Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 09. Dezember 2021 zum Aktenzeichen 2 BvR 1333/21 entschieden, unter welchen Voraussetzungen es dem Beschwerdeführer zuzumuten ist, zur Durchführung eines Visumverfahrens in seinem Heimatland die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen und damit eine wenigstens vorübergehende Trennung von seinen hier aufenthaltsberechtigten Kindern hinzunehmen.
Der Beschwerdeführer ist am (…) geboren und nigerianischer Staatsangehöriger. Er reiste erstmals am 3. September 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte nach zwischenzeitlicher Ausreise bei seiner Wiedereinreise am 20. Juni 2016 einen Asylantrag. Im Polizeilichen Informationssystem (INPOL/SIS) ist er mit fünf Alias-Personalien betreffend die Schreibweise des Vor- beziehungsweise Nachnamens, das Geburtsjahr sowie den Geburtsort geführt.
Der Beschwerdeführer hat zusammen mit seiner im Oberallgäu lebenden nigerianischen Lebensgefährtin zwei gemeinsame Kinder, die am (…) und am (…) geboren wurden. Die Mutter der Kinder hat zudem ein weiteres Kind, das die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Daher sind sowohl die Lebensgefährtin als auch die beiden Kinder des Beschwerdeführers im Besitz von Aufenthaltserlaubnissen.
Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Kempten (Allgäu) vom 30. Mai 2017 wurde gegen den Beschwerdeführer wegen Urkundenfälschung eine Geldstrafe in Höhe von 80 Tagessätzen zu je zehn Euro verhängt. Bei einer Überprüfung am 31. Juli 2016 anlässlich einer Kontrolle in München hatte sich herausgestellt, dass es sich bei dem türkischen Passkontrollstempel im Nationalpass des Beschwerdeführers sowie dem Schengenvisum um Totalfälschungen handelt. Der bis zum 31. Juli 2021 gültige Nationalpass des Beschwerdeführers enthielt keine Fälschungsmerkmale.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte den Asylantrag mit Bescheid vom 31. Juli 2017 ab. Zugleich stellte es fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorlägen, und drohte die Abschiebung nach Nigeria an. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (im Folgenden: AufenthG) befristete das Bundesamt auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. In der Folge wurde der Beschwerdeführer geduldet, zuletzt mit Duldung vom 27. November 2020, gültig bis zum 16. Dezember 2020. Gegen den ablehnenden Asylbescheid erhob der Beschwerdeführer Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht), die mit rechtskräftigem Urteil vom 3. Juli 2019 abgewiesen wurde.
Mit Bescheid vom 4. Juni 2018 lehnte das Landratsamt Oberallgäu – Amt für Migration – (im Folgenden: Ausländerbehörde) einen noch während des laufenden Asylverfahrens gestellten Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung der elterlichen Sorge ab. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 31. Mai 2019 stellte der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2019 teilte die Ausländerbehörde mit, sie beabsichtige, den Antrag abzulehnen; sie bot dem Beschwerdeführer als Kompromiss an, unter der Bedingung, dass der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zurückgenommen werde, sich mit einer Vorabzustimmung zur Nachholung des Visumverfahrens gemäß § 31 Abs. 3 der Aufenthaltsverordnung (im Folgenden: AufenthV) einverstanden zu erklären.
Daraufhin nahm der Beschwerdeführer am 14. November 2019 den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zurück und legte der Ausländerbehörde zugleich eine Registrierung für die Zuweisung eines Vorsprachetermins zur Beantragung eines Visums bei dem deutschen Generalkonsulat in Nigeria, Lagos, (nachfolgend: Auslandsvertretung) vor. Am 4. Februar 2020 trafen der Beschwerdeführer und die Ausländerbehörde eine Vereinbarung dahingehend, dass der Beschwerdeführer bis zum 15. September 2020 den Termin zur Beantragung des Visums zur Familienzusammenführung sowie das Ausreisedatum (das kurz vor dem Termin liegen könne) mitteilen und bei Vorlage des Sprachzertifikats A1 eine Vorabzustimmung beantragen würde; im Gegenzug würde die Ausländerbehörde die Duldung übergangsweise bis zur Ausreise und Nachholung des Visumverfahrens aufrechterhalten und die Vorabzustimmung erteilen.
Die Auslandsvertretung wies dem Beschwerdeführer mit E-Mail vom 12. November 2020 einen Termin am 19. November 2020 zu. Im November 2020 bestand in Nigeria wegen der COVID-19-Pandemie für Einreisende eine einwöchige Quarantänepflicht. Auf den Hinweis des Beschwerdeführers an die Auslandsvertretung, dass er sich noch im Bundesgebiet aufhalte, teilte diese ihm mit, dass er sich nach Eintreffen in Nigeria erneut mit der Auslandsvertretung in Verbindung setzen solle, sodass ein neuer zeitnaher Termin vergeben werden könne. Der Beschwerdeführer reiste nicht aus.
