Das Amtsgericht München hat am 17.03.2021 zum Aktenzeichen 53 C 17734/20 entschieden, ob ein Pkw-Halter überhöhte Abschleppkosten für seine beiden zu Unrecht auf einem Privatgrundstück abgestellten Pkws an das Abschleppunternehmen zahlen muss.
Aus der Pressemitteilung des AG München Nr. 23/2021 vom 18.06.2021 ergibt sich:
Der Beklagte hatte am 21.02.2020 in München-Hasenbergl seine beiden PKWs in der Ladezone eines benachbarten Discounters geparkt. Der Filialleiter beauftragte daraufhin die Klägerin mit der Abschleppung der beiden Fahrzeuge und trat ihr die Ersatzansprüche gegen die jeweiligen Falschparker ab. Der Mitarbeiter der Klägerin startete die Anfahrt von derem Betriebshof um 21:01 Uhr und war um 21:28 Uhr vor Ort. Er positionierte das Abschleppfahrzeug, fertigte Fotos zur Beweissicherung, verlud das erste Fahrzeug und setzte es in eine wenige Fahrminuten entfernte Straße um. Dieser Einsatz war um 21:36 Uhr beendet. Das Abschleppfahrzeug kam um 21:54 Uhr wieder auf dem Betriebshof an. Um 21:32 Uhr fuhr ein weiteres Fahrzeug der Klägerin vom Betriebshof los und traf um 21:56 Uhr vor Ort ein. Auch dieser Mitarbeiter setzte nach identischen Vorbereitungen das zweite Fahrzeug bis 22:07 Uhr um. Dieses Abschleppfahrzeug kehrte um 22:28 Uhr auf den Betriebshof zurück.
Die Klägerin berechnete dem Beklagten für die Maßnahmen jeweils 330 Euro, davon 201,68 Euro für je eine Stunde Kranplateauschlepper mit Bergefachkraft. Der Beklagte hinterlegte zur Abwendung des Zurückbehaltungsrechts der Klägerin die Abschleppkosten von jeweils 330 Euro bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts München und verweigerte nachfolgend die Freigabe der Auszahlung an die Klägerin.
Die Klägerin meint, der Einsatz eines zweiten Abschleppwagens sei notwendig gewesen, da die Einsatzdauer verschiedener Einsätze stark variieren könne. Dass die Fahrzeuge zufällig demselben Halter gehörten, habe die Klägerin nicht wissen können. Bei ansonsten regelmäßig unterschiedlichen Eigentümern sei es ungerecht, wenn der Einsatz für das erste Fahrzeug voll mit einer Stunde berechnet würde, der Einsatz für das zweite Fahrzeug nur noch mit einer halben Stunde.
Das AG München hat der Klage des Abschleppunternehmens gegen den Autohalter auf Zustimmung zur Auszahlung des bei der Hinterlegungsstelle eingezahlten Betrages nur in Höhe von zweimal 207,50 Euro stattgegeben und die Klage im übrigen abgewiesen.
Der zuständige Richter am Amtsgericht München begründet sein Urteil u.a. so:
„Der Klägerin stand gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung der Abschleppkosten gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 858 Abs. 1 BGB dem Grunde nach zu, da die Fahrzeuge des Beklagten am 21.02.2020 zu Unrecht auf dem Privatgrundstück in München abgestellt wurden.
Die konkreten durch die Klägerin in Rechnung gestellten Beträge verstoßen vorliegend aber sowohl gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit als auch die Schadensminderungspflicht des Geschädigten und stellen zudem hinsichtlich des Anspruchs aus Geschäftsführung ohne Auftrag nicht die ersatzfähigen Aufwendungen, die der Geschäftsführer den Umständen nach für erforderlich halten darf. Es kann dabei dahinstehen, ob die überhöhten Rechnungen auf Organisationsmängel der Klägerin, ein betriebswirtschaftlich unsinniges oder – worauf die Umstände und der klägerische Schriftsatz schließen lassen könnten – auf ein durch Erbringung nicht erforderlicher Mehraufwendungen bewusst umsatzsteigerndes Vorgehen der Klägerin zurückzuführen ist. Soweit die Klägerin vortragen lässt, dass sie vorab aufgrund stark variierende Einsatzdauer nicht wissen konnte, dass der Einsatz mit nur einem Abschleppwagen hätte schneller (und damit kostengünstiger) bewältigt werden können, ist entgegenzuhalten, dass dies jedenfalls zum Zeitpunkt der Abfahrt des zweiten Abschleppwagens auf dem Betriebshof durch einen einfachen Anruf bei dem zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als 30 Minuten im Einsatz befindlichen ersten Abschleppwagen, der die Abschleppung des ersten Fahrzeugs zu dem Zeitpunkt bereits beinahe abgeschlossen hatte, leicht in Erfahrung gebracht hätte werden können. Auch das Argument, dass es sich um zwei Abschleppmaßnahmen gehandelt habe, die nur zufällig denselben Beklagten betrafen und die Klägerin dies vorab nicht wissen konnte, überzeugt nicht. Denn so oder so ist die Klägerin selbstverständlich nicht berechtigt, gegenüber ihrer Auftraggeberin unsinnige Kosten zu produzieren, in dem sie für jedes Fahrzeug einen eigenen Abschleppwagen anfahren lässt, wenn dies nicht aus zeitlichen Gründen, etwa zur Vermeidung eines sonst eintretenden Schadens oder aufgrund unterschiedlicher Anforderungen der abzuschleppen Fahrzeuge notwendig ist. Die Umlage der tatsächlich erforderlichen Kosten auf die jeweiligen Störer kann problemlos und ohne weiteres nach den jeweiligen Zeitanteilen, die die Abschleppmaßnahmen in Anspruch nehmen, aufgeteilt werden, bei Abschleppmaßnahmen ohne ungewöhnliche großen fahrzeug- oder parksituationsbedingten Zeitmehraufwand kann dies ohne weiteres auch pauschaliert durch entsprechende Quotelung erfolgen.“
Das Urteil ist rechtskräftig