Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 18.08.2021 zum Aktenzeichen 4 SaGa 1/21 entschieden, dass eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung der Nutzung eines Geschäftsgeheimnisses mangels Begehungs- oder Wiederholungsgefahr ausscheidet, wenn aufgrund der eidesstattlichen Versicherung des Verfügungsbeklagten feststeht, dass dieser gar nicht mehr im Besitz des Geschäftsgeheimnisses ist.
Der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bedarf es in diesen Fällen nicht.
Die Parteien streiten in der Berufung nur noch darüber, ob es der Verfügungsbeklagte zu unterlassen hat, die von ihm an seine private E-Mail-Adresse versandte Preiskalkulation der Verfügungsklägerin in irgendeiner Form zu verwenden oder zu nutzen.
Das ArbG hat dem Verfügungsbeklagten untersagt, die mit E-Mail vom 03.04.2020 an seine private E-Mail-Adresse versandte Preiskalkulation der Verfügungsklägerin zu Geschäftszwecken zu kopieren und/oder kopieren zu lassen, zu verwerten und/oder verwerten zu lassen und/oder zu nutzen und/oder nutzen zu lassen.
Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wurde ihm ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft angedroht.
Eine Verletzungs-/Wiederholungsgefahr hat das ArbG schon wegen der Erstverletzung bejaht.
Der Verfügungsbeklagte meint, dass eine Verletzungs- oder Wiederholungsgefahr objektiv nicht bestehe.
Das ArbG habe zu Unrecht seine eidesstattliche Versicherung völlig unberücksichtigt gelassen, in welcher er versichert habe, die streitige E-Mail endgültig und unwiederbringlich gelöscht zuhaben und auch nicht an Dritte weitergeleitet zu haben.
Die Berufung des Verfügungsbeklagten hat vor dem LAG Baden-Württemberg Erfolg.
Der Verfügungsklägerin steht weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund zur Seite.
Das LAG hat eingeräumt, dass es sich bei der Preiskalkulation um ein Geschäftsgeheimnis iSd. § 2 Nr. 1 GeschGehG handelt.
Die Preiskalkulation der Verfügungsklägerin ist Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, wederallgemein bekannt noch ohne Weiteres zugänglich iSv. § 2 Nr. 1 a GeschGehG.
Der Verfügungsbeklagte hat die Rechte derV erfügungsklägerin verletzt, indem er sich die Preiskalkulation ohne Zustimmung der Verfügungsklägerin an seine private E-Mail-Adresse übersandte, §§ 2 Nr. 3; 4 Abs. 1 Nr. 1 GeschGehG.
Entgegen der Auffassung der Verfügungsklägerin besteht jedoch keine Begehungs- oder Wiederholungsgefahr in Bezug auf weitere Rechtsverletzungen (mehr).
Selbst wenn man aus der Übermittlung der Preiskalkulation an das private E-Mail-Postfach rückschließen wollte, dass damit auch eine Wiederholungsgefahr hinsichtlich weiterer Nutzungen zu vermuten wäre, hat der Verfügungsbeklagte das Gegenteil dessen durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht.
Macht im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens der Verfügungsbeklagte durch Versicherung an Eides statt glaubhaft, dass er nicht mehr im Besitz der streitgegenständlichen Dokumente ist, entfällt ein etwaiger Anspruch auf Unterlassung der Nutzung bzw. Offenlegung der erlangten Daten bereits deshalb, weil dem Verfügungsbeklagten die zu verbietenden Handlungen nicht mehr möglich sind.
Eine solche Unmöglichkeit des wiederholenden Rechtsverstoßes hat der Verfügungsbeklagte vorliegend durch eidesstattliche Versicherung glaubhaftgemacht.
Der Verfügungsbeklagte hat in einer eidesstattlichen Versicherung versichert, das an seine private E-Mail-Adresse weitergeleitete Dokument endgültig und unwiederbringlich gelöscht zu haben.
Er habe dieses weder in irgendeiner Form an Dritte weitergeleitet, noch sei er im Besitz dieses Dokuments.
Er sei auch nicht in der Lage, dieses Dokument in irgendeiner Form wiederherzustellen. Auf die Beanstandungen der Verfügungsklägerin hat der Verfügungsbeklagte seine eidesstattliche Versicherung im Berufungstermin ergänzt und präzisiert.
Er versicherte an Eides statt, zu keinem Zeitpunkt Kopien oder Ausdrucke gemacht zu haben.
Die E-Mail sei gelöscht, und zwar auch im Papierkorb gelöscht.
Es bestanden für das LAG Baden-Württemberg keine Anhaltspunkte, die zu Zweifeln an der Richtigkeit dieser eidesstattlichen Versicherung Anlassböten.
Durch einen bereits begangenen Wettbewerbsverstoß wird in der Regel die tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr begründet.
Sie kann regelmäßig nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden.
Sie entfällt nicht schon mit der Einstellung oder Änderung des beanstandeten Verhaltens.
Etwas anderes gilt nur, wenn jede Wahrscheinlichkeit für eine Wiederaufnahme ähnlicher Handlungen durch den Verletzer beseitigt ist.