Am 17. November 2020 beantragte der Beschwerdeführer bei der Ausländerbehörde erneut die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG. Am 7. Dezember 2020 stellte der Beschwerdeführer zudem einen Antrag auf Erteilung einer Duldung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG.
Mit angegriffenem Bescheid vom 17. Dezember 2020 lehnte die Ausländerbehörde den Antrag auf Erteilung einer Duldung vom 7. Dezember 2020 sowie den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 17. November 2020 ab. Zugleich forderte die Ausländerbehörde den Beschwerdeführer auf, das Bundesgebiet unverzüglich zu verlassen, und räumte ihm eine Frist zur freiwilligen Ausreise bis zum 16. Januar 2021 ein.
Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Duldung lägen nicht vor. Die Abschiebung sei insbesondere rechtlich möglich. Dem Beschwerdeführer sei die Trennung von seinen Kindern, um das Visumverfahren nachzuholen, zumutbar. Die nun unter Umständen etwas länger andauernde Trennung liege allein in der Verantwortung des Beschwerdeführers. Art. 6 GG gewähre keinen dauerhaften Anspruch auf Erteilung einer Duldung, zumal mit Nachholung des Visumverfahrens eine Rückkehr ins Bundesgebiet möglich sei und daher keine dauerhafte Trennung der Kinder von ihrem Vater erfolge.
Auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG scheide aus. Es fehle insbesondere an der rechtlichen Unmöglichkeit der Ausreise. Ein Visumverfahren sei immer mit Unannehmlichkeiten (Zeit- und Geldaufwand) verbunden. Für das Visumverfahren sei ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Vorabzustimmung hingewiesen worden, um die Zeit des Getrenntlebens von der Familie zu verkürzen. Der Beschwerdeführer habe es selbst in der Hand gehabt, sich bereits von Deutschland aus um ein Einreisevisum zur Familienzusammenführung bei der Auslandsvertretung zu bemühen.
Der Beschwerdeführer erhob hierauf am 28. Dezember 2020 Klage zum Verwaltungsgericht und beantragte, den Freistaat Bayern als Rechtsträger der Ausländerbehörde zu verpflichten, dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen und ihm bis dahin eine Duldungsbescheinigung gemäß § 60a AufenthG auszustellen. Über die Klage ist in der Hauptsache noch nicht entschieden.
Ebenfalls am 28. Dezember 2020 suchte der Beschwerdeführer bei dem Verwaltungsgericht um einstweiligen Rechtsschutz nach und beantragte, die Ausländerbehörde zu verpflichten, den Beschwerdeführer vorläufig und bis zur Bestandskraft der Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG nicht abzuschieben und ihm eine Duldungsbescheinigung gemäß § 60a AufenthG auszustellen.
- Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag mit angegriffenem Beschluss vom 11. Februar 2021 ab.
Es bestehe kein Anordnungsanspruch. Die vom Beschwerdeführer dargelegten Gründe genügten insbesondere nicht für die Annahme, dass die Ausreise beziehungsweise Abschiebung aus rechtlichen Gründen unmöglich wäre, wie es § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG und § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG voraussetzten. Die Feststellung allein, der Beschwerdeführer habe (möglicherweise) einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf einen Daueraufenthalt zur Ausübung der Personensorge für seine Kinder, führe noch nicht zu einer rechtlichen Unmöglichkeit der Ausreise. Soweit die Nachholung des Visumverfahrens im Ausland erforderlich sei, sei dessen Durchführung nicht von vorneherein unzumutbar, auch wenn es mit einer vorübergehenden Trennung der Familie verbunden sei. Zudem sei davon auszugehen, dass ein eventuell bestehendes Daueraufenthaltsrecht des Beschwerdeführers aufgrund des verfassungsrechtlichen Schutzes seiner familiären Bindungen im Bundesgebiet auch bei der Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der außergewöhnlichen Härte und der Ausübung des Ermessens im Rahmen der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG durchgreifen müsse, soweit eine schützenswerte familiäre Gemeinschaft vorliege und diese nur im Bundesgebiet gelebt werden könne.
Hiergegen legte der Beschwerdeführer Beschwerde ein. Erstmals im Beschwerdeverfahren beantragte er, ihm in der Duldung sein Recht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu bescheinigen.
