskündigung nach Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 EGBGB (COVID-19-Pandemie) beziehen. Nach dieser Vorschrift kann der Vermieter ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung ist glaubhaft zu machen.
Der Berufungsbegründung lässt sich noch hinreichend entnehmen, mit welchen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen die Beklagten die Ansicht des Amtsgerichts, die Regelung des Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 1 EGBGB stehe der fristlosen Kündigung vom 27. Juli 2020 nicht entgegen, angreifen und zur Überprüfung des Berufungsgerichts stellen wollen.
Das Amtsgericht hat ausgeführt, vorliegend könne nicht angenommen werden, dass zwischen der Entstehung der – der fristlosen Kündigung vom 27. Juli 2020 zugrunde liegenden – Mietrückstände und der COVID-19-Pandemie ein Kausalzusammenhang bestehe. Denn die Beklagten hätten den von der Klägerin bestrittenen Sachvortrag zu den Ursachen für das Entstehen der Mietrückstände betreffend die Monate Mai bis Juli 2020 weder unter Beweis gestellt noch im Sinne von Art. 240 § 2 Abs. 1 Satz 2 EGBGB glaubhaft gemacht.
Die Beklagten haben demgegenüber in der Berufungsbegründung zunächst ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt. Danach erziele der gastronomische Betrieb des Beklagten zu 2 wegen der angeordneten Einschränkungen an guten Tagen noch nicht einmal Erlöse in Höhe der Mieten. Seit der Anordnung der Schließung des Betriebs übernehme die Stadt Berlin zwar die Nettolöhne und Sozialabgaben der Mitarbeiter, nicht aber die Mieten und Versicherungen. Zudem hätten die Beklagten die nach Maßgabe ihrer früheren Einkünfte festgesetzten Steuervorauszahlungen nicht mehr aufbringen können, weshalb das Finanzamt bereits einen Insolvenzantrag gegen den Beklagten zu 2 gestellt habe. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe ihr Prozessbevollmächtigter unter Hinweis darauf, dass aktuell die Erträge der Vergangenheit nicht erreicht würden, verhindern können. Bis zur Erledigung des Insolvenzverfahrens habe nicht einmal die Möglichkeit einer Kreditaufnahme bestanden. Erst mit Bescheid des Finanzamts vom 15. Juli 2020 habe sich nach einer konkreten Berechnung herausgestellt, dass den Beklagten sogar ein Steuerguthaben zustehe.
Zudem haben die Beklagten mit der Berufungsbegründung geltend gemacht, dass die faktischen Veränderungen im Bereich der gastronomischen Betriebe seit Beginn der Pandemie (Beschränkungen der Gästeanzahl; Betriebseinstellung) wegen der regelmäßigen Veröffentlichung in der Presse allgemein bekannt seien, so dass „der Umfang einer Glaubhaftmachung angepasst bleiben“ solle. Eine Glaubhaftmachung „allseits bekannter Dinge“ solle nicht mit der Offenlegung von Vertrags- und Steuerunterlagen und damit nicht mit überhöhten Anforderungen verbunden werden. Bei der Bestimmung der Anforderungen solle nicht übersehen werden, dass Unterlagen der Besteuerung und des Insolvenzverfahrens einer besonderen Vertraulichkeit und Verschwiegenheitsverpflichtung unterlägen. Zudem habe ihr Prozessbevollmächtigter die vorstehenden Umstände aus eigener Kenntnis als anwaltlicher Beistand des Beklagten zu 2 vorgetragen, weshalb davon ausgegangen werden müsse, dass der Vortrag richtig sei.
Aus diesem Vorbringen geht für das Gericht und für den Gegner hinreichend deutlich hervor, dass die Beklagten wegen einer Offenkundigkeit der zur Begründung für die unterbliebene Zahlung vorgetragenen tatsächlichen Umstände ihrer Einkommenssituation eine Glaubhaftmachung für nicht erforderlich halten, jedenfalls aber die vom Amtsgericht gestellten Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Zusammenhangs mit der COVID-19-Pandemie als zu hoch angesetzt bewerten.