Das Bundessozialgericht hatte am 21.07.2021 zum Aktenzeichen B 14 AS 31/20 R zu entschieden, ob einem Leistungsbezieher höhere Leistungen für die Unterkunft und Heizung zustehen.
Im Streit sind höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für Januar bis Mai 2014. Die Kläger bewohnen eine etwa 78 qm große Wohnung in Erfurt und beziehen jedenfalls seit Mitte 2010 Alg II. Im Haushalt der Kläger lebte ab Oktober 2008 ein wesentlich behindertes Kind, für das die Klägerin ab Oktober 2010 die Erlaubnis zur Aufnahme als Pflegekind erhielt. Diese wurde im Juni 2012 widerrufen; seitdem lebt das Kind in einer stationären Einrichtung. Ab Juli 2013 hielt es sich im Rahmen des Umgangsrechts, das aus der sozial-familiären Beziehung folgt (§ 1685 Abs 2 Bürgerliches Gesetzbuch), in Absprache mit dem Jugendamt regelmäßig an den Wochenenden bei den Klägern auf.
Im August 2012 hörte das beklagte Jobcenter zur Unangemessenheit der tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft auf der Grundlage seiner zu diesem Zeitpunkt geltenden Richtlinie und die beabsichtigte Absenkung der zu berücksichtigenden Aufwendungen ab März 2013 an. Ab diesem Monat wurden als Bedarf nur noch die abgesenkten Aufwendungen anerkannt und im weiteren Verlauf während des Gerichtsverfahrens höhere Werte nach dem Wohngeldgesetz zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10% für einen Zwei-Personen-Haushalt zugrunde gelegt, wenn auch nicht die tatsächlichen Kosten.
Die Klagen, gerichtet auf höhere Leistungen für die Unterkunft und Heizung ua wegen des zur Ausübung des Umgangsrechts erhöhten Wohnraumbedarfs, sind beim SG – über das dort abgegebene Teilanerkenntnis für die Monate Januar bis März 2014 hinaus – ohne Erfolg geblieben; das LSG hat den Beklagten – nach einem weiteren Teilanerkenntnis für April und Mai 2014 – unter Zurückweisung der Berufungen im Übrigen zu höheren Leistungen verurteilt. Ausgehend von abstrakt angemessenen 60 qm für die nur aus den Klägern bestehende Bedarfsgemeinschaft seien wegen des mit dem Kind ausgeübten Umgangsrechts konkret angemessen höhere Aufwendungen für einen Drei-Personen-Haushalt, wenn auch nicht die diesen Betrag übersteigenden tatsächlichen Kosten. Die Kostensenkungsaufforderung sei zwar objektiv unrichtig aber wirksam gewesen. Der Beklagte habe vom Umgangsrecht ab Juli 2013 erst im Klageverfahren vor dem LSG Kenntnis erlangt.
Mit ihren vom LSG zugelassenen Revisionen rügen die Kläger eine Verletzung des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II. Die Kostensenkungsaufforderung sei objektiv unrichtig und daher nicht wirksam gewesen.
Auf die Revisionen der Kläger ist das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache wegen fehlender Feststellungen des LSG dazu, ob die Kläger wegen der in der Kostensenkungsaufforderung angegebenen Angemessenheitswerte in ihrer Suche nach angemessenem Wohnraum in wesentlichem Umfang beschränkt waren, zurückverwiesen worden.
Zutreffend ist das LSG zunächst davon ausgegangen, dass die für die Wohnung in Erfurt anfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung grundsätzlich allein den Klägern zuzuordnen sind. Die Ausübung des Umgangsrechts mit dem früheren Pflegekind ab Juli 2013 führt nicht zu seiner über das Kopfteilprinzip beachtlichen Mitnutzung der Wohnung. Die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für minderjährige Kinder als Mitglieder einer temporären Bedarfsgemeinschaft geltenden Grundsätze, wonach ein eigener Wohnraumbedarf des Kindes nur bezogen auf dessen Lebensmittelpunkt anzuerkennen ist, der bei einem zeitweisen Aufenthalt des Kindes gerade nicht im Wohnraum des umgangsberechtigten Elternteils liegt, ist auf andere Umgangsrechte – wie hier das Umgangsrecht aus sozial-familiären Beziehungen nach § 1685 Abs 2 BGB – zu übertragen.
Zur Bestimmung der abstrakten Angemessenheitsgrenze für die Unterkunft hat das LSG mangels eines schlüssigen Konzepts auf die Werte nach dem Wohngeldgesetz plus einem Zuschlag von 10% für einen Zwei-Personen-Haushalt im Stadtgebiet von Erfurt zurückgegriffen. Es ist auch im Übrigen rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass bei der in einem zweiten Schritt vorzunehmenden Prüfung der konkreten Angemessenheit der Aufwendungen angesichts des ausgeübten Umgangsrechts auch außerhalb eines Eltern-Kind-Verhältnisses und eines nach den bindenden Feststellungen des LSG deshalb erhöhten Wohnraumbedarfs die Werte aus § 12 Wohngeldgesetz für einen Drei-Personen-Haushalt heranzuziehen sind.
Nicht abschließend entschieden werden konnte allerdings, ob es den Klägern angesichts ihrer auch die konkrete Angemessenheitsgrenze übersteigenden tatsächlichen Aufwendungen oblegen hatte, die Kosten zu senken. Anders als die Kläger meinen, lässt die objektiv fehlerhafte Wiedergabe der angemessenen Aufwendungen die Wirksamkeit der Kostensenkungsaufforderung unberührt. Allerdings hat das LSG ungeprüft gelassen, ob die Kläger durch die objektive Falschangabe der angemessenen Aufwendungen in der Kostensenkungsaufforderung in ihrer Suche nach angemessenem Wohnraum in wesentlichem Umfang beschränkt worden sind.