Mit Schreiben vom 31. März 2021 legte der Antragsgegner, der Freistaat Bayern, eine Auskunft der Visaabteilung der Auslandsvertretung an die Ausländerbehörde vom 17. Februar 2021 vor, die auszugsweise lautet:
„[G]enerell gilt für (nachzuholende) Visumverfahren in Nigeria Folgendes:
Urkundenüberprüfung:
Aufgrund gravierender Mängel im nigerianischen Urkundswesen lässt das deutsche Generalkonsulat in Lagos in fast allen Familienzusammenführungsfällen die Identität der Antragsteller prüfen – insbesondere, wenn der Fall über die regulären Zweifel hinaus gehende Punkte für eine Urkundenüberprüfung bietet (z.B. bei Antragstellern mit Aliasidentitäten). […]
Das Urkundenüberprüfungsverfahren dauert derzeit mindestens fünf Monate, je nachdem, wie schnell die notwendigen Unterlagen seitens des Antragstellers vorgelegt werden. Zu beachten ist hierbei, dass Referenzpersonen in Nigeria befragt werden müssen, Einsicht in Standesamtsregister aber auch in Schulregister und/oder Kirchenbücher genommen wird. Dies nimmt bei einem Flächenstaat wie Nigeria eine gewisse Zeit in Anspruch, eine Beschleunigung des Verfahrens ist nicht möglich. […]
Terminbuchung:
Das kostenfreie Online-Terminvergabesystem des Auswärtigen Amts wird […] auch am Generalkonsulat in Lagos eingesetzt. […] Eine Buchung auf anderem Wege ist grundsätzlich nicht möglich. In Lagos besteht in allen Visumkategorien eine hohe Visumnachfrage, auch beim Familiennachzug. Das Auswärtige Amt bemüht sich, bestehende Wartezeiten (ca. ein Jahr) so weit wie möglich zu reduzieren. […]
Dauer Visumverfahren – Nachzug mit Vorabzustimmung
Eine Vorabzustimmung verkürzt das Verfahren – allerdings lediglich um die Übersendung des Antrages und das jeweilige Abwarten der Rückmeldung der Ausländerbehörde. Die Dauer des Visumverfahrens in den Fällen des Ehegattennachzugs (nach Art. 6 GG schützenswerte Verbindung zwischen den Eheleuten vorausgesetzt) beträgt ab der Einreichung des vollständigen [Hervorhebung im Original] Visumantrags (vgl. hierzu das Merkblatt des Generalkonsulates in Lagos) an einem zuvor gebuchten Online-Termin zur Familienzusammenführung bei gleichzeitiger Vorlage der Vorabzustimmung und einer bereits durchgeführten Urkundenüberprüfung, bei der die Identität des Antragstellers geklärt wurde, derzeit mindestens fünf Wochen. […] Sofern die Durchführung einer Urkundenüberprüfung zur Identitätsfeststellung nicht notwendig sein sollte, ist bei Vorlage einer Vorabzustimmung mit einer Bearbeitungszeit von mindestens fünf Wochen zu rechnen. Die Prüfung der Notwendigkeit erfolgt im Rahmen der Visumbeantragung. Eine Vorabprüfung hinsichtlich der Notwendigkeit ist nicht möglich.
Eine Beschleunigung des Verfahrens ist leider nicht möglich.“
Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens teilte die Ausländerbehörde mit Schreiben vom 14. Juni 2021 mit, dass die Auslandsvertretung dem Beschwerdeführer mit E-Mail vom 11. Juni 2021 einen neuen Termin zur Vorsprache für die Beantragung eines Visumtermins am 12. Juli 2021 mitgeteilt habe. Hierzu trug der Beschwerdeführer vor, dass trotz des Vorsprachetermins ungewiss sei, ob und wann ihm ein Visum ausgestellt werde und sich vorrangig die Rechtsfrage nach der Auslegung des § 36 Abs. 2 AufenthG stelle.
Die Beschwerde wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (im Folgenden: Verwaltungsgerichtshof) mit Beschluss vom 24. Juni 2021 zurück. Der Verwaltungsgerichtshof legte die Beschwerde dahingehend aus, dass der Beschwerdeführer eine einstweilige Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG beziehungsweise eine einstweilige Verfahrensduldung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG sowie § 25 Abs. 5 AufenthG begehre, außerdem eine einstweilige Beschäftigungserlaubnis nach § 4a Abs. 4 AufenthG in Verbindung mit § 32 Abs. 1 der Verordnung über die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern (im Folgenden: BeschV). Die so verstandenen, zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden seien unbegründet. Ein Anordnungsanspruch sei jeweils nicht genügend dargelegt und glaubhaft gemacht.
Dies gelte zum einen für den Anspruch auf Erteilung einer Duldung. Der Abschiebung stünden nicht die familiären Bindungen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nach Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK wegen der Unzumutbarkeit der Nachholung des Visumverfahrens entgegen.
Art. 6 GG und die daraus nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgenden Maßgaben seien gewahrt. Ein ohne das erforderliche Visum eingereister Asylbewerber habe daher nach dem erfolglosen Abschluss seines Asylverfahrens grundsätzlich – nicht anders als jeder andere Ausländer – ein Sichtvermerkverfahren im Heimatland durchzuführen. Der Ausländer habe es durch die Gestaltung seiner Ausreise selbst in der Hand, die für die Durchführung des Visumverfahrens erforderliche Dauer seiner Abwesenheit im Bundesgebiet möglichst kurz zu halten, indem er beispielsweise – unter Mitwirkung der zuständigen Ausländerbehörde – deren Vorabzustimmung einhole.
