Das Landesarbeitsgericht Köln hat mit Beschluss vom 03.09.2021 zum Aktenzeichen 9 Ta 115/21 entschieden, dass eine Sic-non-Fallgestaltung, bei der die bloße Rechtsansicht der Klagepartei, es handele sich um ein Arbeitsverhältnis, den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet, liegt nicht vor, wenn eine Entgeltklage dem Grunde nach auf einen vertraglichen Vergütungsanspruch gestützt und hinsichtlich der Höhe auf den Mindestlohn als zumindest angemessene und übliche Vergütung beschränkt wird.
Der Kläger fordert von dem Beklagten Vergütung für die Monate September 2019 bis Dezember 2020.
Der Beklagte betreibt ein seit dem 01.09.2019 angemeldetes Gewerbe, das Umzugstransporte, den Verkauf von gebrauchten Möbeln und Hausrat, Wohnungsräumungen und Haushaltsauflösungen zum Gegenstand hat.
Die für den Betrieb des Gewerbes notwendige Halle hatte der Kläger angemietet.
Der Kläger behauptet, er sei seit dem 01.09.2019 bei dem Beklagten als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen.
Der Beklagte habe ihm eine „Beteiligung“ für die Zukunft in Aussicht gestellt und so erreicht, dass er über längere Zeit gearbeitet habe, ohne eine Vergütung zu erhalten.
Eine Vereinbarung zur Höhe des Arbeitslohnes haben die Parteien nicht getroffen.
Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm für die Zeit von September 2019 bis Dezember 2020 eine Arbeitsvergütung zustehe.
Diese berechnet er auf der Basis eines Mindestlohns von 9,35 EUR/Stunde, da dieses Lohnniveau jedenfalls nicht unterschritten werden dürfe.
Der Beklagte rügt die Rechtswegzuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen und vertritt die Ansicht, zwischen den Parteien habe kein Arbeitsverhältnis bestanden.
Vielmehr habe es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Gründung gehandelt. Der Kläger habe nur sporadisch Leistungen erbracht.
Diese seien abgegolten worden.
Das ArbG hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und der Beschwerde nicht abgeholfen.
Die sofortige Beschwerde des Klägers hat ebenfalls keinen Erfolg.
Zu Recht hat das ArbG den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit gemäß § 17a Abs. 2 GVG an das sachlich und örtlich LG Köln verwiesen.
Der Kläger hat seine Arbeitnehmereigenschaft nicht hinreichend dargelegt.
Es fehlt an der persönlichen Abhängigkeit.
Konkrete Weisungen bezüglich der von ihm verrichteten Tätigkeiten hat er nicht vorgetragen.
Dazu wäre er jedoch schon deswegen gehalten gewesen, weil die objektiven Umstände des vorliegenden Falles nicht zur Typik eines Arbeitsverhältnisses passen.
Dass der Kläger die Halle für den Gewerbebetrieb des Beklagten angemietet und weit über ein Jahr ohne Erhalt einer Vergütung gearbeitet haben will, deutet vielmehr darauf hin, dass er, auch wenn er das Gewerbe nicht angemeldet hatte, gemeinsam mit dem Beklagten einer (fehlgeschlagenen) selbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist.
Diese Einschätzung steht in Übereinstimmung mit dem Vortrag des Klägers, der Beklage habe ihm eine „Beteiligung“ in Aussicht gestellt.
Der Kläger ist auch keine arbeitnehmerähnliche Person iSd. § 5 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 ArbGG.
Dafür fehlt es an der wirtschaftlichen Abhängigkeit von dem Beklagten. Denn der Kläger war in der Lage, 16 Monate für den Beklagten tätig zu werden, ohne dafür ein Entgelt erhalten zu haben.
Bei dem vorliegenden Rechtsstreit handelt es sich schließlich nicht um eine sogenannte Sic-non-Fallgestaltung, bei der die Klage nur dann begründet sein kann, wenn das Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist und bei der die bloße Rechtsansicht der Klagepartei, es handele sich um ein Arbeitsverhältnis, den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet.
Die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit ergibt sich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass der Kläger die Höhe seines Vergütungsanspruchs nach dem Mindestlohngesetz berechnet hat.
Ein Sic-non-Fall wäre zwar anzunehmen, wenn der Kläger im Falle einer den gesetzlichen Mindestlohnanspruch unterschreitenden vertraglichen Vergütungsabrede den gesetzlichen Mindestlohn als Differenzbetrag abzüglich der bereits zuvor gezahlten vertraglichen Vergütung unter Offenlegung ihrer Berechnungsmethode einklagen würde.
In einem solchen Fall würde er seine Zahlungsansprüche nämlich nicht auf eine vertragliche Vergütungsabrede, sondern allein auf den gesetzlichen Mindestlohnanspruch aus §§ 1, 3 MiLoG stützen, wie er nur Arbeitnehmern zustehen kann.
Davon zu unterscheiden ist ein vertraglicher Entgeltanspruch wie ihn der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit geltend macht.
Der Kläger stützt seine Klage auf einen vertraglichen Vergütungsanspruch, den er der Höhe, nicht aber dem Grunde nach auf den Mindestlohn als die nach § 612 Abs. 2 BGB mindestens übliche und angemessene Vergütung beschränkt hat.
Die Beschwerdekammer war in seiner Entscheidung hier nicht wegen des Fehlens einer ordnungsgemäßen Abhilfeentscheidung gehindert.
Der Nichtabhilfebeschluss des ArbG genügt zwar den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Nichtabhilfeentscheidung nicht, da er ohne Heranziehung der ehrenamtlichen Richter ergangen ist.
Bei der Entscheidung über die Abhilfe oder Nichtabhilfe handelt es sich nämlich um eine erneute Entscheidung in der Sache, die durch einen Beschluss der vollbesetzten Kammer zu treffen ist.
Der Beschleunigungsgrundsatz schließt im vorgeschalteten Rechtswegbestimmungsverfahren nach § 17a GVG aber eine Zurückverweisung aus der Beschwerdeinstanz an das ArbG aus.
Dieses Verfahren darf nicht durch Zurückverweisungen von zweiter zu erster Instanz verzögert werden.