Das Landgericht München I hat am 27.10.2021 zum Aktenzeichen 40 O 590/21 der Klage eines Kraftfahrzeughalters gegen ein Pfandleihaus stattgegeben und entschieden, dass die von den Parteien geschlossenen Verträge über Kauf und Rückkauf des Fahrzeugs (sogenanntes „Cash & Drive“) wegen Umgehung der verbraucherschützenden Vorschriften der Pfandleihverordnung unwirksam sind.
Aus der Pressemitteilung des LG München I Nr. 29/2021 vom 29.10.2021 ergibt sich:
Die Beklagte betreibt bundesweit ein staatlich zugelassenes Pfandleihhaus mit Onlineanbindung und bietet dort den Service „Cash & Drive“ an. Der Kläger suchte aufgrund akuten Geldbedarfs am 12. Januar 2019 die Niederlassung der Beklagten in München auf. Er unterzeichnete dort zwei Verträge. Mit dem ersten Vertrag verkaufte er sein Fahrzeug an die Beklagte zu einem Preis von 7.500,00 EUR, mit dem zweiten mietete er das Fahrzeug für sechs Monate zu einem monatlichen Mietzins in Höhe von 637,50 € zurück. Allen Zahlungsverpflichtungen kam der klagende Kraftfahrzeughalter regelmäßig nach. Nach Ablauf der Mietzeit ließ die Betreiberin des Pfandleihhauses das Fahrzeug polizeilich bei dem Kraftfahrzeughalter sicherstellen. In einem gerichtlichen Eilverfahren erwirkte dieser die Rückgabe des Fahrzeugs. Die Beklagte hatte das sichergestellte Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt bereits zum Weiterverkauf an einen Fahrzeughändler weitergegeben. Der Kraftfahrzeughalter klagte daraufhin, weil er die beiden Verträge für unwirksam hielt. Er verlangte die Feststellung, dass die Klage trotz zwischenzeitlicher Rückgabe des Fahrzeugs ursprünglich begründet war, die Herausgabe von Zweitschlüssel und der Zulassungsbescheinigung Teil II sowie die Erstattung der von ihm an die Beklagte geleisteten Zahlungen. Dagegen wendete die Beklagte ein, der Kläger sei bereits durch das gerichtliche Eilverfahren wieder zu seinem Auto gekommen. Die jetzige Klage sei daher überholt und unbegründet. Für den Fall, dass das Gericht anderer Auffassung sei, verlangte die Beklagte im Wege der Aufrechnung die Rückzahlung des Kaufpreises.
Die 40. Zivilkammer hat dem Kläger Recht gegeben.
Die zwischen den Parteien geschlossenen Verträge seien zwar mit „Kaufvertrag“ beziehungsweise „Mietvertrag“ überschrieben. Der Sache nach diene das Prinzip „Cash & Drive“ allerdings der Verschaffung kurzfristiger Liquidität gegen Übergabe einer Sicherheit.
Die von der Beklagten angebotene vertragliche Konstruktion stehe wirtschaftlich damit einem Darlehen mit Sicherungsübereignung gleich. Ein Darlehen dürfe die Beklagte jedoch nicht ausgeben, da es ihr an einer Banklizenz fehle, so die Kammer.
Durch die Verträge werde ein „verschleiertes Pfandleihgeschäft“ abgeschlossen. Die Schutzvorschriften der Pfandleihverordnung würden damit umgangen. Die Beklagte sei in diesem Fall – anders als normalerweise im Pfandleihgeschäft – an keinerlei rechtliche Rahmenbedingungen gebunden, obwohl sie faktisch dasselbe Geschäft betreibe. Auch der von ihr generierte Pfandzins sei weit höher als von der Pfandleihverordnung vorgesehen. Im Ergebnis seien damit die zwischen den Parteien abgeschlossenen Verträge nichtig. Die von der Beklagten geforderte Rückzahlung des Kaufpreises komme nicht in Betracht, weil die Beklagte den Gesetzesverstoß und damit die Nichtigkeit der Verträge selbst herbeigeführt habe.
Das Urteil des Landgerichts München I ist nicht rechtskräftig.
Das Urteil schließt sich bereits ergangener obergerichtlicher Rechtsprechung an, welche die von der Beklagten gewählte Vertragsgestaltung ebenfalls als unwirksam bewertet hat: zB Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 05.06.2020, Az: 2 U 90/19 und Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 11. August 2021, Az. 2 U 125/20;