Das Landgericht Koblenz hat sich am 20.07.2021 zum Aktenzeichen 1 HK O 29/21 mit der Frage befasst, ob ein Mediziner mit einem Facharzt für unter anderem Akupunktur, Hypnose, Sexual- und Raumfahrtmedizin werben darf, obwohl es hierfür tatsächlich keine Facharztbezeichnung gibt.
Aus der Pressemitteilung des LG Koblenz vom 02.08.2021 ergibt sich:
Sachverhalt:
Im Februar 2021 versandte der beklagte Mediziner per E-Mail ein Informationsschreiben zur Beratung über Telefon und Video zu Raumfahrt- und Regulationsmedizin. Hierbei bewarb er diesbezügliche Ferndiagnostik und -therapie. Er bezeichnete sich zudem neben anderen Facharztrichtungen auch als Facharzt für „Akupunktur“, „Sexualmedizin“ und „Raumfahrttechnik“. Der klagende Verband forderte den Mediziner erfolglos zur Unterlassung dieser Werbung auf.
Die Entscheidung:
Die Kammer hielt diese E-Mail für eine unlautere, weil irreführende, geschäftliche Handlung im Sinne der §§ 3 Abs. 1, 3a, 5 Abs. 1 UWG. Sie stufte den Inhalt des Informationsschreibens als unlautere Werbung ein, da der Mediziner zum einen in unzulässiger Weise entgegen § 9 HWG eine Fernbe-handlung bewarb und sich zum anderen als Facharzt für Fachgebiete bezeichnete, die keine anerkannten Facharztbezeichnungen darstellen. Werbung für eine sogenannte Fernbehandlung, die nicht auf eigenen Wahrnehmungen an dem zu behandelnden Menschen beruht, ist gemäß § 9 HWG unzulässig, es sei denn nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ist ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich. Eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikations-medien ist nach § 7 Abs. 3 BOÄ-RLP im Einzelfall erlaubt, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Befunderhebung, der Beratung, der Behandlung sowie der Dokumentation gewahrt wird und die Patientin oder der Patient auch über die Besonderheiten der ausschließlichen Beratung und Behandlung über Kommunikations-medien aufgeklärt wird. Die fehlende Erforderlichkeit des persönlichen ärztlichen Kontakts hatte der beklagte Mediziner dem Gericht aber nicht dargelegt.
Zudem war die Bezeichnung u.a. als Facharzt für „Akupunktur“, „Hypnose“, „Sexualmedizin“ und „Raumfahrtmedizin“ irreführend. Eine Facharztbezeichnung setzt den erfolgreichen Abschluss einer Weiterbildung in einer zugelassenen Weiterbildungsstätte sowie Anerkennung durch die jeweils zuständige Bezirksärztekammer voraus. Ansonsten darf eine Facharztbezeichnung nicht geführt werden. Die Gebiete, für die es eine anerkennungsfähige Facharztbezeichnung gibt, sind in der Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Rheinland-Pfalz näher bezeichnet. Weder „Akupunktur“ noch „Hypnose“ noch „Sexualmedizin“ und auch nicht die „Raumfahrtmedizin“ gehören zu diesen Gebieten. Es ist unzulässig mit einer Fachärztebezeichnung zu werben, die es nicht gibt. Denn diese Werbung kann dazu führen, dass ein Verbraucher nur deshalb diesen Arzt wählt, weil er von ihm wegen besonderer Fachkunde in den genannten Fachgebieten die bestmögliche Behandlung erwartet, während er einen anderen Arzt ausgewählt hätte, wenn er gewusst hätte, dass es diese Facharztbezeichnung nicht gibt.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.