Der Europäische Gerichtshof hat am 20.01.2022 zum Aktenzeichen C-594/19 P sein Urteil zu der Frage verkündet, ob das EuG zu Recht die Klage von Deutsche Lufthansa gegen den das förmliche Beihilfeprüfverfahren Frankfurt-Hahn-II abschließenden Beschluss der Kommission vom 01.10.2014 als unzulässig abgewiesen hat.
Aus der Pressemitteilung des EuGH vom 20.01.2022 ergibt sich:
Mit Beschluss vom 01.10.2014 über die staatliche Beihilfe Deutschlands betreffend die Finanzierung des Flughafens Frankfurt-Hahn im Zeitraum 2009-2011 (Beihilfesache SA.32833, „Frankfurt-Hahn II“) billigte die Kommission nach Durchführung eines förmlichen Prüfverfahrens drei Maßnahmen zugunsten des Flughafens Frankfurt-Hahn:
Die der Betreibergesellschaft des Flughafens vom Liquiditätspool des Landes Rheinland-Pfalz bereitgestellte Kreditlinie in Höhe von 45 Mio. Euro (1), zwei Darlehen der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (2) und die vom Land Rheinland-Pfalz gestellte Garantie zur Besicherung von 100 % der ausstehenden Darlehen der Investitions- und Strukturbank (3) stellten nach Ansicht der Kommission zwar staatliche Beihilfen dar, diese seien jedoch mit dem Binnenmarkt vereinbar. Drei weitere Darlehen der Investitions- und Strukturbank zugunsten der Betreibergesellschaft seien hingegen gar nicht erst als staatliche Beihilfen einzustufen.
Die Deutsche Lufthansa hat diesen Kommissionsbeschluss vor dem Gericht der EU angefochten, jedoch ohne Erfolg: Mit Beschluss vom 17. Mai 2019 (T-764/15) wies das Gericht die Klage als unzulässig ab, u.a. weil Lufthansa nicht nachgewiesen habe, dass sie von dem Kommissionsbeschluss individuell betroffen sei. Diese Klagevoraussetzung sei nicht verzichtbar, da es sich bei dem Kommissionsbeschluss nicht um einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter handele.
Die Deutsche Lufthansa hat gegen diesen Beschluss des Gerichts ein Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt.
Mit seinem Urteil weist der Gerichtshof das Rechtsmittel von Deutsche Lufthansa zurück und bestätigt damit die Unzulässigkeit ihrer Klage.
Der Gerichtshof führt u.a. aus, dass das Gericht rechtsfehlerfrei festgestellt habe, dass die bloße Beteiligung von Deutsche Lufthansa am Verwaltungsverfahren nicht für den Nachweis ausreiche, dass sie von dem angefochtenen Beschluss individuell betroffen wäre.
Konkurrenzunternehmen des von einer Beihilfe begünstigten Unternehmens könnten von dem Beschluss der Kommission, mit dem das förmliche Prüfverfahren abgeschlossen werde, insbesondere dann individuell betroffen sein, wenn ihre Marktstellung durch die fragliche Beihilfe spürbar beeinträchtigt werde.
Das Gericht sei im Rahmen seiner freien Würdigung des Sachverhalts, die im Rechtsmittelverfahren nicht in Frage gestellt werden könne – es sei denn, es werde mit einem Rechtsmittelgrund eine Verfälschung des Sachverhalts geltend gemacht, was Deutsche Lufthansa im vorliegenden Fall nicht getan habe –, zu dem Ergebnis gelangt, dass Deutsche Lufthansa nicht dargetan habe, dass sie infolge der Maßnahmen zugunsten des Flughafens Frankfurt-Hahn – selbst wenn Letztere tatsächlich an Ryanair durchgeleitet worden sein sollten – eine bedeutende Umsatzeinbuße, nicht unerhebliche finanzielle Verluste oder eine signifikante Verringerung ihrer Marktanteile auf dem betreffenden Markt oder den betreffenden Märkten erlitten habe. Ebenso wenig habe sie, so das Gericht, Einnahmeausfälle oder eine weniger günstige Entwicklung als die, die ohne diese Maßnahmen zu verzeichnen gewesen wäre, nachgewiesen.
Das Gericht habe zudem ausgeführt, dass mit dem Vorbringen von Deutsche Lufthansa zum größten Teil lediglich auf den allgemeinen Wettbewerbsdruck hingewiesen werde, den die Billigfluggesellschaften auf die herkömmlichen Fluggesellschaften ausübten. Dazu weist der Gerichtshof darauf hin, dass eine solche Feststellung nach ständiger Rechtsprechung nicht geeignet sei, darzutun, dass Deutsche Lufthansa durch den streitigen Beschluss spürbar beeinträchtigt worden wäre.
Die Deutsche Lufthansa habe somit nicht dargetan, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hätte, indem es zu dem Ergebnis gelangt sei, dass die Deutsche Lufthansa nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen habe, dass sie von den vom streitigen Beschluss erfassten Maßnahmen individuell betroffen sei, so dass ihre Nichtigkeitsklage nicht für zulässig erklärt werden könne.