Der Bundesgerichtshof verhandelt derzeit unter dem Aktenzeichen VI ZR 13/18 zur Frage, ob ein Arzt wegen Lebenserhaltender Maßnahmen wegen eines Behandlungsfehlers haftbar gemacht werden kann.
Der 1929 geborene Vater des Klägers (Patient) litt an fortgeschrittener Demenz. Er war bewegungs- und kommunikationsunfähig. In den letzten beiden Jahren seines Lebens kamen Lungenentzündungen und eine Gallenblasenentzündung hinzu. Im Oktober 2011 verstarb er. Der Patient wurde von September 2006 bis zu seinem Tod mittels einer PEG-Magensonde künstlich ernährt. Er stand unter Betreuung eines Rechtsanwalts. Der Beklagte, ein niedergelassener Arzt für Allgemeinmedizin, betreute den Patienten hausärztlich. Der Patient hatte weder eine Patientenverfügung errichtet noch ließ sich sein tatsächlicher oder mutmaßlicher Wille hinsichtlich des Einsatzes lebenserhaltender Maßnahmen anderweitig feststellen.
Der Kläger macht geltend, die künstliche Ernährung habe spätestens seit Anfang 2010 nur noch zu einer sinnlosen Verlängerung des krankheitsbedingten Leidens des Patienten geführt. Der Beklagte sei deshalb verpflichtet gewesen, das Therapieziel dahingehend zu ändern, dass das Sterben des Patienten durch Beendigung der lebensverlängernden Maßnahmen zugelassen werde. Er macht aus ererbtem Recht seines Vaters einen Anspruch auf Schmerzensgeld geltend. Ferner verlangt er Ersatz für Behandlungs- und Pflegeaufwendungen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht diesem ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 € wegen Verletzung der Aufklärungspflicht zugesprochen. Der Beklagte sei aus dem Behandlungsvertrag mit dem Patienten in Verbindung mit § 1901b BGB verpflichtet gewesen, die Frage der Beendigung oder Fortsetzung der medizinisch sehr zweifelhaft gewordenen Sondenernährung mit dem Betreuer des Patienten eingehend zu erörtern. Aus Beweislastgründen sei zu unterstellen, dass sich der Betreuer bei gehöriger Aufklärung gegen eine Fortsetzung der Sondenernährung entschieden hätte. Die Lebens- und gleichzeitig Leidensverlängerung des Patienten stelle einen ersatzfähigen Schaden dar.
- 1901b Abs. 1 BGB lautet:
Der behandelnde Arzt prüft, welche ärztliche Maßnahme im Hinblick auf den Gesamtzustand und die Prognose des Patienten indiziert ist. Er und der Betreuer erörtern diese Maßnahme unter Berücksichtigung des Patientenwillens als Grundlage für die nach § 1901a BGB zu treffende Entscheidung.
Der Bundesgerichtshof hat in der mündlichen Verhandlung am 12.03.2019 mitgeteilt, dass es schwierig ist, ob einem Arzt ein Behandlungsfehler bei lebenserhaltenden Maßnahmen vorgeworfen kann und dem Patienten oder im Falle des Versterbens des Patienten den Erben ein Schmerzensgeldanspruch für die Lebensverlängerung gezahlt werden muss.
Der BGH wird seine Entscheidung in den nächsten Wochen verkünden.