Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat am 25.09.2018 zum Aktenzeichen 24/17 entschieden, dass sowohl die Absenkung des Wahlalters bei Kommunalwahlen als auch die Verfassungsmäßigkeit des Teilnahmerechts von Minderjährigen verfassungsgemäß sind.
Der VerfGH Weimar hat entschieden, dass die Absenkung des Wahlalters von 18 auf 16 Jahre für Kommunalwahlen nicht gegen die Thüringer Verfassung verstößt.
Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes zieht das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 GG – wonach die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern bestimmten Vorgaben des Grundgesetzes entsprechen muss – einen Rahmen, innerhalb dessen es den Ländern freisteht, Regelungen zum Wahlalter zu treffen. Eine bestimmte Altersgrenze werde damit nicht vorgegeben.
Absenkungen des Mindestwahlalters fänden ihre Begrenzung allerdings in der Funktion der Wahlen als zentrale politische Integrationsvorgänge der Demokratie. Die Kommunikationsfunktion der Wahl setze ein Mindestmaß an Reife und Einsichtsfähigkeit der Wahlberechtigten voraus und erfordere deshalb auch bei Kommunalwahlen die Regelung eines Mindestwahlalters, bei dem in typisierender Weise von einer solchen Reife und Einsichtsfähigkeit ausgegangen werden könne.
Aufgrund des dem Gesetzgeber zukommenden Spielraums beschränke sich die verfassungsgerichtliche Prüfung lediglich darauf, ob die Grenzen dieses Spielraums überschritten seien, erstrecke sich aber nicht darauf, ob er zweckmäßige oder rechtspolitisch erwünschte Lösungen gefunden habe. Bei einer typisierenden Betrachtung habe der Gesetzgeber mit der Absenkung des Wahlalters den ihm zukommenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Das Vorhandensein politischer Einsichtsfähigkeit in kommunale Belange und ein Verständnis für die Bedeutung von Wahlen ließen sich bei 16- und 17-Jährigen nicht offenkundig verneinen.
Außerdem verstoße es nicht gegen den Grundsatz der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl, dass nur bei volljährigen Wahlberechtigten der Verlust des Wahlrechts aufgrund der Anordnung der Betreuung zur Besorgung aller Angelegenheiten eintrete. Der Absenkung des Wahlalters stünden schließlich keine Minderjährigenschutzvorschriften entgegen. Die Rechtsordnung kenne keinen auf allen Gebieten des privaten und des öffentlichen Rechts gleich gestalteten Minderjährigenschutz. Überdies sei nicht ersichtlich, dass die Teilnahme an kommunalen Wahlen das Wohl von 16- und 17-Jährigen gefährden könnte.
Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach, LL.M. vertritt Parteien im Wahlrecht, Fraktionsrecht und Parteienrecht.