Dass ein Betroffener ein kleines Kind habe, das ein Bleiberecht im Bundesgebiet habe beziehungsweise mit deutscher Staatsangehörigkeit im Familienverband des Betroffenen lebe, sei nicht als besonderer Umstand des Einzelfalls zu werten, der die Nachholung des Visumverfahrens unzumutbar mache, da es im Verantwortungsbereich des Ausländers liege, die Ausreisemodalitäten und den Ausreisezeitpunkt in Absprache mit der Ausländerbehörde so familienverträglich wie möglich zu gestalten. Allerdings müsse die Dauer des Visumverfahrens absehbar sein. Dazu müsse unter anderem geklärt sein, ob die grundsätzliche Möglichkeit zum Familiennachzug bestehe.
Gemessen an diesen Maßstäben zeige der Beschwerdeführer nicht auf, dass die mit der Nachholung des Visumverfahrens verbundene Trennung unzumutbar wäre. Es sei zu seinen Gunsten von dem Bestehen einer schützenswerten familiären Beistands- und Erziehungsgemeinschaft auszugehen. Allerdings sei mit Blick hierauf und die entgegenstehenden öffentlichen Interessen eine unzumutbar lange Trennung der Familie nicht zu befürchten.
Die in Rede stehende Dauer für die Durchführung des Visumverfahrens sei im Sinne der aufgezeigten Maßstäbe absehbar.
Hierbei sei maßgeblich, dass die zuständige Ausländerbehörde dem Beschwerdeführer in Aussicht gestellt habe, nach Mitteilung des Vorsprachetermins bei der zuständigen Auslandsvertretung, der Übermittlung eines Nachweises für die Ausreise und der Vorlage eines A1-Sprachzertifikats die für die Erteilung des Visums erforderliche Vorabzustimmung zu erteilen und die Frist zur Ausreise anzupassen. Derzeit betrage die Bearbeitungszeit ab Antragstellung im Fall einer Vorabzustimmung und der Entbehrlichkeit einer Urkundenüberprüfung zur Identitätsfeststellung „circa fünf Wochen“. Dem setze die Beschwerde tatsächlich nichts entgegen. Der Beschwerdeführer habe auch im Beschwerdeverfahren weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass es ihm unmöglich oder unzumutbar sei, die genannten Voraussetzungen für eine familienverträgliche Ausgestaltung der Dauer des Visumverfahrens zu erfüllen, die er im Übrigen in der Beschwerde nicht angreife und die sämtlich in seiner Sphäre lägen.
Nichts anderes ergebe sich dadurch, dass der Beschwerdeführer auf die von der zuständigen Auslandsvertretung zu berücksichtigenden Prüfungsmaßstäbe für die spätere Erteilung eines Visums nach § 36 Abs. 2 AufenthG in den Verwaltungsvorschriften und dem Visa-Handbuch des Auswärtigen Amtes, speziell zu dem Begriff der außergewöhnlichen Härte, verweise. Das streitgegenständliche Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes betreffe lediglich die Erteilung einer einstweiligen Duldung; es könne hierin offenbleiben, ob und in welchem Umfang bezüglich der Frage der absehbaren tatsächlichen Dauer der Trennung eine Inzidentprüfung der Erfolgsaussichten des weder gestellten noch beschiedenen Antrags auf Erteilung eines solchen Visums möglich oder erforderlich sei. Es bestehe auch gegenüber der Auslandsvertretung ein Vorrang der Bindungswirkung der Verfassungsnorm des Art. 6 GG gegenüber einfachem Gesetzesrecht und den Verwaltungsvorschriften. Außerdem blende der Beschwerdeführer aus, dass die Ausländerbehörde ihm eine Vorabzustimmung in Aussicht gestellt habe.
Zwar könne die Auslandsvertretung die Erteilung des beantragten Visums trotz Vorabzustimmung mit eigenständigen Erwägungen zu den aufenthaltsrechtlichen Maßstäben ablehnen. Allerdings bestehe in der Praxis zwischen Auslandsvertretung und Ausländerbehörde insoweit regelmäßig Übereinstimmung. Konkrete Anhaltspunkte, die ausnahmsweise eine Abweichung nahelegen würden, habe der Beschwerdeführer weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Es spreche bei summarischer Prüfung im vorliegenden Fall vieles dafür, dass das Visum werde erteilt werden können.
) Der Beschwerdeführer habe auch einen Anspruch auf Erteilung einer Verfahrensduldung nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht. Diese könnte nur ausnahmsweise zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes erteilt werden, wenn eine Aussetzung der Abschiebung notwendig sei, um die für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erforderlichen und tatsächlich gegebenen tatbestandlichen Voraussetzungen für die Dauer des Verfahrens aufrechtzuerhalten und so sicherzustellen, dass eine aufenthaltsrechtliche Regelung einem möglicherweise Begünstigten zugutekommen kann. Für eine derartige ausnahmsweise Erteilung sei erforderlich, dass mit hinreichender Sicherheit die geltend gemachte Anspruchsgrundlage einschlägig sei und deren Voraussetzungen gegeben seien.
