Anspruch des Betriebsrats auf zur Verfügungstellung der dienstlichen Emailadressen von Beschäftigten im einstweiligen Verfügungsverfahren

07. Januar 2022 -

Das Landesarbeitsgericht Köln hat mit Beschluss vom 12.10.2021 zum Aktenzeichen 4 TaBVGa 10/21 entschieden, dass der Betriebsrat im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens einen Anspruch auf die zur Verfügungstellung der dienstlichen Emailadressen der Beschäftigten hat.

Der Anspruch besteht auch weiterhin nach einer erfolgreichen, aber noch nicht rechtskräftigen Wahlanfechtung, insbesondere im Hinblick auf eine bevorstehende Betriebsratswahl.

Der Betriebsrat hat im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens keinen Anspruch gegenüber der Arbeitgeberin auf generelle Duldung von Dienstreisen der Betriebsratsmitglieder zu deren Standorten.

Dieser eingeschränkte Anspruch ist abhängig von den Umständen des Einzelfalles.

Die Beteiligten streiten im Rahmen einer einstweiligen Verfügung u.a. um die Zurverfügungstellung von dienstlichen E-Mail-Adressen der Beschäftigten. Die Arbeitgeberin ist ein staatlich anerkannter Träger der freien Jungendhilfe.

Der Betriebsrat wurde im Oktober 2020 gewählt.

Die Betriebsratswahl wurde von der Arbeitgeberin angefochten.

Das LAG Köln gab dem Anfechtungsantrag statt (Beschluss vom 01.07.2021 – 10 BV 169/20), da bei der Wahl der Betriebsbegriff verkannt worden sei.

Unter anderem seien mehrere Standorte als selbstständige Betriebsstellen gemäß § 4 BetrVG zu bewerten.

Der Betriebsrat legte Beschwerde gegen den Beschluss ein. Die nächste turnusmäßige Betriebsratswahl findet zwischen März und Mai 2022 statt.

Seit November 2020 begehrte der Betriebsrat von der Arbeitgeberin die Zurverfügungstellung der dienstlichen E-Mail- Adressen der Beschäftigten der selbstständigen Betriebsstellen.

Die Arbeitgeberin wies dieses Begehren mit dem Hinweis auf die angefochtene Betriebsratswahl zurück.

Der Betriebsrat begehrt mit seinem Antrag die Herausgabe der dienstlichen E-Mail-Adressen der Beschäftigten der drei selbstständigen Standorte im Rahmen einer einstweiligen Verfügung.

Das ArbG hat die Anträge zurückgewiesen.

Die Beschwerde des Betriebsrats hat diesbezüglich Erfolg.

Der Betriebsrat hat einen Anspruch auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung, dass die dienstlichen E-Mail-Adressen der Beschäftigten der selbstständigen Standorte zur Verfügung gestellt werden.

Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten, sowie auf dessen Verlangen Einsicht in die erforderlichen Unterlagen zu gewähren.

Hieraus folgt ein entsprechender Anspruch des Betriebsrats, soweit die begehrte Information zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist.

Dem Betriebsrat soll es durch die Auskunft ermöglicht werden, in eigener Verantwortung zu prüfen, ob sich Aufgaben im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes ergeben und ob er zur Wahrnehmung dieser Aufgaben tätig werden muss (BAG, Beschluss vom 24.04.2018 – 1 ABR 6/16).

Die Kammer verkennt nicht, dass die Betriebsratswahl von der 10. Kammer des ArbG Köln auch wegen der Verkennung des Betriebsbegriffs für rechtsunwirksam erklärt worden ist. Wie das ArbG zutreffend ausführt, waren die selbstständigen Standorte an der Wahl des Betriebsrats beteiligt, so dass der Betriebsrat für die Belegschaft dieser Standorte zuständig ist.

Dieser muss grundsätzlich in die Lage versetzt werden, mit allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern dort zu kommunizieren.

Das gilt unabhängig von einer (etwaigen) Verkennung des Betriebsbegriffs durch den Wahlvorstand und der erfolgreichen Anfechtung der Betriebsratswahl in erster Instanz.

Durch die erfolgreiche Anfechtung verliert der fehlerhaft gewählte Betriebsrat sein Amt nicht rückwirkend. Dies geschieht erst mit Rechtskraft der Entscheidung.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Betriebsrat gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 BetrVG spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit einen aus drei Wahlberechtigten bestehenden Wahlvorstand bestellt.

Bei der Frist des § 16 Abs. 1 Satz 1 handelt es sich um eine Mindestfrist.

Die Bestellung des Wahlvorstandes zu einem früheren Zeitpunkt ist durchaus zulässig und im Allgemeinen auch zweckmäßig.

Das gilt insbesondere, wenn umfangreiche und/oder schwierige Arbeiten und Aufgaben anstehen.

Dies hat das LAG Köln hier wegen der besonderen Struktur mit zahlreichen unselbständigen Betriebsteilen bejaht.

Im Rahmen der Interessenabwägung hat das LAG weiter festgestellt, dass auch ein Verfügungsgrund besteht.

Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die bevorstehende Betriebsratswahl im Frühjahr 2022, für die der Betriebsrat die Bereitschaft zur Mitgliedschaft im Wahlvorstand abfragen will.

Es fehlte hier auch nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Die Arbeitgeberin hatte vorgetragen, dass die E-Mail-Adressen für den Großteil der Beschäftigten an den Standorten öffentlich zugänglich seien und es daher am Rechtsschutzbedürfnis fehle.

Das LAG Köln hat hier klargestellt, dass gerade dieser Vortrag verdeutlicht, dass nicht alle E- Mail-Adressen öffentlich zugänglich sind.

Der Betriebsrat ist für sämtliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zuständig, nicht nur für einen Großteil.