Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 13.12.2018 zum Aktenzeichen IX ZR 216/17 entschieden, dass ein zum Pflichtverteidiger bestellter Anwalt vor Abschluss einer Vergu?tungsvereinbarung dem Beschuldigten einen eindeutigen Hinweis erteilen muss, dass er auch ohne den Abschluss der Honorarvereinbarung zu weiterer Verteidigung verpflichtet ist.
Der Kläger begehrt die Rückzahlung von Anwaltshonorar. Er beauftragte im Oktober 2012 den Rechtsvorgänger der Beklagten (fortan: der Beklagte) mit der Wahrnehmung seiner Interessen. Dieser wurde sodann für den Kläger in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren und in einem gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahren tätig. Im anschließenden Strafverfahren wurde der Beklagte am 27. Juni 2013 als Pflichtverteidiger bestellt. Am 4. Juli 2013 schlossen die Parteien eine Honorarvereinbarung, in der vereinbart wurde, dass der Kläger dem Beklagten bezogen „auf die Tätigkeit des Verteidigers im gesamten Ermittlungsverfahren sowie der kompletten ersten Instanz“ ein Gesamthonorar von 12.500 € zahle. In Ziffer II dieser Vereinbarung war der Hinweis enthalten, dass die Staatskasse im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten müsse und dass die Honorarvereinbarung deutlich höher sei. Einen Hinweis darauf, dass der Beklagte als bestellter Pflichtverteidiger den Kläger auch ohne den Abschluss der Honorarvereinbarung weiter zu verteidigen habe, enthielt die Vereinbarung nicht; dies war dem Kläger auch nicht bekannt. Gestützt hierauf begehrt der Kläger die Rückzahlung der vom Beklagten in Rechnung gestellten und an diesen gezahlten Honorare, soweit sie die nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG) geschuldeten Gebühren übersteigen.
Die Richter stellten fest, dass der gerichtlich zum Verteidiger bestellte Rechtsanwalt nicht gehindert ist, eine Honorarvereinbarung zu treffen. § 3a Abs. 3 RVG, demzufolge Vereinbarungen mit im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwälten nichtig sind, steht schon nach seinem Wortlaut nicht entgegen. Im Unterschied zur Prozesskostenhilfe ist die Beiordnung eines Pflichtverteidigers nicht von den finanziellen Verhältnissen des Beschuldigten abhängig (vgl. § 140 StPO). Sie soll zwar auch dem mittellosen Beschuldigten die Verteidigung durch einen Strafverteidiger ermöglichen, der eigentliche Sinn und Zweck des Instituts der Pflichtverteidigung beruht jedoch auf dem Interesse eines Rechtsstaats an einem ordnungsmäßigen Verfahren und der dazugehörenden wirksamen Verteidigung.
Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach, LL.M. vertritt Rechtsanwälte und Mandanten im Gebührenrecht und Berufsrecht der Rechtsanwälte.