Der Europäische Gerichtshof hat am 25.11.2021 zum Aktenzeichen C-233/20 entschieden, dass ein Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine finanzielle Vergütung für nicht genommenen Jahresurlaub auch dann verlangen kann, wenn er selbst das Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund vorzeitig einseitig beendet hat.
Aus der Pressemitteilung des EuGH vom 25.11.2021 ergibt sich:
Ein früherer Arbeitnehmer der in Liquidation befindlichen job-medium GmbH verlangt von dieser eine Ersatzleistung für den Jahresurlaub, den er vor dem Ende seines Arbeitsverhältnisses noch nicht genommen hatte. Job-medium lehnt das unter Verweis auf § 10 Abs. 2 des österreichischen Urlaubsgesetzes ab, da der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis durch unberechtigten vorzeitigen Austritt selbst beendet habe. Nach dieser Bestimmung gebührt eine Ersatzleistung nicht, wenn der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt. Der Arbeitnehmer hält diese Bestimmung für unionsrechtswidrig und hat daher Klage vor den österreichischen Gerichten erhoben. Der österreichische Oberste Gerichtshof hat den EuGH hierzu um Vorabentscheidung ersucht.
Mit seinem Urteil vom 25.11.2021 antwortet der EuGH dem Obersten Gerichtshof wie folgt:
- Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung in Verbindung mit Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Vorschrift entgegensteht, wonach eine Urlaubsersatzleistung für das laufende letzte Arbeitsjahr nicht gebührt, wenn der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund vorzeitig einseitig beendet.
- Der nationale Richter braucht nicht zu prüfen, ob der Verbrauch der Urlaubstage, auf die der Arbeitnehmer Anspruch hatte, für diesen unmöglich war.
Zu Antwort 1 führt der Gerichtshof u.a. aus, dass die Richtlinie 2003/88 für das Entstehen des Anspruchs auf eine finanzielle Vergütung keine andere Voraussetzung aufstelle als die, dass zum einen das Arbeitsverhältnis beendet sei und dass zum anderen der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin nicht den gesamten Jahresurlaub genommen habe, auf den er bzw. sie bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch gehabt habe. Somit sei der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Hinblick auf den Anspruch auf eine finanzielle Vergütung nicht maßgeblich.