Das Sozialgericht Stuttgart hat am 30.06.2021 zum Aktenzeichen S 20 AY 2011/21 ER entschieden, dass im Kirchenasyl aus Spendengeldern notfallmäßig erbrachte Leistungen nicht zu einer anderweitigen Bedarfsdeckung im Sinne von § 8 AsylbLG führen. Denn eine Hilfegewährung Dritter im Vorgriff auf eine zu erwartende Leistung des Sozialhilfeträgers lässt die Hilfebedürftigkeit nicht entfallen.
Aus der Pressemitteilung des SG Stuttgart vom 02.08.2021 ergibt sich:
Der 1992 geborene Antragsteller ist iranischer Staatsangehöriger und reiste im September 2020 erstmals in die Bundesrepublik Deutschland ein. Seit November 2020 erhielt der Antragsteller von dem Antragsgegner zunächst Leistungen gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AsylbLG. Im April 2021 teilte die Evangelische Kirchengemeinde Hochdorf dem Antragsgegner mit, dass der Antragsteller am 23.04.2021 ins Kirchenasyl aufgenommen worden sei. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid stellte der Antragsgegner daraufhin die Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG ein. Durch die Beantragung von Kirchenasyl werde der notwendige persönliche Bedarf durch andere gedeckt.
Das Gericht gab dem hiergegen gerichteten Eilantrag statt und ordnete die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers an. Der streitgegenständliche Anspruch sei nicht schon dem Grunde nach gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG ausgeschlossen. Aufgrund der Gewährung von Kirchenasyl bestehe für die Kirchen keine rechtliche Verpflichtung zur Deckung des Lebensunterhaltes der Hilfesuchenden (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 11. November 2016 – L 8 AY 28/16 B ER –, Rn. 32, juris), so auch im Falle des dem Antragsteller durch die Kirchengemeinde Hochdorf gewährten Kirchenasyls. Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) empfehle, im Gemeindekirchenrat Fragen der Finanzierung zu besprechen und zu prüfen, wie viel Geld von der Gemeinde zur Verfügung gestellt werden könne, auch durch Spenden (vgl. Kirchenasyl, Handreichung für die EKM, Seite X, 2.2.). Eine Verpflichtung zur Leistungserbringung könne daraus indessen nicht abgeleitet werden. Die Kirchengemeinde gewähre dem Antragsteller ausweislich der vorgelegten Stellungnahme nur Leistungen für Unterkunft und Heizung. Andere Leistungen würden nur im Rahmen der Nothilfe gewährt, solange Sozialleistungen nicht gewährt würden. Diese notfallmäßig erbrachten Leistungen führten nicht zu einer anderweitigen Bedarfsdeckung im Sinne von § 8 AsylbLG. Denn eine Hilfegewährung Dritter im Vorgriff auf eine zu erwartende Leistung des Sozialhilfeträgers lasse die Hilfebedürftigkeit nicht entfallen. Dies würde der Garantie effektiven Rechtsschutzes widersprechen.
Der Beschluss ist nicht rechtskräftig.