Die gesetzliche Impfpflicht rückt in greifbare Nähe.
Viele Arbeitnehmer und Arbeitgeber fragen sich, was dies konkret für das Arbeitsverhältnis bedeutet.
Es besteht die Gefahr, dass Arbeitnehmer ihren Job verlieren, wenn sie nicht geimpft sind.
Aber auch ohne Kündigung durch den Arbeitgeber könnten Arbeitnehmer, die nicht geimpft sind, echte Probleme bekommen.
Im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“, das bedeutet, dass ein Arbeitnehmer, der nicht arbeitet, erhält vom Arbeitgeber auch keinen Lohn.
Das der Arbeitnehmer nicht arbeitet oder arbeiten darf, weil er nicht geimpft ist, ist dabei egal.
Der Arbeitgeber, der nicht geimpfte Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigen darf, muss diesen Arbeitnehmern auch keinen Lohn zahlen, da der Arbeitgeber mit dem Empfang von Arbeitsleistung nicht in Verzug gerät (sogenannter Annahmeverzug).
Wenn der Arbeitgeber den nicht geimpften Arbeitnehmer jedoch im Home-Office einsetzen kann, dann könnte statt einer unbezahlten Freistellung oder einer Kündigung als milderes Mittel eine Home-Office-Regelung in Betracht kommen – jedoch nur, wenn dies im Arbeitsablauf des Arbeitgebers möglich ist.
Geregelt ist dies in § 28b Abs. 4 Infektionsschutzgesetz, nach dem keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen dürfen.
Nicht geimpfte Arbeitnehmer würden bei einer gesetzlichen Impfpflicht eine Pflichtverletzung begehen, da die gesetzliche Impfpflicht eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag wäre, gegen die nicht geimpfte Arbeitnehmer verstoßen.
Arbeitnehmer, die also gegen die gesetzliche Impfpflicht verstoßen, müssen auch damit rechnen vom Arbeitgeber eine Abmahnung wegen einem Fehlverhalten zu erhalten.
Wenn sich nicht geimpfte Arbeitnehmer weiter weigern, sich impfen zu lassen, droht ihnen als letztes Mittel eine Kündigung, dabei ist auch eine außerordentliche (fristlose) Kündigung des Arbeitnehmers denkbar.
Aus personenbedingten bzw. verhaltensbedingten Gründen könnte der Arbeitgeber den nicht geimpften Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigen und müsste diesen entlassen, wie zum Beispiel bei einem Taxi-Fahrer, der wegen dem Verlust des Führerscheins nicht mehr fahren darf – auch diesen Taxi-Fahrer kann ein Arbeitgeber nicht mehr beschäftigen.
Erforderlich ist eine Negativprognose, also die Erwartung, dass der nicht geimpfte Arbeitnehmer sich auch weiterhin nicht impfen lässt.
Arbeitgeber, die den nicht geimpften Arbeitnehmer gar nicht verlieren wollen, dürfen diesen aber im Falle einer gesetzlichen Impflicht auch nicht einfach so weiterbeschäftigen.
Arbeitgeber, die nicht geimpfte Arbeitnehmer weiter beschäftigen würden gegen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber den übrigen geimpften Arbeitnehmern verstoßen.
Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gilt aber auch gegenüber dem nicht geimpften Arbeitnehmer, der so vor sich selbst geschützt werden soll.
Außerdem ist der Arbeitgeber auch zur Fürsorge gegenüber Kunden, Geschäftspartnern und sonstigen Dritten verpflichtet.
Es ist auch denkbar, dass Arbeitgeber, die nicht geimpfte Arbeitnehmer beschäftigen beachtliche Bußgelder zahlen müssen.
Eine gesetzliche Impfpflicht ist in Deutschland nichts Neues.
Es gibt bereits eine Masern-Pflichtimpfung für Arbeitnehmer in Arztpraxen, Krankenhäusern, Schulen und Kindergärten.
Arbeitgeber sind bereits seit dem Jahr 2020 verpflichtet keine Arbeitnehmer in den genannten Einrichtungen zu beschäftigen, die nicht gegen Masern geimpft sind.
Nicht geimpfte Arbeitnehmer musste der Arbeitgeber seit 2020 kündigen.
Die Pflichtimpfung gegen Covid19 ist somit arbeitsrechtlich nichts Neues.
Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2020 Eilanträge von Masern-Impfgegnern abgelehnt.
Der Arbeitgeber darf derzeit überwiegend den Impfstatus nicht abfragen, aber durch bestehende 3G-Regeln am Arbeitsplatz weiß der Arbeitgeber, welcher Arbeitnehmer geimpft oder genesen ist und welcher sich täglich testen muss.
