Erfolgloser Eilantrag der AfD-Landtagsfraktion gegen die Konstituierung des Kuratoriums der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg

Der Verfassungsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg in Stuttgart hat am 22.11.2021 zum Aktenzeichen 1 GR 159/21 einen Antrag der AfD-Landtagsfraktion gegen den Landtag und dessen Präsidentin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Konstituierung des Kuratoriums der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg als unzulässig zurückgewiesen.

Aus der Pressemitteilung des VerfGH BW vom 22.11.2021 ergibt sich:

Sachverhalt

Die Fraktion der AfD im Landtag von Baden-Württemberg wendet sich mit einem Eilantrag gegen die für Dienstag, den 23. November 2021 geplante Konstituierung des Kuratoriums der Landeszentrale für politische Bildung. Sie beantragt vor dem Verfassungsgerichtshof den Antragsgegnern vorläufig zu untersagen, das Kuratorium ohne die von ihr vorzuschlagenden Mitglieder zu konstituieren oder sich konstituieren zu lassen.

Der Landtag von Baden-Württemberg nahm in seiner Plenarsitzung vom 7. Oktober 2021 die Wahl für die von ihm vorzuschlagenden Mitglieder des Kuratoriums für die Dauer der aktuellen Legislaturperiode vor. Dabei stimmte er den Wahlvorschlägen aller Fraktionen mit Ausnahme des Wahlvorschlags der Antragstellerin mehrheitlich zu. Der Wahlvorschlag der Antragstellerin blieb auch in der Plenarsitzung vom 11. November 2021 erfolglos. Daraufhin berief die Präsidentin des Landtags die vorgeschlagenen 15 Abgeordneten in das Kuratorium der Landeszentrale.

Die Fraktion der AfD im Landtag ist der Auffassung, dass ihr organschaftliches Recht auf Gleichbehandlung der Fraktionen (Art. 27 Abs. 3 LV) dadurch verletzt werde, dass das Kuratorium ohne die von ihr vorgeschlagenen Mitglieder konstituiert werden solle. Die parlamentarische Mehrheit sei nicht befugt, Kandidaten einer vorschlagsberechtigten Fraktion nach ihrem Belieben abzulehnen; insoweit stehe einer vorschlagsberechtigten Fraktion eine Beurteilungsprärogative zu, die durch die Mehrheit des Parlaments zu beachten sei.

Wesentliche Erwägungen des Verfassungsgerichtshofs

Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unzulässig ist.

Zur Unzulässigkeit des Antrags führt bereits, dass die Antragstellerin noch kein Hauptsacheverfahren beim Verfassungsgerichtshof anhängig gemacht hat. Sie hat bislang lediglich das vorliegende Eilrechtsschutzbegehren eingereicht, jedoch kein Organstreitverfahren in der Hauptsache. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ermöglicht § 25 Abs. 1 VerfGHG – im Unterschied zu § 32 Abs. 1 BVerfGG, der nur einen „Streitfall“ voraussetzt – nicht den Erlass einer isolierten einstweiligen Anordnung.

Überdies dient die von der Antragstellerin begehrte vorläufige Regelung nicht der Sicherung des Rechtsschutzziels eines künftigen Organstreitverfahrens. In einem künftigen Organstreitverfahren könnte es in erster Linie um die Frage gehen, ob in der unterbliebenen Wahl der von der Antragstellerin vorgeschlagenen Abgeordneten für die Vorschlagsliste zur Besetzung des Kuratoriums eine Verletzung von Fraktionsrechten liegt. Die Wahl als solche wird jedoch durch die Konstituierung des Kuratoriums, die mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verhindert werden soll, nicht betroffen. Sie bleibt weiterhin möglich, insbesondere sind die von der Antragstellerin beanspruchten zwei Kuratoriumsplätze weiterhin frei. Soweit die Antragstellerin wohl auch ein Recht auf Mitwirkung an der Tätigkeit des Kuratoriums geltend macht, dient die Verhinderung der Konstituierung des Kuratoriums ebenfalls nicht der Sicherung dieses Mitwirkungsrechts. Ein Gremium, das nicht zusammentritt, eröffnet auch keine Mitwirkungsmöglichkeit.

Zudem steht der Zulässigkeit des Antrags entgegen, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht substantiiert dargelegt wurden. Die Antragstellerin legt nicht konkret dar, aus welchen Gründen eine (jedenfalls vorläufige) Tätigkeit des Kuratoriums ohne die von ihr vorgeschlagenen Mitglieder zu einem schweren Nachteil oder anderen wichtigen Grund führte, welche die vorläufige Untersagung der Konstituierung des Gremiums rechtfertigen könnte.

Ungeachtet dessen fiele eine vorzunehmende Folgenabwägung zulasten der Antragstellerin aus. Ihr Interesse an einem Unterbinden der Aufnahme der Kuratoriumsarbeit ohne die Mitwirkung der von ihr vorgeschlagenen Abgeordneten hat gegenüber dem Interesse an einer zeitnahen Funktionsfähigkeit des Kuratoriums und damit der Landeszentrale für politische Bildung insgesamt zurückzutreten. Dass die Antragstellerin während des Zeitraums bis zu einer Entscheidung über ein (einzuleitendes) Hauptsacheverfahren im Kuratorium nicht vertreten sein wird, ist ihr grundsätzlich zumutbar.