Das Bundesarbeitsgericht hat am 25.11.2021 zum Aktenzeichen 6 AZR 94/19 entschieden, dass in der Insolvenz des Arbeitgebers der Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung vollständig als Masseverbindlichkeit zu berichtigen ist, falls der vorläufige Insolvenzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis (sogennanter starker vorläufiger Insolvenzverwalter) die Arbeitsleistung zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch in Anspruch genommen hat.
Aus der Pressemitteilung des BAG Nr. 39/2021 vom 25.11.2021 ergibt sich:
Der Kläger wurde von der Beklagten als damalige starke vorläufige Insolvenzverwalterin bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Arbeit herangezogen. Mit seiner Klage hat er für die zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsver-hältnisses noch nicht genommenen Urlaubstage die Zahlung einer Abgeltung in Höhe von 3.391,30 Euro brutto als Masseverbindlichkeit verlangt. Die Beklagte hat dies als nunmehrige Insolvenzverwalterin abgelehnt, weil es sich nur um eine zur Insolvenztabelle anzumeldende Insolvenzforderung handle.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Sechs-ten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die streitbefangene Urlaubsabgeltung ist in vol-ler Höhe als Masseverbindlichkeit zu berichtigen. § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO sieht die Begründung von Masseverbindlichkeiten vor, „soweit“ der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat. Entscheidet sich der starke vorläufige Insolvenzverwalter für die Inanspruchnahme der Arbeitskraft eines Arbeit-nehmers, hat er alle Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis als Masseverbindlichkeiten zu erfüllen. Hiervon umfasst sind nicht nur Ansprüche, welche unmittelbar auf einer tatsäch-lich erbrachten Arbeitsleistung beruhen, sondern auch solche, denen keine unmittelbare Wertschöpfung für die Masse gegenübersteht (vgl. bereits BAG 10. September 2020 – 6 AZR 94/19 (A) -).
Der vollen Berichtigung als Masseverbindlichkeit steht nicht entgegen, dass der Neunte Se-nat des Bundesarbeitsgerichts bzgl. der vergleichbaren Regelung in § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO von einer nur anteiligen Zuordnung der „geldwerten Urlaubsansprüche“ ausging (vgl. BAG 21. November 2006 – 9 AZR 97/06 -). Auf Anfrage des erkennenden Senats hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts erklärt, an dieser Auffassung nicht festzuhalten (BAG 16. Februar 2021 – 9 AS 1/21 -).