Urteile in Regensburger Korruptions-Affäre teilweise aufgehoben

05. November 2021 -

Der Bundesgerichtshof hat am 04.11.2021 zum Aktenzeichen 6 StR 12/20 unter anderem das Urteil gegen den früheren Oberbürgermeister der Stadt Regensburg aufgehoben.

Aus der Pressemitteilung des BGH Nr. 203/2021 vom 04.11.2021 ergibt sich:

Das Landgericht Regensburg hat den Angeklagten Wo., den früheren Oberbürgermeister der Stadt Regensburg, in einem ersten Verfahren wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen verurteilt, insoweit jedoch von Strafen abgesehen (§ 60 StGB) und im Übrigen freigesprochen. Die Mitangeklagten T. und Wi., einen Bauunternehmer und dessen früheren Geschäftsführer, hat es wegen Vorteilsgewährung und teils tateinheitlich begangenen Verstößen gegen das Parteiengesetz zu Freiheits- bzw. Geldstrafen verurteilt und im Übrigen – wie den Angeklagten H., den Vorsitzenden der Regensburger Stadtratsfraktion der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), insgesamt – freigesprochen. In einem zweiten Verfahren hat das Landgericht den Angeklagten Wo. wegen Bestechlichkeit verurteilt und die Vollstreckung der einjährigen Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts warb der Angeklagte Wo. als Kandidat der SPD für das Amt des Oberbürgermeisters in Regensburg bei der bayerischen Kommunalwahl 2014 zur Finanzierung seines Wahlkampfs Spenden ein. Der Angeklagte T. unterstützte den von Wo. geleiteten SPD-Ortsverein dabei von 2011 bis 2016 mit einem mittleren sechsstelligen Betrag, leistete die Zuwendungen aber nicht allesamt selbst, sondern auch über seine Unternehmen, bei diesen beschäftigte Mitarbeiter und Angehörige. Zudem erhielten der Angeklagte Wo. und dessen Angehörige in diesem Zeitraum zusätzliche Vergünstigungen und Rabatte durch die Angeklagten T. und Wi., indem etwa Handwerkerrechnungen teilweise übernommen oder Preisnachlässe bei Wohnungskäufen gewährt wurden. Weil die durch den Angeklagten T. erstrebten Amtshandlungen aber erst nach der Wahl des Angeklagten Wo. zum Oberbürgermeister erbracht werden konnten, seien nach Ansicht des Landgerichts nur das Gewähren und das Annehmen von Spenden nach der Kommunalwahl als Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung strafbar. Die Aufteilung der Spenden auf „Strohmänner“ durch die Angeklagten T. und Wi. hat das Landgericht jeweils als Verstoß gegen das Parteiengesetz gewertet.

In einem zweiten Verfahren hat eine andere Kammer des Landgerichts die Annahme von Spenden eines anderen Bauunternehmers, des Verurteilten D., durch den SPD-Ortsverein wegen einer festgestellten Verbindung mit einer konkreten Amtshandlung des Wo. als Bestechlichkeit gewertet. Vom Vorwurf der strafbaren Annahme weiterer Spenden Ds. und des Bauunternehmers Sch. hat das Landgericht den Angeklagten Wo. freigesprochen.

Der 6. Strafsenat des BGH hat auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft das erste Urteil des LG Regensburg in weiten Teilen aufgehoben.

Der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts, der Angeklagte Wo. habe sich vor seiner Wahl zum Oberbürgermeister noch nicht zu rechtswidrigen Diensthandlungen für die Zeit nach seiner Wahl bereiterklären können, ist nicht tragfähig. Das Landgericht hat insoweit nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Angeklagte Wo. auch schon vor der Kommunalwahl wegen seiner Stellung als 3. Bürgermeister der Stadt Regensburg in einer gehobenen Pflichtenposition stand, die es ihm untersagte, im Zusammenhang mit seinem Amt Vorteile anzunehmen. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Annahme von Wahlkampfspenden das Risiko des Wahlbewerbers, sich wegen Vorteilsannahme strafbar zu machen, mit den Grundsätzen der Wahlgleichheit in einen Ausgleich zu bringen. Die vorliegenden Spendenleistungen gingen nach den rechtsfehlerfreien landgerichtlichen Feststellungen jedoch über die Förderung der allgemeinen politischen Ausrichtung des Angeklagten Wo. hinaus. Aus diesem Grund waren die (Teil-)Freisprüche im Zusammenhang mit den Spenden an den SPD-Ortsverein vor der Kommunalwahl sowie mit den gewährten sonstigen Vergünstigungen aufzuheben. Ebenfalls keinen Bestand konnte der von Strafe absehende Rechtsfolgenausspruch des landgerichtlichen Urteils haben, weil das Tatgericht zu dessen Begründung nicht berücksichtigungsfähige Umstände herangezogen hat.

Die Verurteilungen der Angeklagten T. und Wi. wegen Verstößen gegen das Parteiengesetz haben auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten T. keinen Bestand, weil dem Landgericht insoweit ein Verfahrensfehler unterlaufen ist.

Die Revisionen gegen das zweite Urteil des Regensburger Landgerichts blieben hingegen ohne Erfolg.