Das Landgericht Frankenthal hat am 11.08.2021 zum Aktenzeichen 2 S 132/20 entschieden, dass dann, wenn Baumwurzeln auf das Grundstück des Nachbarn herüberwachsen und dadurch die Nutzbarkeit des Grundstücks beeinträchtigt wird, diese Wurzeln im Wege der Selbsthilfe vom Nachbarn auch dann beseitigt werden dürfen, wenn dadurch das Absterben des Baumes droht. Dies hat das LG Frankenthal entschieden und damit die Rechtsprechung des BGH zu herüberwachsenden Zweigen auch auf Baumwurzeln angewendet.
Aus der Pressemitteilung des LG Frankenthal vom 17.09.2021 ergibt sich:
Wegen einer unmittelbar an der Grundstückgrenze stehenden Fichte kam es 2019 vor dem Amtsgericht Grünstadt zu einem Nachbarschaftsstreit. Ein Mann aus Grünstadt wollte u. a. die gerichtliche Erlaubnis erhalten, Baumwurzeln beseitigen zu dürfen, die vom Nachbargrundstück auf sein Grundstück herüberwuchsen. Er argumentierte: Seine Nachbarn, ein Ehepaar, müssten das Abschneiden dulden, da die Nutzbarkeit seines Gartens (z.B. beim Rasenmähen) durch die aus der Erde herauswachsenden Wurzeln beeinträchtigt sei. Das Ehepaar wehrte sich gegen die Duldungspflicht, da das Zurückschneiden der Wurzeln ihrer Meinung nach den biologischen Tod der Fichte bedeuten würde.
Das Amtsgericht gab dem Mann in erster Instanz Recht.
Die Berufungskammer des LG Frankenthal hat das Urteil des Amtsgerichts insoweit bestätigt, als die Nachbarn den Rückschnitt der Wurzeln ihres Baumes zu dulden haben.
Die Kammer betonte in der Urteilsbegründung, dass primär die Baumeigentümer dafür Sorge tragen müssen, dass es nicht zu herüberwachsenden Wurzeln komme. Wenn diese ihrer Verpflichtung zum Rückschnitt nicht nachkämen, könne der Nachbar unter Beachtung naturschutzrechtlicher Vorgaben selbst zur Tat schreiten und im Wege der Selbsthilfe die auf seinem Grundstück befindlichen Wurzeln beseitigen. Hierbei sei nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch nicht entscheidend, ob der Baum dadurch absterben könne. Denn das in § 910 BGB geregelte Selbsthilferecht solle eine einfache Hilfe bieten und nicht auf Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit geprüft werden. Die Baumeigentümer müssen nach dem Berufungsurteil jedoch nur die Beseitigung der Wurzeln akzeptieren, die den Nachbarn tatsächlich beeinträchtigen. Dies sei, so die Kammer, jedenfalls dann der Fall, wenn die Wurzeln beim Rasenmähen stören und es zu Beschädigungen am Rasenmäher kommen könne.
Das Urteil ist rechtskräftig, nachdem die Kammer die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen hat.