Das Landesarbeitsgericht Köln hat mit Urteil vom 29.01.2021 zum Aktenzeichen 10 Sa 138/20 entschieden, dass wenn bei einem vereinbarten Auslandszuschlag keine hinreichende klare Beschränkung auf eine Leistung für einen wirklichen Mehraufwand zu entnehmen ist, sondern er neben dem Ausgleich des materiellen Mehraufwands im Ausland auch der Abgeltung der allgemeinen und dienstortbezogenen immateriellen Belastungen dient, so handelt es sich um eine Zahlung mit Entgeltcharakter, die bei der Berechnung der Urlaubsabgeltung zu berücksichtigen ist.
Auszugehen ist bei der Berechnung des Urlaubsabgeltungsanspruchs von der Berechnung des Urlaubsentgelts im Sinne von § 11 Absatz 1 Satz 1 BUrlG (BAG, Urteil vom 13.05.2015 – 10 AZR 191/14 – ). Danach ist Maßstab der durchschnittliche Arbeitsverdienst, der dem Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs gewährt worden ist, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Im Fall der Urlaubsabgeltung ist auf die letzten 13 Wochen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzustellen. Relevant ist hierbei, dass Zahlungen des Arbeitgebers, die unabhängig von der tatsächlichen Arbeitsleistung des Arbeitnehmers monatlich erfolgen, in die Berechnung des Urlaubsentgelts nach § 11 Absatz 1 Satz 1 BUrlG grundsätzlich nicht einzustellen sind, weil es ansonsten zu einer vom Gesetz nicht gewollten doppelten Zahlung kommen würde (vgl. BAG, Urteil vom 10.12.2013 – 9 AZR 279/12 -, Randziffer 15).
Maßgeblich für die Beantwortung der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob der dem Kläger im Rahmen seiner Auslandseinsätze in K und S gewährte Auslandszuschlag als Berechnungsgrundlage für die Urlaubsabgeltung für 27 noch offene Urlaubstage zu berücksichtigen ist, ist die Auslegung der Vergütungsregelung im schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien unter § 6.
Sofern es sich bei dem Auslandszuschlag für den Kläger und die ihn in S begleitende Ehefrau um Aufwendungsersatz handeln würde, wäre dieser nicht zu berücksichtigen (vgl. BAG, Urteil vom 12.12.2001 – 5 AZR 257/00 -, Randziffer 15; Erfurter Kommentar – Gallner, § 11 BUrlG, Randziffer 14).
Allerdings gilt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 15.09.2011 – C–155/10), dass im Rahmen der Berechnung des Urlaubsentgelts Artikel 7 RL 2003/88 EG zu berücksichtigen ist. Danach muss der Arbeitnehmer während seines Urlaubs das gewöhnliche Arbeitsentgelt erhalten. Der Arbeitnehmer soll nämlich während des Urlaubs in die Lage versetzt werden, die in Bezug auf das Entgelt mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist. Jede Unannehmlichkeit, die untrennbar mit der Erfüllung der Aufgaben verbunden ist, ist zwingend Teil des Urlaubsentgeltanspruchs. Bestandteile, die ausschließlich gelegentlich anfallende Kosten decken, sind allerdings nicht zu berücksichtigen.
Ausgehend von der Anlehnung an § 53 BBesG, auf die das Arbeitsgericht in seiner erstinstanzlichen Entscheidung zutreffend hingewiesen hat, ist zu berücksichtigen, dass mit dem Auslandszuschlag nicht nur der materielle Mehraufwand des Klägers, sondern auch seine allgemeinen und dienstortbezogenen immateriellen Belastungen der allgemeinen Verwendung im Ausland abgegolten werden sollen. Dies ist ausdrücklich in § 53 Absatz 1 Satz 1 BBesG genannter Zweck des Auslandszuschlags. Hierzu hat beispielsweise das Bayerische Landesamt für Steuern zur Frage der steuerlichen Behandlung des pauschalierten Aufwendungsersatzes für Auslandstätigkeiten im Rahmen der Verfügung vom 18.11.2011 die Auffassung vertreten, dass eine vollumfängliche Steuerbefreiung nicht zu erfolgen hat, da der pauschalierte Aufwendungsersatz neben den materiellen Belastungen im Ausland auch die immateriellen Belastungen abgelte und daher einen finanziellen Ausgleich für erbrachte Tätigkeit als Entschädigung für den Zeitaufwand bzw. den Zeitverlust darstelle.
Zudem ist die Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts München (Urteil vom 26.02.2009 – 3 Sa 776/08 – ) zu § 4 TV Ang Ausland zu berücksichtigen, wonach einerseits die Inbezugnahme auf materielle Belastungen auf den Charakter als Aufwendungsersatz hindeutet, andererseits aber die Bezugnahme auf immaterielle Belastungen einen Hinweis darauf gibt, dass der Zuschlag eine allgemeine Erschwernis abgelten soll und daher Entgeltcharakter besitzt. Für den Lohnfortzahlungsanspruch nach § 37 Absatz 2 BetrVG hat das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 05.04.2000 (Aktenzeichen 7 AZR 213/99) darauf abgestellt, dass, sofern eine Leistung nicht vorwiegend der Abgeltung eines wirklichen Mehraufwandes dient, sondern jedenfalls auch besondere Belastungen ausgeglichen werden sollen – insbesondere die körperliche und nervliche Beanspruchung abgegolten werden, und insoweit eine hinreichend klare Aufspaltung der Leistung nicht möglich ist, insgesamt kein von der Lohnfortzahlung nach § 37 Absatz 2 BetrVG ausgenommener Aufwendungsersatz vorliege.
Mit Rücksicht darauf ist vorliegend dem vereinbarten Auslandszuschlag ebenfalls keine hinreichende klare Beschränkung auf eine Leistung für einen wirklichen Mehraufwand zu entnehmen. Entsprechend der zitierten Regelung in § 53 Absatz 1 Satz 1 BBesG liegt vielmehr in Gestalt des Auslandszuschlags eine Zahlung vor, mit der neben dem materiellen Mehraufwand im Ausland auch allgemeine und dienstortbezogene immaterielle Belastungen der allgemeinen Verwendung abgegolten werden sollen. Damit wird eine allgemeine Erschwernis abgegolten, die nach Auffassung der Kammer Entgeltcharakter besitzt. Als solche Leistung ist daher der Auslandszuschlag im Rahmen des Urlaubsentgeltes und auch im Rahmen der Urlaubsabgeltung zu berücksichtigen. Eine Beschränkung der Erstattungsfähigkeit auf solche materiellen oder immateriellen Belastungen, die ausschließlich der privaten Lebensführung zuzuordnen sind und damit nicht von der tatsächlichen Arbeitsleistung berührt werden, sind weder dem schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien in § 6 noch der angelehnten Vorschrift des § 53 BBesG zu entnehmen.