Das Finanzgericht Münster hat am 07.06.2021 zum Aktenzeichen 8 K 364/21 GrE entschieden, dass die Zusammenlegung mehrerer katholischer Kirchengemeinden, die Anteile einer grundbesitzenden GmbH halten, zu einer Anteilsvereinigung führt, die Grunderwerbsteuer auslöst.
Aus dem Newsletter des FG Münster vom 15.07.2021 ergibt sich:
Die Klägerin ist eine katholische Kirchengemeinde, die im Jahr 2007 aus der Zusammenlegung mehrerer anderer Kirchengemeinden mittels geschäftlicher Urkunde entstanden ist. Zwei dieser Gemeinden waren die einzigen Gesellschafter einer GmbH, die Grundbesitz hielt. Das Finanzamt erließ einen Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für Zwecke der Grunderwerbsteuer, weil es von einer Anteilsvereinigung im Sinne von § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 GrEStG ausging. Hiergegen wandte die Klägerin ein, dass die Zusammenlegung von Kirchengemeinden als grundrechtlich geschützter Bereich des Selbstbestimmungsrechts von Religionsgemeinschaften kein grunderwerbsteuerbares Rechtsgeschäft darstellen könne. Hilfsweise sei der Vorgang steuerfrei.
Mit Urteil vom 7. Juni 2017 (Az. 8 K 3992/14 GrE) wies der 8. Senat des Finanzgericht Münster die Klage ab. Dieses Urteil sowie den angefochtenen Feststellungsbescheid hob der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 4. März 2020 (Az. II R 35/17) auf, weil das Finanzamt die Feststellung auf einen falschen Stichtag durchgeführt habe.
Die gegen die auf den richtigen Stichtag durchgeführte Feststellung erhobene Klage hat der Senat wiederum abgewiesen. Die Zusammenlegung der Kirchengemeinden führe zu einer Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG, da hierdurch mindestens 95 % der GmbH-Anteile in der Hand einer Gesellschafterin vereinigt würden. Dass der Vorgang auf einem bischöflichen Dekret beruhe, sei unerheblich, da es sich um einen zivilrechtlich wirksamen Rechtsübergang handele. Eine einschränkende Auslegung der Norm sei verfassungsrechtlich nicht geboten, da die Grunderwerbsteuer als Rechtsverkehrsteuer unabhängig von Aspekten der Gemeinnützigkeit und der Gemeinwohlorientierung allein an einen Rechtsträgerwechsel anknüpfe. Auch kirchliche Rechtsträger, die staatlich anerkannt werden, unterlägen den staatlichen Regeln.
Der Vorgang sei auch nicht steuerfrei. Zunächst liege keine freigebige Zuwendung im Sinne von § 3 Nr. 2 GrEStG vor. Die aufgelösten Kirchengemeinden hätten der Klägerin nichts zugewandt; vielmehr sei ihr Vermögen nach kanonischem Recht auf die Klägerin übergegangen. Auch die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 1 GrEStG für Grundstücksübertragungen zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts aus Anlass des Übergangs öffentlich-rechtlicher Aufgaben sei nicht einschlägig, denn § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG fingiere einen Grundstücksübergang auf die Klägerin von der GmbH und damit von einer zivilrechtlichen Körperschaft. Die Befreiungsvorschriften §§ 4 Nr. 4 und 6a GrEStG seien zum maßgeblichen Stichtag noch nicht anwendbar gewesen.
Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.