Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 27.09.2018 zum Aktenzeichen IX ZB 67/17 entschieden, dass ein Rechtsanwalt ein Telefax am Tag des Fristablaufes so einlegen muss, dass es vor 24 Uhr beim Gericht eingeht – sonst ist die Frist abgelaufen.
Im konkreten Fall nimmt ein ehemaliger Mandant seinen Rechtsanwalt wegen der Haftung aus einem Anwaltsfehler in Anspruch.
Der Rechtsanwalt war damit beauftragt, eine Berufung beim Gericht einzulegen; am Tag des Fristablaufs sandte der Rechtsanwalt die Berufung an das Gericht, dort wurde sie aber erst am Folgetag in der Zeit von 00:001 bis 00.02 Uhr empfangen – und damit zu spät.
Das Berufungsgericht hat sodann den Rechtsanwalt darauf hingewiesen, dass die Berufung als unzulässig verworfen werden könnte, weil das Telefax erst am Folgetag empfangen wurde.
Der Rechtsanwalt hat sodann erst 6 Wochen später Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ebenfalls als verfristet zurückgewiesen, da der Rechtsanwalt auch die 2-wöchige Frist nach § 134 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstreichen ließ.
Dagegen wandte sich der Rechtsanwalt abermals zum Bundesgerichtshof.
Die Bundesrichter führten nun aus, dass ein Rechtsanwalt auch bei Einsatz eines Telefaxgerätes die Rechtzeitigkeit des Eingangs der Berufung zur vollen Überzeugung des Gerichts nachzuweisen hat. Außerdem merkten die Bundesrichter an, dass wenn ein fünfseitiger Schriftsatz kurz vor 23:58 Uhr mithilfe eines Telefaxgerätes an das Gericht übermittelt, der erst nach 24:00 Uhr eingeht, ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten an der Fristwahrung mit der Möglichkeit der Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist nur dann nicht vorliegt, wenn der Rechtsanwalt vorträgt und glaubhaft macht, dass nach seinen Erfahrungswerten bei einer üblichen Übertragungsdauer von einem Eingang vor 24:00 Uhr auszugehen war.
Zuletzt wiesen die Richter den Rechtsanwalt darauf hin, dass die Wiedereinsetzungsfrist beginnt zu laufen, sobald der Rechtsanwalt von dem Gericht fernmündlich oder schriftlich auf die Fristversäumung hingewiesen wurde.
Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass der Rechtsanwalt die Frist der Berufung wegen eines viel zu knappen Telefaxes an das Berufungsgericht versäumte und auch die Wiedereinsetzungsfrist weit versäumte, und die Ironie an der Sache ist, dass der Rechtsanwalt beauftragt war, einen Haftungsschaden aus Falschberatung gegen einen vorherigen Rechtsanwalt für seine Mandanten zu erstreiten. Jetzt hat er selbst einen Haftungsfall am Hals und die Mandanten haben ihr Vertrauen in die Rechtsanwaltschaft vermutlich in Gänze verloren.
Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach, LL.M. vertritt Rechtsanwälte und Mandanten im Rechtsanwaltshaftungsrecht.