Zur Haftung des Reiseveranstaltenden nach Vergewaltigung einer Hotelgästin

09. November 2021 -

Der Europäische Gerichtshof hat am 18.03.2021 zum Aktenzeichen C-578/19 entschieden, dass in Fällen, in denen die mangelhafte Erfüllung auf ein Verhalten eines Angestellten eines Dienstleistungsträgers, der die sich aus diesem Vertrag ergebenden Verpflichtungen erfüllt, zurückgeht, der Reiseveranstaltende haftbar gemacht werden kann.

Aus dem Newsletter des Verbraucherzentrale Bundesverbandes e.V. vom 09.11.2021 ergibt sich:

Der EuGH hatte über einen Fall zu entscheiden, dem der folgende Sachverhalt zugrunde lag: Eine Engländerin und ihr Ehegatte schlossen mit der Beklagten einen Vertrag, durch den sich die Beklagte verpflichtete, ihnen eine Pauschalreise nach Sri Lanka bereitzustellen, die Hin- und Rückflüge vom Vereinigten Königreich sowie einen All-inclusive-Aufenthalt in einem Hotel von 15 Nächten in der Zeit vom 8. bis 23. Juli 2010 umfasste. Im Hotel war die Klägerin auf dem Weg zur Rezeption, als sie auf einen Hotelangestellten traf, einen diensthabenden Elektriker, der bei dem Hotel angestellt war und die Uniform eines Hotelangestellten trug. Nachdem dieser der Klägerin angeboten hatte, ihr eine Abkürzung zur Rezeption zu zeigen, lockte er sie in den Technikraum, wo er sie vergewaltigte und tätlich angriff. Im Ausgangsrechtsstreit machte die Klägerin gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche wegen der Vergewaltigung und des tätlichen Angriffs geltend. Die Beklagte bestritt, dass die Vergewaltigung und der tätliche Angriff, die der Hotelangestellte begangen habe, eine Verletzung ihrer gegenüber der Klägerin bestehenden Verpflichtungen darstellen könnte. Vor den nationalen Gerichten waren die Ansprüche abgewiesen worden. Der EuGH prüfte nun, ob sich aufgrund der Wertungen der Richtlinie 90/314 hier etwas anderes ergibt. Er kommt zum Ergebnis, dass in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens ein Reiseveranstalter gegenüber einem Verbraucher wegen einer mangelhaften Erfüllung des Vertrags zwischen den Parteien in den Fällen haftbar gemacht werden kann, in denen die mangelhafte Erfüllung auf ein Verhalten eines Angestellten des Dienstleistungsträgers, der die sich aus diesem Vertrag ergebenden Verpflichtungen erfüllt, zurückgeht. Insofern kommt eine Haftung in Betracht.