Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 19.05.2021 zum Aktenzeichen B 14 AS 57/19 R entschieden, dass ein Jobcenter Heizkostennachzahlungen bezahlen muss, solange es keinen Hinweis auf zu hohe Heizkosten erteilt hat.
Im Streit sind Leistungen für Unterkunft und Heizung.
Der Vermieter hat ua eine Heizkostennachforderung geltend gemacht. Der Beklagte lehnte die Übernahme der Heizkostennachzahlung wegen Unangemessenheit ab, soweit sie 148,58 Euro übersteige (teilweise Abhilfe des Widerspruchs im
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung sind die §§ 19, 22 ff und §§ 7 ff SGB II.
Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II). Die Prüfung der Angemessenheit der Bedarfe für die Unterkunft und für die Heizung hat grundsätzlich getrennt voneinander zu erfolgen, unbeschadet der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Kostensenkungsaufforderungen (§ 22 Abs 1 Satz 4 SGB II) und der zwischenzeitlich eingeführten, im vorliegenden Verfahren aber nicht anzuwendenden Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 22 Abs 10 SGB II. Von der Regelung erfasst werden nicht nur laufende, sondern auch einmalige Kosten für Unterkunft und Heizung, wie die hier im Streit stehende Heizkostennachforderung. Bei dem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal „Angemessenheit“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff gegen dessen Verwendung auch zur Sicherstellung des existenzsichernden Bedarfs für Heizkosten keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.
Der Beklagte kann dem Anspruch nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Heizkosten seien unangemessen. Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sind (§ 22 Abs 1 Satz 3 SGB II), soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es dem oder der alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch Wohnungswechsel, durch Vermietung oder auf andere Art und Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel längstens für sechs Monate.
Die Notwendigkeit eines Kostensenkungsverfahrens erfasst nicht nur die Kosten der Unterkunft, sondern nach dem Wortlaut der Norm und nach ihrem Sinn und Zweck auch die Heizkosten. Die mit einer Kostensenkungsaufforderung verbundene Aufklärungs- und Warnfunktion soll der leistungsberechtigten Person Klarheit, über die aus Sicht des Jobcenters angemessenen Aufwendungen und die maßgebliche Rechtslage verschaffen, sie damit in die Lage versetzen, ihr Verhalten in Bezug auf die für angemessen erachteten Bedarfe einzustellen und sie gewährleistet, dass sich die Normadressaten auf – künftige – Entscheidungen der Verwaltung einstellen können. Diesem Erfordernis ist – fehlende Kenntnis der Unangemessenheit aus anderen Gründen vorausgesetzt – durch einen Hinweis Rechnung zu tragen, aus dem hinreichend konkret ersichtlich ist, welche Heizkosten der Leistungsträger als angemessen erachtet. Diese Erkenntnismöglichkeit verschafft regelmäßig die Kenntnis vom Inhalt der ersten Nebenkostenabrechnung für die konkret bewohnte Wohnung am Ende der ersten Abrechnungsperiode.