Der Beschwerdeführer habe nicht aufgezeigt, dass diese Anforderungen erfüllt seien. Es fehle für eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG jedenfalls an der speziellen Erteilungsvoraussetzung der rechtlichen Unmöglichkeit der Ausreise (mit Verweis auf a]). Selbst wenn man dies abweichend beurteilen würde, ergäbe sich nichts anderes, da der Ausschlussgrund des § 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG entgegenstünde. Danach dürfe eine Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert sei. Ein Verschulden des Beschwerdeführers wäre jedoch zu bejahen. Die Auslandsvertretung habe den Beschwerdeführer darüber informiert, dass er sich nach Eintreffen in Nigeria erneut mit der Auslandsvertretung in Verbindung setzen solle, damit ein neuer zeitnaher Termin vergeben werden könne. Dies habe der Beschwerdeführer jedoch nicht getan. Mit seinem Vorgehen habe der Beschwerdeführer das vereinbarte nahtlose Ineinandergreifen von Duldung bis zur Ausreise, Ausreise, Vorsprachetermin bei der Auslandsvertretung, Vorabzustimmung und anschließende verkürzte Bearbeitungszeit verhindert.
Auch ein Anordnungsanspruch auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis sei nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht. Es fehle an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis für den verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz, da der Beschwerdeführer es versäumt habe, einen Antrag bei der Behörde zu stellen, und sein Begehren erstmals im Beschwerdeverfahren geltend gemacht habe.
Der Beschwerdeführer hat am 28. Juli 2021 Verfassungsbeschwerde erhoben und zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Er rügt die Verletzung seines Grundrechts aus Art. 6 Abs. 1 GG, das ausländerrechtliche Schutzwirkungen entfalte und dazu verpflichte, bei Entscheidungen über ein Aufenthaltsbegehren bestehende familiäre Bindungen des Ausländers in der Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen. Die zu erwartende langfristige Trennung des Beschwerdeführers von seinen Kindern verletze ihn, aber auch seine Kinder in seinen beziehungsweise ihren Grundrechten aus Art. 6 Abs. 1 GG. Erstens sei zu befürchten, dass dem Beschwerdeführer gar kein Visum erteilt werde. Zweitens wäre mit einer erheblich längeren Verfahrensdauer zu rechnen als jenen einigen Wochen, die die angegriffenen Rechtsakte zugrunde legten. Der Beschwerdeführer rügt ferner die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Juni 2021, dem Beschwerdeführer eine einstweilige Duldung sowie eine einstweilige Verfahrensduldung zu versagen, verletzt diesen in seinem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 GG.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährt Art. 6 GG keinen unmittelbaren Anspruch auf Einreise und Aufenthalt zwecks Nachzugs zu bereits im Bundesgebiet lebenden Angehörigen (vgl. BVerfGE 76, 1 <47>; BVerfGK 7, 49 <54 f.>). Allerdings verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, das heißt entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dieser verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz der Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 GG darauf, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbegehren seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen (vgl. BVerfGE 76, 1 <49 ff.>; 80, 81 <93>). Dabei ist grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalles geboten, bei der auf der einen Seite die familiären Bindungen zu berücksichtigen sind, auf der anderen Seite aber auch die sonstigen Umstände des Einzelfalles (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Juni 2013 – 2 BvR 586/13 -, Rn. 12 m.w.N.). Die Belange der Bundesrepublik Deutschland überwiegen das durch Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG geschützte private Interesse eines Ausländers und seines Kindes an der Aufrechterhaltung der zwischen ihnen bestehenden Lebensgemeinschaft nicht ohne weiteres schon deshalb, weil der Ausländer vor Entstehung der zu schützenden Lebensgemeinschaft gegen aufenthaltsrechtliche Bestimmungen verstoßen hat, wenn durch das nachträgliche Entstehen der von Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG grundsätzlich geschützten Lebensgemeinschaft eine neue Situation eingetreten ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 10. August 1994 – 2 BvR 1542/94 -, juris, Rn. 11).
Kann die Lebensgemeinschaft zwischen einem Ausländer und seinem Kind nur in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden, etwa weil das Kind deutscher Staatsangehörigkeit und ihm wegen der Beziehungen zu seiner Mutter das Verlassen der Bundesrepublik Deutschland nicht zumutbar ist, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, einwanderungspolitische Belange regelmäßig zurück. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die von einem Familienmitglied tatsächlich erbrachte Lebenshilfe auch von anderen Personen erbracht werden könnte. Bei einer Vater-Kind-Beziehung kommt hinzu, dass der spezifische Erziehungsbeitrag des Vaters nicht durch Betreuungsleistungen der Mutter oder dritter Personen entbehrlich wird, sondern eigenständige Bedeutung für die Entwicklung des Kindes haben kann (vgl. BVerfGK 7, 49 <56>; BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Januar 2006 – 2 BvR 1935/05 -, Rn. 17, und vom 5. Juni 2013 – 2 BvR 586/13 -, Rn. 13).
