Das Finanzgericht Hamburg hat am 20.08.2021 zum Aktenzeichen 6 K 196/20 entschieden, dass das Tatbestandsmerkmal der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit mit Gewinnausschüttungen in § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 EStG weit auszulegen ist. Es ist nicht erforderlich, dass der Leistungsempfänger unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen kann. Ausschüttungen einer Stiftung an einen Destinatär sind als Kapitalertrag zu berücksichtigen, soweit diese aus den Erträgen der Stiftung erfolgen.
Aus dem Newsletter des FG Hamburg vom 03.01.2022 ergibt sich:
Im Streitfall hatte der Kläger als Angehöriger der begünstigten Familie eines Schweizer Familienstiftung auf Basis deren Satzung eine Zuwendung erhalten. Für einen anderen Familienangehörigen war durch den BFH bereits geklärt, dass es sich bei den Zahlungen nicht um eine freigebige Zuwendung im Sinne von § 7 Abs. 1 ErbStG handele (Urteil vom 7.3.2019, II R 6/16). Der Beklagte behandelte die Zuwendung sodann als Kapitalertrag gem. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG. Die hiergegen gerichtete Klage ist ohne Erfolg geblieben. Neben dem Vorliegen weiterer Tatbestandsmerkmale sei die Leistung der Stiftung auch „einer Gewinnausschüttung im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG vergleichbar“. Das Tatbestandsmerkmal sei weit auszulegen, daher sei es nicht erforderlich, dass der Leistungsempfänger unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen könne. Da diese Frage der Einflussnahme des Destinärs in Rechtsprechung und Literatur kontrovers beurteilt wird, wurde die Revision zugelassen.