Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 13.08.2021 zum Aktenzeichen 33 O 16380/18 einer Klage der Klägerin zu 2) stattgegeben, mit welcher der Beklagte auf Unterlassung wegen unzulässiger Glücksspielwerbung in Anspruch genommen wurde. Die Klage der Klägerin zu 1) hat die Kammer abgewiesen.
Aus der Pressemitteilung des LG München I Nr. 22/2021 vom 13.08.2021 ergibt sich:
Die Klägerin zu 1) ist eine in Gibraltar ansässige Limited, die sogenannte Zweitlotterien anbietet. Zweitlotterien lehnen sich an herkömmliche Lotterien staatlicher Glückspielanbieter (Primärlotterien) an und bieten Wetten auf den Ausgang von Ziehungen dieser Primärlotterien an. Das Angebot der Klägerin zu 1) richtete sich bis zum Brexit auch an Spieler in Deutschland. Die Klägerin zu 2) ist eine in Malta ansässige Limited, die über eine Vertriebsgesellschaft auf einer auch an deutsche Spieler gerichteten Webseite Zweitlotterien betreibt. Der Beklagte organisiert, und veranstaltet über die Staatliche Lotterieverwaltung das staatliche Glücksspiel „LOTTOBayern“ auf seinem Staatsgebiet, das er auch so bewirbt. So stellte der Beklagte auf seinem YouTube-Kanal unter der Überschrift „LOTTO warnt: Schwarzlotterien trocknen das Gemeinwohl aus“ ein Video zur Verfügung, in dem die Verwendung von Lottogeldern auch für die Sportförderung thematisiert wird. Weiter fand sich auf dem YouTube-Kanal des Beklagten ein Videoclip mit dem Titel „Geiles Leben“ in einer Kurzfassung sowie ein Link zum nicht vom Beklagten betriebenen YouTube-Kanal „EUROJACKPOT- eurojackpot results“, auf dem sich die Langversion des Videos „Geiles Leben“ fand. Beide Videoclips sind akustisch mit dem umgetexteten Song „Geiles Leben“ von der Band Glasperlenspiel unterlegt. Außerdem stellte der Beklagte auf seiner Facebook-Seite ein sogenanntes Glückszahlenhoroskop zur Verfügung, in dem er die Teilnahme am Glücksspiel „Lotto 6 aus 49“ mit vorausgefüllten „Glückszahlen“ bewarb.
Die Klägerinnen sind der Auffassung, die angegriffenen Werbemaßnahmen des Beklagten seien rechtswidrig. Die beanstandeten Videoclips seien keine sachliche Information, denn es handele sich nicht um eine schlichte Mitteilung der Gewinnchancen, sondern um eine aktive Anregung zur Spielteilnahme. Die Gewinne würden verführerisch herausgestellt, wodurch der Beklagte gegen die Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages verstoße. Mit dem angegriffenen Glückshoroskop werde eine Erhöhung der Gewinnchancen suggeriert, wodurch der Beklagte gegen das Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen verstoße.
Der Beklagte tritt dem entgegen. Er meint, alle angegriffenen Werbungen bewegten sich im Rahmen der ihm erteilten behördlichen Rahmenerlaubnis. Mit Blick auf den Kanalisierungsauftrag aus dem Glücksspielstaatsvertrag sei zu berücksichtigen, dass staatliche Lotteriegesellschaften in gewissem Umfang attraktiv werben müssten, um angesichts des Werbedrucks der illegalen Anbieter überhaupt noch erkennbar zu sein und ihren Auftrag zur Hinführung auf das legale Glücksspielangebot erfüllen zu können.
Nach Auffassung der erkennenden Kammer war die Klage der Klägerin zu 1) abzuweisen, weil diese nicht mehr auf dem deutschen Markt tätig und daher nicht mehr anspruchsberechtigt ist. Die Klage der Klägerin zu 2) hatte hingegen in vollem Umfang Erfolg. Nach Ansicht der Kammer verstoßen die beanstandeten Werbevideos des Beklagten sämtlich gegen § 5 Abs. 1 des Glücksspielstaatsvertrages, weil sie nicht maßvoll und eng auf das begrenzt bleiben, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den staatlich kontrollierten Spielnetzwerken zu lenken. Vielmehr zielen die Werbevideos darauf ab, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher zu fördern und sie zu aktiver Teilnahme am Glücksspiel anzuregen, indem Glücksspiel wegen der Verwendung der Einnahmen für im Allgemeininteresse liegende Aktivitäten ein positives Image verliehen wird oder indem intensiv Emotionen des Betrachters angesprochen werden und diesem suggeriert wird, dass er, wenn er an der Lotterie teilnimmt, die Möglichkeit hat, ein glückliches und „geiles Leben“ zu führen. Mit dem „Glückszahlenhoroskop“, in dem Glückszahlen für ein Sternzeichen vorgegeben und auch im Lottoschein voreingetragen werden können, wird dem Verbraucher in lauterkeitsrechtlich unzulässiger Weise eine Erhöhung der Gewinnchancen suggeriert.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.