Mit dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG ist es grundsätzlich vereinbar, den Ausländer auf die Einholung eines erforderlichen Visums zu verweisen (vgl. BVerfGK 13, 26 <27 f.>). Das Visumverfahren bietet Gelegenheit, die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen zu überprüfen. Das Aufenthaltsgesetz trägt dabei dem Gebot der Verhältnismäßigkeit Rechnung, indem es unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG im Einzelfall erlaubt, von dem grundsätzlichen Erfordernis einer Einreise mit dem erforderlichen Visum (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG) abzusehen. Der mit der Durchführung des Visumverfahrens üblicherweise einhergehende Zeitablauf ist von demjenigen, der die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland begehrt, regelmäßig hinzunehmen (vgl. BVerfGK 13, 562 <567>).
Bei aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen, die den Umgang mit einem Kind berühren, ist maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen und im Einzelfall zu untersuchen, ob tatsächlich eine persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist. Dabei sind die Belange des Elternteils und des Kindes umfassend zu berücksichtigen. Dementsprechend ist im Einzelfall zu würdigen, in welcher Form die Elternverantwortung ausgeübt wird und welche Folgen eine endgültige oder vorübergehende Trennung für die gelebte Eltern-Kind-Beziehung und das Kindeswohl hätte. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass der persönliche Kontakt des Kindes zu seinen Eltern und der damit verbundene Aufbau und die Kontinuität emotionaler Bindungen zu Vater und Mutter in der Regel der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes dienen (vgl. BVerfGE 56, 363 <384>; 79, 51 <63 f.>). Eine auch nur vorübergehende Trennung kann nicht als zumutbar angesehen werden, wenn das Gericht keine Vorstellung davon entwickelt, welchen Trennungszeitraum es für zumutbar erachtet. Ein hohes, gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechendes Gewicht haben die Folgen einer vorübergehenden Trennung insbesondere, wenn ein noch sehr kleines Kind betroffen ist, das den nur vorübergehenden Charakter einer räumlichen Trennung möglicherweise nicht begreifen kann und diese rasch als endgültigen Verlust erfährt (vgl. BVerfGK 14, 458 <465> in Bezug auf eine Abschiebung wegen fehlenden Aufenthaltstitels; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Januar 2006 – 2 BvR 1935/05 – in Bezug auf eine Ausweisung).
Die Dichte der verfassungsgerichtlichen Kontrolle muss dem Rang und der Bedeutung Rechnung tragen, die das Grundgesetz der Familie in ihren verschiedenen Gestaltungsformen und Funktionen als einem gegen den Staat abgeschirmten und die Vielfalt der Freiheitskonkretisierungen schützenden Autonomiebereich beimisst (vgl. BVerfGE 76, 1 <51 ff.>; 80, 81 <93 f.>). Bei der Überprüfung fachgerichtlicher Entscheidungen prüft das Bundesverfassungsgericht daher, ob die notwendige Abwägung stattgefunden hat und ob Grundlage und Abwägungsergebnis dem sich aus Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG ergebenden Gebot gerecht werden, die ehelichen und familiären Bindungen in angemessener Weise zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 76, 1 <50 f.>).
Daran gemessen hat der Verwaltungsgerichtshof bei der Frage, ob dem Beschwerdeführer eine einstweilige Duldung auf der Grundlage des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG zu erteilen ist, die möglichen Beeinträchtigungen von Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG nicht hinreichend berücksichtigt. Der Verwaltungsgerichtshof ist davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer einen Anordnungsanspruch nicht in genügender Weise glaubhaft gemacht und insbesondere nicht aufgezeigt habe, dass die mit der Nachholung des Visumverfahrens verbundene Trennung für ihn unzumutbar wäre. Das genügt angesichts der bestehenden einfachrechtlichen Ungewissheiten nicht, um die Zumutbarkeit der Trennung des Beschwerdeführers von seiner Familie infolge der Abschiebung – insbesondere aus der Perspektive seiner Kinder – in verfassungsmäßig tragfähiger Weise zu beurteilen.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs erweist sich bereits deshalb als verfassungsrechtlich unzureichend, weil sie nicht auf einer gültigen Prognose beruht. Sie begründet nicht hinreichend, warum die Verweisung des Beschwerdeführers auf die Nachholung des Visumverfahrens vom Ausland aus eine lediglich vorübergehende und keine dauerhafte Trennung für den Beschwerdeführer und seine Kinder zur Folge habe.
