Das Landgericht Köln hat mit Urteil vom 03.08.2021 zum Aktenzeichen 5 O 84/21 entschieden, dass Entscheidungen von Gerichten nicht weitergeleitet werden dürfen, wenn die Personen, um die es geht, namentlich genannt werden; allerdings stehe dem Kläger im aktuellen Fall kein Schmerzensgeld zu.
Aus der Pressemitteilung des LG Köln EdM Nr. 9/2021 vom 30.09.2021 ergibt sich:
Der Kläger verlangt von der Stadt Bergisch Gladbach Schmerzensgeld, weil sie einen Beschluss des Verwaltungsgerichts in einem Rechtsstreit ohne jede Anonymisierung einem größeren Kreis von Interessierten zur Verfügung gestellt hat.
Der Kläger war gegen eine Allgemeinverfügung der Stadt Bergisch Gladbach vorgegangen, mit der ihm wegen der Corona Pandemie die Schließung seines Geschäftslokals auferlegt worden war. Der Kläger behauptet, die Übersendung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung an weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in anderen Kommunen zu deren Information mit seinem vollem Namen habe dazu geführt, dass die Entscheidung auch in seinem Interessenverband bekannt geworden sei, in dem er sich engagiert hatte. Dadurch sei er offenen Anfeindungen als „Corona Leugner“ ausgesetzt gewesen. Dieser Beschluss des Gerichts sei sogar zusammen mit einem Zettel mit der Aufschrift „Ihr seit es“ unter den Scheibenwischer seines an seinem Wohnhaus geparkten Fahrzeugs gesteckt worden. Er ist der Ansicht, Art. 82 Abs. 1 DSGVO gewähre ihm einen Geldentschädigungsanspruch. Er macht Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 8.000,00 € geltend.
Die Stadt Bergisch Gladbach ist der Ansicht, der Rechtsstreit des Klägers vor dem Verwaltungsgericht sei bereits Gegenstand der Berichterstattung in einer Tageszeitung und deshalb in der Öffentlichkeit bereits bekannt gewesen. Außerdem seien seine persönlichen Daten in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren weder geheim noch intim gewesen. Die Nachteile, die der Kläger erlitten haben will, seien nicht kausal auf die Weitergabe der Entscheidung zurückzuführen gewesen.
Das LG Köln entschied nun, dass dem Kläger kein Anspruch auf Schmerzensgeld gegen die Stadt Bergisch Gladbach zustehe.
Ein Anspruch ergebe sich zwar grundsätzlich aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO. Danach steht jeder Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, ein Anspruch auf Schadensersatz zu. Die Übersendung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Köln an Mitarbeiter anderer Kommunen stellt nach Ansicht des Gerichts einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung dar. Diesen Beschluss hätte die Stadt zumindest anonymisieren und dadurch die Identität des Klägers unkenntlich machen müssen.
Allerdings seien die vom Kläger geschilderten Beeinträchtigungen, Beschimpfungen und Herabsetzungen nicht notwendigerweise auf die Weiterleitung des Beschlusses durch Mitarbeiter der Stadt Bergisch Gladbach zurückzuführen gewesen. Dem Kläger stehe daher in diesem konkreten Fall kein Schadensersatz zu. Auch andere Geschäftsinhaber hätten sich gegen die Schließung gerichtlich zur Wehr gesetzt, so dass auch diese an den Beschluss hätten gelangen können. Zudem sei der Beschluss an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anderer Kommunen gegangen. Diese waren selbst zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dem Kläger komme auch keine Möglichkeit der Beweiserleichterung zugute – diese sei nur im Rahmen der Prüfung des Verschuldens möglich.
Schließlich seien auch keine immateriellen Beeinträchtigungen des Klägers ersichtlich. Zwar soll eine abschreckende Wirkung dadurch erzielt werden, dass Verstöße zur Zahlung hoher Schmerzensgelder führen können. Zu einer uferlosen Häufung von Ansprüchen soll es aber nicht kommen – immerhin bestehe nach Art. 83 DSGVO auch die Möglichkeit, bei Verstößen Geldbußen in erheblichem Umfang zu verhängen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.