Denn seit dem 24.11.2021 ist in § 28b Abs. 1 Infektionsschutzgesetz bis zum 19.03.2022 geregelt, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei Betreten der Arbeitsstätte einen Impf- oder Genesenennachweis oder eine aktuelle Bescheinigung über einen negativen Corona-Test mit sich führen müssen.
Die Einhaltung dieser 3G-Regelung am Arbeitsplatz muss vom Arbeitgeber täglich kontrolliert und dokumentiert werden.
Der Arbeitgeber hat deshalb auch ein Auskunftsrecht gegenüber dem Arbeitnehmer.
Arbeitnehmer, die sich weigern, dem Arbeitgeber Auskunft zu erteilen, können vom Arbeitgeber mit einer Abmahnung rechnen.
Wenn sich der Arbeitnehmer weiterhin weigert, Auskunft zu erteilen, muss der Arbeitnehmer mit einer verhaltensbedingte Kündigung in Form einer außerordentlichen Kündigung (fristlos) oder einer ordentlichen Kündigung (fristgerecht) rechnen.
Der Impfstatus oder dessen Abfrage stellt auch keinen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dar, da die Tatsache, ob ein Arbeitnehmer geimpft, genesen oder getestet ist, kein nach dem AGG geschütztes Merkmal ist.
Einige Impfgegner argumentieren damit, dass ihre Weltanschauung – eine nach dem AGG geschützte Tatsache – betroffen ist, dabei ist die persönliche Ansicht zur Impfung keine Frage der Weltanschauung.
Eine Benachteiligung liegt nur in den Fällen vor, wenn eine Arbeitnehmerin wegen einer bestehenden Schwangerschaft und damit geschlechtsbezogen nicht geimpft werden kann oder darf.
Auch Arbeitnehmer, die wegen einer Behinderung oder chronischen Erkrankung, tatsächlich nicht geimpft werden können, würden benachteiligt.
Dies ist aber sehr selten der Fall, da bei behinderten oder vorerkrankten Arbeitnehmer meist eine Impfung gerade wegen der Behinderung oder Vorerkrankung angezeigt ist.
Schwangere oder Behinderte, die tatsächlich benachteiligt sind, können gegen den Arbeitgeber Anspruch auf Entschädigung nach § 15 AGG haben.
Derzeit gibt es keinen grundsätzlichen Anspruch vom Arbeitgeber – entsprechend 2G – nur geimpfte oder genesene Arbeitnehmer zu beschäftigen.
Eine 2G-Regelung am Arbeitsplatz hat weitreichende, einschneidende Folgen für den Arbeitnehmer.
Nicht geimpfte Arbeitnehmer können der beruflichen Tätigkeit, die in Art. 12 GG verfassungsrechtlich geschützt ist, nicht mehr unbeschränkt nachgehen.
Dies hat Auswirkungen auf den Arbeitslohn und in der Folge auf die individuelle Lebensführung.
Es gibt derzeit kein Weisungsrecht des Arbeitgebers derart, dass er anordnet darf, dass der Arbeitnehmer sich gegen Covid19 impfen lassen muss.
Hierbei handelt es sich um eine höchstpersönliche Entscheidung des Arbeitnehmers.
Eine Weisung des Arbeitgebers, sich gegen Covid19 impfen zu lassen wäre als mittelbare Beeinträchtigung gewichtiger Rechtsgüter des Arbeitnehmers anzusehen und somit rechtswidrig (körperliche Unversehrtheit, Menschenwürde).
Daher kann der Arbeitgeber nach einer solchen rechtswidrigen Anweisung dem Arbeitnehmer, der diese Weisung nicht befolgt, weder eine Abmahnung noch eine Kündigung wegen der Verweigerung die Weisung zu befolgen aussprechen.
Es gibt aber bereits eine einrichtungsbezogene gesetzliche Impfpflicht, nach der Arbeitnehmer in
- Kliniken,
- Pflegeheimen,
- ambulanten Pflegediensten,
- Einrichtungen für behinderte Menschen,
- Arztpraxen,
- Entbindungseinrichtungen und ähnlichen Einrichtungen
nur mit Impfung beschäftigt werden dürfen.
Das bedeutet, dass Arbeitnehmer nach § 20a Infektionsschutzgesetz bis zum 15.03.2022 ihren Impfstatus dem Arbeitgeber nachweisen müssen.
Viele Arbeitgeber fragen dies deshalb derzeit bei Arbeitnehmern ab.
Nur Arbeitnehmer, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden dürfen, sind ausgenommen.
Wer gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld geahndet wird.
Dabei ist zu beachten, dass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer mit bis zu 2.500 € bestraft werden können.
Arbeitgeber, die neue Arbeitnehmer ab dem 16.03.2022 einstellen, müssen sich bereits zur Einstellung einen Impfnachweis vorlegen lassen.
Diese Regel gilt derzeit bis zum 31.12.2022.