Eine solche Begründung war von Verfassungs wegen geboten. Die Fachgerichte können von ihr lediglich absehen, wenn es im konkreten Fall mit Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG vereinbar ist, dem Ausländer und seinem Kind die Lebensgemeinschaft in der Bundesrepublik Deutschland auf Dauer zu verwehren, etwa weil die Familiengemeinschaft auch außerhalb der Bundesrepublik Deutschland in zumutbarer Weise gelebt werden kann (vgl. BVerfGK 13, 562 <567 f.> sowie Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 27. August 2003 – 2 BvR 1064/03 -, juris, Rn. 6 f.) oder weil die dauerhafte Trennung der Familie ausnahmsweise zumutbar ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 10. August 1994 – 2 BvR 1542/94 -, juris, Rn. 11 f.). Eine derartige Feststellung hat der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall jedoch nicht getroffen.
Der Verwaltungsgerichtshof geht vielmehr davon aus, dass eine dauerhafte Trennung nicht zu erwarten sei, und begründet dies lediglich mit dem Argument, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 2 AufenthG ein Visum erteilt werden könne. Dass dessen Erteilung an hohe Hürden gebunden ist und die Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte voraussetzt, wofür die höchstrichterliche Rechtsprechung verlangt, dass der schutzbedürftige Familienangehörige ein eigenständiges Leben nicht führen kann, sondern auf die Gewährung familiärer Lebenshilfe dringend angewiesen ist, und dass diese Hilfe in zumutbarer Weise nur in Deutschland erbracht werden kann (vgl. BVerwGE 147, 278 <281 f. Rn. 11 ff.>; vgl. hierzu auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 20. Juni 2016 – 2 BvR 748/13 -, juris, Rn. 13), findet in der Prognose des Verwaltungsgerichtshofs jedoch keinen Niederschlag.
Eine außergewöhnliche Härte kann nur unter Berücksichtigung aller im Einzelfall relevanten, auf die Notwendigkeit der Herstellung oder Erhaltung der Familiengemeinschaft bezogenen konkreten Umstände festgestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 20. Juni 2016 – 2 BvR 748/13 -, Rn. 13; BVerwG, Urteil vom 30. Juli 2013 – 1 C 15/12 -, juris, Rn. 12; Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 9.12 -, juris, Rn. 23; Hailbronner, in: ders., Ausländerrecht, § 36 AufenthG Rn. 16 <1. März 2020>). Dabei sind zwar Bedeutung und Tragweite von Art. 6 Abs. 1 GG zu berücksichtigen. Die Schutzwirkungen dieses Grundrechts werden jedoch durch das jeweilige Gewicht der familiären Bindungen beeinflusst (vgl. Hailbronner, in: ders., Ausländerrecht, § 36 AufenthG Rn. 13 <1. März 2020>), wobei alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind, auch die Auswirkungen, die eine Verlegung eines gemeinsamen Wohnsitzes ins Ausland für alle der familiären Lebensgemeinschaft angehörenden Familienmitglieder hätte (vgl. zur sogenannten „Patchworkfamilie“ BVerwG, Urteil vom 30. Juli 2013 – 1 C 15/12 -, juris, Rn. 14 ff.; Hailbronner, in: ders., Ausländerrecht, § 36 AufenthG Rn. 16 <1. März 2020>).
Die Erteilung des Visums nach § 6 Abs. 3 in Verbindung mit § 36 Abs. 2 AufenthG liegt vor diesem Hintergrund im Ermessen der zuständigen Behörde, vorliegend des Generalkonsulats in Lagos. Neben den Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 AufenthG müssen in der Regel auch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Die zuständige Behörde könnte die Erteilung des Visums versagen, weil sie das Vorliegen einer außergewöhnlichen Härte im Sinne des § 36 Abs. 2 AufenthG verneint, etwa weil sie zum Ergebnis kommt, dass die familiäre Lebensgemeinschaft im Ausland auch mit dem deutschen Kind der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers fortgeführt werden kann (dazu vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juli 2013 – 1 C 15/12 -, juris, Rn. 14 ff.; kritisch hierzu Oberhäuser, in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 36 AufenthG Rn. 26), oder sie das Vorliegen einer Regelerteilungsvoraussetzung, etwa die Sicherung des Lebensunterhalts (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 9/12 -, juris, Rn. 23), verneint. Zwar kann bei Vorliegen eines Ausnahmefalls von einer Regelerteilungsvoraussetzung abgesehen werden (vgl. Samel, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 5 AufenthG Rn. 8 ff.). Ein solcher Ausnahmefall liegt auch dann vor, wenn etwa wegen Art. 6 GG die Erteilung eines Visums zum Familiennachzug geboten ist (vgl. BVerfGK 11, 179 <186>; BVerwG, Urteil vom 26. August 2008 – 1 C 32/07 -, juris, Rn. 27 ff.); allerdings muss nach der Rechtsprechung einzelner Oberverwaltungsgerichte auch dann das in § 29 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG normierte Wohnraumerfordernis erfüllt sein (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. Dezember 2018 – OVG 3 B 8.18 -, juris, Rn. 26 ff.). Diese Unwägbarkeiten vermindern die Wahrscheinlichkeit, dass dem Beschwerdeführer auch tatsächlich ein Visum erteilt wird, und müssen daher Eingang in die vom Verwaltungsgerichthof anzustellende Prognose finden.
Zudem fehlt die Berücksichtigung des Umstands, dass – falls der Beschwerdeführer nicht freiwillig ausreist und abgeschoben werden muss – das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in seinem Bescheid vom 31. Juli 2017 ein Einreise- und Aufenthaltsverbot von 30 Monaten ab dem Tag der Abschiebung verfügt hat. Nach gegenwärtigem Stand würde sich dieses Verbot auf die zu erwartende Trennungszeit auswirken und auch die Zumutbarkeitsschwelle für den Beschwerdeführer und seine Kinder verschieben.
Schließlich beruht die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs hinsichtlich der zu erwartenden Dauer des Visumverfahrens auf keiner gültigen Prognose.
Dabei kann offenbleiben, ob die Annahme einer „circa“ fünfwöchigen Bearbeitungsdauer in der Auskunft der Visaabteilung der Auslandsvertretung eine hinreichende Stütze findet. Denn hiernach nimmt die Bearbeitung „mindestens fünf Wochen“ nur für den Fall in Anspruch, dass eine Urkundenüberprüfung entbehrlich ist. Angesichts der Aliasidentitäten des Beschwerdeführers liegt dies nicht unbedingt nahe.
Jedenfalls ist die Prognose über die zu erwartende Dauer unvollständig. Die tatsächliche Dauer des Visumverfahrens, einschließlich der durchzuführenden Urkundenüberprüfung, hängt – worauf die Auslandsvertretung hinweist – entscheidend von der Mitwirkung des Ausländers ab. Eine fehlende Mitwirkung kann daher auch längere Wartezeiten rechtfertigen. Zudem würde es die Erkenntnisfähigkeit von Behörden und Gerichten überfordern, bei der Prognose über die Dauer des Visumverfahrens und der damit verbundenen Trennung des Ausländers von seinem in Deutschland aufenthaltsberechtigten Kind eine präzise Vorstellung davon zu entwickeln, mit welcher Trennungszeit tatsächlich im Falle der Duldungsversagung zu rechnen wäre, wenn der Ausländer nicht das in seiner Sphäre Liegende beiträgt, um das Verfahren zu betreiben und zu einem zeitnahen Abschluss zu bringen.
Dies in Rechnung gestellt, blendet der Verwaltungsgerichtshof bei seiner Prognose über die Dauer des Visumverfahrens jedoch aus, dass die – womöglich nicht belastbaren – fünf Wochen erst mit Antragstellung beginnen. Diese setzt nach der Praxis der Auslandsvertretungen einen Termin voraus, den der Beschwerdeführer derzeit nicht hat und für den die regelmäßige Wartezeit laut Auskunft der Auslandsvertretung circa ein Jahr beträgt. Eine Vorabzustimmung ist bisher nicht erteilt.
Dass der Beschwerdeführer Einfluss darauf hat, rechtzeitig einen Termin bei der Auslandsvertretung zu vereinbaren, die Vorabzustimmung zu erreichen und durch freiwillige Ausreise dem Einreise- und Aufenthaltsverbot zu entgehen beziehungsweise auf dessen Verkürzung nach § 11 Abs. 4 AufenthG hinzuwirken, mögen Aspekte sein, die sich in der Abwägungsentscheidung zu Lasten des Beschwerdeführers auswirken können. Dies entbindet den Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht davon, eine Vorstellung zu entwickeln und eine gültige Prognose darüber anzustellen, mit welcher Trennungszeit der Beschwerdeführer im Fall der Duldungsversagung voraussichtlich tatsächlich zu rechnen hätte.
Die aufgeführten Defizite betreffen auch die Entscheidung über eine einstweilige Verfahrensduldung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG sowie § 25 Abs. 5 AufenthG.
Der Verwaltungsgerichtshof hat den Antrag auf Erteilung einer Verfahrensduldung abgelehnt, weil es an der rechtlichen Unmöglichkeit der Ausreise als Voraussetzung für den begehrten Aufenthaltstitel gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG fehle. Zur Begründung hat er auf die Gründe für die Ablehnung des Antrags auf einstweilige Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG verwiesen, die aus den dargestellten Gründen nicht tragfähig ist.
Darüber hinaus hat er – selbständig tragend – die Ablehnung des Antrags damit begründet, dass der Beschwerdeführer nicht unverschuldet an der Ausreise gehindert sei und daher der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis § 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG entgegenstehe. Da es jedoch an einer gültigen Prognose darüber fehlt, ob dem Beschwerdeführer die Trennung von seiner Familie und damit die Ausreise zumutbar ist, kann auch die Zumutbarkeit der Vorbereitungshandlungen für die Ausreise nicht angenommen werden.